So bedroht Dürre Kinder: Antworten auf die wichtigsten Fragen
Weltweit kommt es immer wieder zu Dürre-Katastrophen. Kinder leiden ganz besonders unter dem Wetterextrem. Wie kommt es zu Dürre? Welche Folgen hat sie für Kinder? Und wie kann man Kinder wirksam schützen?
Mit einem Trinkbecher schöpfen die beiden Kinder Wasser aus einem Graben nahe einer notdürftigen Latrine, wie das Bild unten aus der Provinz Lusaka in Sambia zeigt. Die verschmutzte Pfütze ist die einzige Wasserquelle für die Familien, die in der informellen Siedlung leben. Mehr als neun Millionen Menschen in Sambia werden von einer schweren Dürre getroffen. Geringe Niederschläge und heiße Temperaturen infolge des Klimaphänomens El Niño haben dazu geführt, dass Ernten zerstört wurden und Wasserstellen ausgetrocknet sind. Die Folge: Trinkwasser ist dramatisch knapp, viele Menschen leiden Hunger, und Krankheiten wie Cholera breiten sich aus. Im Februar 2024 hat die Regierung aufgrund der Dürre den Notstand ausgerufen.
In unserem Blog beantworten wir die wichtigsten Fragen zu Dürre, welche Folgen sie für Kinder und ihre Familien hat und wie Sie helfen können:
Was ist Dürre?
Dürre beschreibt einen Zustand extremer Trockenheit, weil es länger unterdurchschnittlich wenig oder gar nicht regnet. Wasservorräte sind aufgebraucht, Flüsse und Seen trocknen aus und Pflanzen können nicht mehr wachsen. Das Wetterereignis hat gravierende Folgen für Menschen, Tiere und Umwelt.
Dürren passieren nicht plötzlich, wie Wirbelstürme oder Erdbeben, sondern werden schleichend zur Katastrophe. Das Ausmaß, also die Länge und Häufigkeit von Dürreperioden, kann in verschiedenen Gebieten stark variieren. Sie können sich über Wochen, Monate oder sogar Jahre hinziehen.
Dürre kann erheblich dazu beitragen, dass Familien unter extremem Wassermangel leiden, besonders dort, wo der Zugang zu Trinkwasser für Menschen, Tiere und Pflanzen ohnehin nicht ausreichend ist. Jedes dritte Kind weltweit lebt in Gebieten mit sehr hoher Wasserknappheit. Dabei ist der Zugang zu ausreichend Wasser lebenswichtig.
Was sind die Ursachen für Dürre auf der Welt?
Dürreperioden sind grundsätzlich ein natürliches Wetterphänomen. Fehlende oder nur geringe Niederschläge, hohe Temperaturen und verringerte Bodenfeuchtigkeit sind entscheidende Faktoren für Dürre. Durch Hitze verdampft Waser und der Boden trocknet aus. So gelangt weniger Wasser in umliegende Gewässer. Die Folge sind ausgetrocknete Seen und Flussbetten.
Umweltzerstörung durch den Menschen verstärkt die Dürre und ihre Auswirkungen. Durch Abholzung von Bäumen verschwinden Wälder und es fehlen Pflanzen, die Wasser in die Atmosphäre geben und so zu Niederschlägen beitragen. Durch intensive Landwirtschaft sind Ackerböden immer weniger in der Lage Wasser aufzunehmen und trocknen noch schneller aus.
Dürre und Hitzewellen infolge des Klimawandels
Der menschgemachte Klimawandel und Klimaphänomene wie El Niño tragen dazu bei, dass Extremwetter wie Dürren oder Hitzewellen häufiger und intensiver auftreten. Oft bleibt Menschen und der Vegetation wenig oder gar keine Zeit, sich von den einzelnen Dürreperioden zu erholen. In den letzten 40 Jahren wurden mehr Menschen durch Dürren getroffen als von irgendeiner anderen Naturkatastrophe.
Die globale Erwärmung wirkt sich auf Niederschläge aus und die Verteilung über die Jahreszeiten hinweg verändert sich: So regnet es in manchen Gebieten viel mehr, andere bleiben über Wochen und Monate trocken. Klimabedingte Hitzewellen sorgen zudem dafür, dass der Bedarf an Wasser steigt. Somit verschärft sich der Wassermangel.
- 700 Mio.Menschen weltweit
sind in Gefahr, bis 2030 wegen Dürre vertrieben zu werden.
- 739 Mio.Kinder weltweit
leben in Regionen mit sehr hoher Wasserknappheit.
- 160 Mio.Kinder weltweit
leben in Regionen, die von schwerer Dürre getroffen werden.
Was hat Dürre mit Überschwemmungen zu tun?
Dürre und Überschwemmungen klingen erst einmal gegensätzlich. Aber Dürren können tatsächlich zu Sturzfluten beitragen. Regnet es in Gebieten, in denen es lange sehr trocken gewesen ist, ist die Erleichterung erstmal groß. Jedoch ist der Boden nicht in der Lage, das ganze Wasser aufzunehmen. Die Folge: Starker Regen führt zur Überflutung von Trockengebieten.
Das ist sehr gefährlich: Diese sogenannten Sturzfluten können Häuser mitreißen und Straßen wegspülen. In Somalia kam es letztes Jahr zu schweren Überschwemmungen, nachdem es in den drei Jahren davor kaum geregnet hatte. Zwar konnten vertrocknete Wasserstellen erstmal wieder aufgefüllt werden, aber die Zerstörung war enorm. Rund eine halbe Million Menschen musste ihr Zuhause verlassen.
Welche Auswirkungen hat Dürre auf Kinder?
Die Auswirkungen von Dürre auf das Leben von Familien sind komplex. Fest steht: Kinder leiden am meisten unter der extremen Trockenheit. Im Vergleich zu Erwachsenen sind sie weniger in der Lage, Extremwetter zu überleben. Die ärmsten Kinder in Krisen- und Entwicklungsländern sind Dürren und ihren Folgen besonders schutzlos ausgeliefert.
So werden die ärmsten Kinder vor allem durch die Dürre getroffen:
Dürre und Wassermangel führen zur Ausbreitung von Krankheiten
Wenn infolge der Dürre Wassermangel herrscht, steigt die Gefahr, dass sich gefährliche Infektionskrankheiten wie Cholera ausbreiten. Weil sicheres Wasser knapp ist, greifen viele Familien aus Verzweiflung auf unsichere Wasserquellen zurück oder verzichten aufs Händewaschen, um Wasser zu sparen. Die Kinder sind so in Gefahr, sich mit Cholera und anderen über das Wasser übertragbaren Krankheiten anzustecken.
Gleichzeitig droht, dass Krankenstationen aufgrund von Wasserknappheit schließen müssen. Doch ohne medizinische Versorgung werden Krankheiten für Kinder schnell lebensgefährlich. Noch immer gehören der Mangel an sauberem Wasser und Hygiene zu den häufigsten Todesursachen bei Kindern unter fünf Jahren.
Dürren können zudem die Gefahr durch Sandstürme und Waldbrände verstärken. Die erhöhte Luftverschmutzung kann zu Reizungen und Erkrankungen von Bronchien und Lunge führen.
Andauernde Dürre führt zu Armut und Hunger
Die extreme Trockenheit führt dazu, dass Ernten vertrocknen oder Pflanzen gar nicht mehr wachsen und Nutzvieh verendet. Für viele Familien in ländlichen Gebieten bedeutet das den Verlust ihrer Lebensgrundlage. Die Landwirtschaft trägt 80 Prozent der Schäden durch Dürre. Wenn Lebensmittel Mangelware sind, steigen die Preise. Die ärmsten Familien können sie sich dann nicht mehr leisten. Viele wissen nicht, wie sie ihre Kinder ernähren sollen und lassen Mahlzeiten aus.
Die Knappheit von Lebensmitteln und Trinkwasser kann dazu führen, dass Kinder völlig ausgezehrt sind. Wenn Kinder an schwerer Mangelernährung leiden, ist ihr Gewicht zu gering für ihre Größe und ihr Alter. Ihre gesunde Entwicklung ist in Gefahr, im schlimmsten Fall sterben die Kinder. Krankheiten haben die ausgezehrten Körper der Kinder nichts entgegenzusetzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein mangelernährtes Kind an einer Infektionskrankheit stirbt, ist elfmal höher als bei einem gesunden Kind.
Die Dürre trägt im schlimmsten Fall zu einer Hungerkrise bei: 2022 drohte etwa in Somalia eine Hungersnot. Die Auswirkungen der Dürre, die schlechte wirtschaftliche Lage infolge der Corona-Pandemie sowie anhaltende Konflikte im Land haben sich zu einem sogenannten „perfect storm“ zusammengebraut. Schätzungsweise 43.000 Menschen im Land sind 2022 infolge der Dürre gestorben.
Dürre zwingt Kinder und Familien zu fliehen
Manche Orte werden durch extremes Wetter wie Dürre unbewohnbar. Wenn kein Tropfen sauberes Wasser zur Verfügung steht, auf dem vertrockneten Boden nichts wächst und das Vieh stirbt, verlassen viele Familien ihre Heimat. 700 Millionen Menschen weltweit sind in Gefahr, bis 2030 wegen Dürre vertrieben zu werden. Wenn viele Menschen aus Dürregebieten in andere Gemeinden abwandern, kann das politische Spannungen und Konflikte verstärken, weil der Wettbewerb um Ressourcen zunimmt. Ein Überlebenskampf.
Für Kinder bedeutet die Flucht vor der Dürre alles zurückzulassen – ihr vertrautes Umfeld, Freund*innen, ihre Schule. Familien, die in Flüchtlingscamps unterkommen, leben meist in behelfsmäßigen Zelten. Hier sind sie der Witterung wie Hitzewellen, aber auch plötzlich einsetzendem Starkregen schutzlos ausgesetzt.
Wegen Dürre können Kinder nicht lernen
Wenn die Dürre die Lebensgrundlage der Familien zerstört hat und nur wenig Geld für das Nötigste bleibt, fällt die Schulbildung vieler Kinder aus. Eltern können das Schulgeld nicht zahlen und Kinder müssen arbeiten, um die Familien zu unterstützen. Viele Schüler*innen verpassen wertvolle Unterrichtszeit, weil sie kilometerweit zur nächsten Wasserstelle laufen müssen. Manche Kinder verbringen den ganzen Tag mit der verzweifelten Suche nach Wasser. Wenn Kinder alleine unterwegs sind, steigt die Gefahr, dass sie in unsicheren Gegenden Opfer von Gewalt werden.
Einige Schulen, die keinen direkten Zugang zu Wasser haben, schließen komplett, weil ein geregelter Schulalltag nicht möglich ist. Kinder können nicht auf die Toilette gehen, es ist kein Wasser zum Trinken und zum Kochen der Schulmahlzeiten da. Insbesondere für Mädchen während ihrer Periode ist es wichtig, dass sie Zugang zu Hygiene und Sanitäranlagen haben. Geschlossene Schulen bedeuten etliche verpasste Zukunftschancen. Denn Bildung ist die Grundlage dafür, dass Kinder der Armut entfliehen und sich eine bessere Zukunft aufbauen können.
Wenn Kinder nicht zur Schule gehen, steigt zudem das Risiko von Kinderrechtsverletzungen: Durch die soziale Not sehen sich viele Familien gezwungen, ihre Töchter früh zu verheiraten – in der Hoffnung, dass sie so versorgt sind. Für die Mädchen bedeutet dies das Ende ihrer Kindheit.
Aktuelle Dürrekatastrophen: Welche Länder sind besonders betroffen?
Dürren treten weltweit auf und sind auf keinen Kontinent beschränkt. In den ärmsten Ländern spüren die Familien die Auswirkungen aber am stärksten. Weltweit leben rund 160 Millionen Kinder in Regionen, die von schweren und extrem langandauernden Dürren betroffen sind.
Besonders Länder des afrikanischen Kontinents erleben immer wieder schwere Dürren. Infolge von El Niño haben mehrere Länder im südlichen und östlichen Afrika dieses Jahr den Notstand ausgerufen – darunter Sambia, Malawi und Simbabwe. In der Region sind 45 Millionen Kinder durch schwere Dürre und Überschwemmungen, Mangelernährung und Cholera in Gefahr. In Madagaskar geht UNICEF davon aus, dass die begrenzten Regenfälle im Süden die Menschen in große Not bringen werden: Mehr als 262.000 Kinder unter fünf Jahren sind bereits akut unterernährt.
Auch in anderen Regionen der Welt kam es in den letzten Jahren zu Dürre-Katastrophen. In Afghanistan, Indien, Pakistan und Jemen erleben Familien immer wieder Dürre und Hitzewellen. In den USA ist der Bundesstaat Kalifornien derzeit von starken Waldbränden getroffen.
Gibt es Dürre in Europa oder Deutschland?
2023 kam es auch in europäischen Ländern zu extrem hohen Temperaturen, Dürre und Waldbränden. Laut einem aktuellen Bericht der Weltorganisation für Meteorologie ist Europa der sich am schnellsten erwärmende Kontinent infolge des Klimawandels. Hitzewellen, Dürren und andere Wetterextreme werden sich aller Voraussicht nach weiter häufen.
In Ländern wie Frankreich, Italien und auch Deutschland wurde im letzten Jahr über Wasserknappheit aufgrund von Hitze und Trockenheit berichtet. Ehemals grüne Wiesen wurden im Sommer zur braunen Steppe. In Teilen Spaniens wurde dieses Jahr für mehrere Monate wegen Trockenheit der Notstand ausgerufen. Menschen wurden aufgefordert, Wasser zu sparen. In Griechenland kommt es derzeit aufgrund der Trockenheit zu Waldbränden.
Durch eine gute Grundversorgung mit Trinkwasser und soziale Absicherung trifft die Trockenheit Menschen in Deutschland nicht so hart wie in den ärmsten Ländern. Trotzdem sind auch hier frühzeitige Maßnahmen wichtig, um sich an die durch den Klimawandel verändernde Welt anzupassen und steigender Wasserknappheit entgegenzuwirken.
Was kann man gegen Dürre tun?
Ob es in einer Region regnet oder nicht, können wir nicht beeinflussen. Dürreperioden lassen sich nicht aufhalten und tatsächlich im Vergleich zu anderen Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Zyklone nur schwer vorhersagen. Jedoch können die Auswirkungen von Dürren auf Kinder und Familien weltweit abgemildert werden. Dazu gehört, dass Familien auf Dürreperioden vorbereitet sind und Trinkwasserversorgung, Zugang zu Lebensmitteln, Gesundheitsdienste und Bildung den Veränderungen durch den Klimawandel standhalten.
Was tut UNICEF, um Kinder vor Folgen der Trockenheit zu schützen?
Das Ziel von UNICEF ist es, ein jedes Kind vor den Folgen von Dürre zu schützen und sein Leben, Wohlbefinden und seine Zukunft zu sichern. Dabei leisten die UNICEF-Teams in von Dürre betroffenen Regionen weltweit lebensrettende Nothilfe für Kinder und Familien und arbeiten gleichzeitig an wirksamen Lösungen, um Dürre und ihre Auswirkungen frühzeitig zu erkennen und die Familien auf das Extremwetter vorzubereiten.
Ihre Spende für Nothilfe bei Dürre-Katastrophen
Um Orte bewohnbar für Familien zu erhalten und die Wasserversorgung langfristig zu sichern, arbeitet UNICEF zusammen mit Gemeinden und Regierungen an nachhaltigen Wassersystemen. Dazu gehören großflächige Grundwasseranalysen. Denn Grundwasser ist die beste Quelle für sauberes Trinkwasser in Gegenden mit geringem Niederschlag. Durch die Analyse kann der Standort von Bohrlöchern präziser bestimmt und Wasserknappheit frühzeitig erkannt werden.
Solarbetriebene Wassersysteme sorgen dafür, dass Familien jederzeit Zugang zu sauberem Trinkwasser haben: Mithilfe von Sonnenergie wird Grundwasser aus tiefen Bohrlöchern an die Oberfläche gepumpt. Für den Fall, dass die Sonne nicht scheint, speichern große Wassertanks Trinkwasser. Auch Gesundheitsstationen sowie Schulen können so versorgt werden. Dadurch stehen den Kindern Schulunterricht und wichtige Gesundheitsdienste wie Schutzimpfungen oder medizinische Behandlung zuverlässig zur Verfügung.
Im folgenden Video erzählt Jamila, eine Schülerin aus dem Jemen, wie ein nachhaltiger Zugang zu Wasser ihren Schulalltag verändert hat:
Kinder, die an schwerer Mangelernährung leiden, versorgt UNICEF mit therapeutischer Erdnusspaste. In Gesundheitsstationen wird regelmäßig überprüft, wie es den Kindern geht, ob die Behandlung anschlägt oder sie weitere medizinische Hilfe benötigen. Darüber hinaus werden Eltern geschult, Mangelernährung frühzeitig zu erkennen. Mithilfe von Bargeldhilfen können besonders bedürftige Familien das Nötigste bezahlen, wie ausreichend Lebensmittel für die Familie und bei Bedarf die Fahrt zum Krankenhaus oder Medikamente.
In Camps für Binnenvertriebene versorgt UNICEF Familien außerdem mit dem Nötigsten wie Hygieneartikel oder Trinkwasser und richtet Lernzentren ein, damit Kinder weiterlernen können. Die Kinder erhalten Stifte, Lernmaterialien und kommen mit Gleichaltrigen in Kontakt. Der regelmäßige Unterricht gibt den Kindern ein Stück Alltag und Struktur. Auch Adan aus Somalia hat letztes Jahr ein Lernzentrum besucht. Im Blog erzählt er, welche Träume er für die Zukunft hat.
Wie kann ich Kindern bei Dürre helfen?
Jeder Beitrag hilft, Kinder vor Dürre-Katastrophen zu schützen. Bitte unterstützen Sie die UNICEF-Hilfe für Kinder weltweit. Danke!