Überschwemmungen: Wie gefährlich ist Hochwasser für Kinder?
Immer wieder kommt es weltweit zu Überschwemmungen. Besonders Kinder sind durch die Naturkatastrophe gefährdet. Lesen Sie, welche Folgen von Hochwasser für Kinder lebensgefährlich sind, wo Familien besonders betroffen sind und welche Auswirkungen der Klimawandel auf Überschwemmungen hat.
Wasser – so weit das Auge reicht. Die Bilder der aktuellen Überschwemmungen in Vietnam zeigen das Ausmaß einer verheerenden Flutkatastrophe.
Ausgelöst wurde das Hochwasser durch Taifun Yagi, der im September 2024 neben Vietnam auch in Myanmar, Laos und Thailand für starken Regen, Sturm und in der Folge Erdrutsche und Überschwemmungen sorgte. In Vietnam standen ganzen Straßenzüge unter Wasser. Kinder wateten durch die braune Brühe.
Rund sechs Millionen Kinder in Südostasien sind von den Folgen von Taifun Yagi betroffen. Viele haben ihr Zuhause verloren. Gerade können die meisten von ihnen nicht zur Schule gehen, denn auch die Klassenzimmer stehen unter Wasser. Das schmutzige Wasser verunreinigt das Trinkwasser, und sanitäre Anlagen wie Toiletten oder Duschen sind teilweise zerstört. Es besteht die Gefahr, dass sich Krankheiten ausbreiten.
Die Auswirkungen von Überschwemmungen auf das Leben von Familien sind verheerend – nicht nur in Südostasien. In den letzten Wochen und Monaten erreichten uns Nachrichten von Überschwemmungen aus Kenia, Burundi, Nigeria, Afghanistan, Brasilien oder China. Flutkatastrophen sind eine der häufigsten Naturkatastrophen weltweit. Sie gefährden rund 570 Millionen Kinder weltweit.
Auch bei uns in Deutschland kam es schon zu schweren Überschwemmungen, wie im Sommer 2024 in Süddeutschland oder 2021 im Ahrtal. Ganz aktuell im September 2024 verfolgen die Menschen in Süddeutschland und ebenso in angrenzenden Ländern wie Österreich und Polen sorgenvoll die Pegelstände.
Wir erklären die Ursachen von Überschwemmungen, welche verheerenden Folgen sie für das Leben und die Zukunft von Kindern haben und wie Sie helfen können:
Ursachen von Hochwasser und Überschwemmungen
Hochwasser entsteht dann, wenn Wassermassen nicht mehr abfließen können. Das kann zum Beispiel sein, wenn es lange und viel geregnet hat – so viel, dass der Boden das Wasser nicht mehr aufnehmen kann oder Flüsse über die Ufer treten. Auch plötzliches Tauwetter, das Schnee und Eis in kurzer Zeit zum Schmelzen bringt, kann zu Hochwasser beitragen. Ganze Landstriche können so im Wasser versinken, Chemikalien, Abwasser und Müll können in die Umwelt und das Trinkwasser gelangen und Staudämme brechen, wenn sie den Wassermassen nicht standhalten können.
Überschwemmungen durch Naturkatastrophen
Immer wieder kommt es im Zuge anderer Naturkatastrophen zu Überschwemmungen. Durch schwere Stürme werden große Wassermassen aufgepeitscht und in eine Richtung gedrängt. Dadurch kann es gerade in Küstenregionen oder an Flussmündungen bei Flut zu sogenannten Sturmfluten kommen. Tropische Wirbelstürme wie Zyklone, Taifune oder Hurrikans bringen Starkregen mit sich, der wiederum für Überschwemmungen sorgt.
In Pakistan kam es 2022 im Rahmen des Monsunregens zu ungewöhnlich starken Regenfällen – in manchen Regionen bis zu fünfmal so stark wie im Durchschnitt der letzten 30 Jahre. In kürzester Zeit brachen riesige Wassermassen über das Gebiet ein. Bei einer sogenannten Sturzflut können wie in Pakistan auch Erdrutsche ausgelöst werden, die alles unter sich begraben. Eine Sturzflut ist besonders gefährlich, da die Menschen kaum Zeit haben, sich vor den Wassermassen in Sicherheit zu bringen.
Auch Tsunamis können ganze Küstenorte einfach wegspülen. Tsunamis entstehen überwiegend, wenn durch Seebeben, also Erdbeben unter dem Meeresspiegel, riesige Flutwellen entstehen, die sich in kürzester Zeit mit hoher Geschwindigkeit ausbreiten. 2004 ereignete sich eine verheerende Tsunami-Katastrophe im indischen Ozean, bei der mehr als 200.000 Menschen ums Leben kamen. 2018 brach nach einem Erdbeben ein Tsunami über Indonesien ein. Zehntausende Häuser wurden durch die riesige Flutwelle zerstört.
Auswirkungen von Klimawandel und Umweltzerstörung auf Hochwasser
Infolge des Klimawandels werden heftige Überschwemmungen wahrscheinlicher. Durch die globale Erwärmung kann die Luft sehr viel mehr Wasser aufnehmen. Die Folge: Extreme Regenfälle auf der einen Seite, extreme Trockenheit auf der anderen Seite. Ein viel zu trockener Boden, der kein Wasser mehr aufnehmen kann, kann die Überschwemmungen verstärken, wenn es zu heftigen Regenfällen kommt. Zudem führt die Gletscherschmelze dazu, dass Flüsse mehr Wasser transportieren.
In Küstengebieten steigt infolge des Klimawandels die Gefahr von Überschwemmungen durch schwere Stürme und den stetig steigenden Meeresspiegel. Dadurch besteht auch die Gefahr, dass Trinkwasser immer mehr versalzt und ungenießbar wird.
Auch Umweltzerstörung hat eine direkte Auswirkung auf das Überschwemmungsrisiko: Wenn Wälder abgeholzt oder in den Verlauf eines Flusses eingegriffen wird, fehlt der natürliche Schutz vor Überschwemmungen. Bebauung oder Asphaltierung sorgen zudem dafür, dass der Boden versiegelt ist, und kein Wasser aufnehmen kann.
Überschwemmungen infolge des natürlichen Wetterphänomens El Niño
Das natürliche Wetterphänomen El Niño, das in der Regel alle zwei bis sieben Jahre auftritt, kann in bestimmten Regionen wie Asien, Afrika und Südamerika zu schweren Überschwemmungen führen. Durch steigende Temperaturen im Pazifik ändern sich ähnlich wie durch die menschgemachte Klimakrise Niederschlagsmuster. Klimaforscher*innen gehen davon aus, dass Überschwemmungen, die 2024 im Osten Afrikas und auch in Brasilien auftraten, im Zusammenhang mit einer El- Niño-Phase standen, die seit 2023 anhält.
- 330Millionen Kinder
an Flüssen sind stark durch Überschwemmungen betroffen.
- 240Millionen Kinder
in Küstenregionen sind stark durch Überschwemmungen betroffen.
- 1.000Kinder
sterben täglich an Krankheiten, die durch verschmutztes Wasser übertragen werden.
Risiken und Folgen von Hochwasser für Kinder
Flutkatastrophen haben jedes Jahr weitreichende Folgen für das Leben und die Zukunft von Kindern weltweit – besonders in den ärmsten Ländern, in denen Familien oft keine finanzielle Absicherung gegen die Katastrophe haben oder wichtige Infrastruktur wie Krankenhäuser, Wassersysteme oder Schulen nicht flutrobust gebaut sind.
Bei Hochwasser herrscht Lebensgefahr
Überschwemmungen, insbesondere Sturzfluten, bringen Kinder und ihre Familien in Lebensgefahr. Wenn sie nicht schwimmen oder der Kraft der reißenden Flutwelle standhalten können, ist die Gefahr groß, dass sie sich in den Fluten lebensgefährliche Verletzungen zuziehen oder ertrinken. 75 Prozent der Todesfälle bei Hochwasserkatastrophen sind auf Ertrinken zurückzuführen. Der Verlust eines nahen Familienangehörigen oder die eigene schreckliche Erfahrung, wie die Flut den Boden unter den Füßen wegreißt, sind traumatische Erlebnisse für Kinder. Diese Erfahrungen können Kinder auch lange nach der Katastrophe noch schwer belasten.
Gesundheitliche Folgen von Überschwemmungen: tödlicher Kreislauf
Die Folgen von Überschwemmungen sind für Kinder jedoch oft lebensbedrohlicher als das Wetterextrem selbst. Im Flutwasser lauern Gefahren, die jeden Tag rund 1.000 Kindern das Leben kosten: gefährliche Krankheitserreger. Wenn Wassersysteme überflutet werden, können sich Fäkalien, Chemikalien oder Salzwasser ins Trinkwasser mischen. Oft steht den Familien nach Überschwemmungen kein sauberes Wasser zur Verfügung und sie sind gezwungen auf unsichere Quellen zurückzugreifen.
Der Mangel an sauberem Trinkwasser und Hygiene ist der ideale Nährboden für die Ausbreitung von Krankheiten wie Malaria, Cholera oder wässrigem Durchfall – gerade in überfüllten Notunterkünften, wo Menschen dichtgedrängt zusammenleben. Gefährliche Durchfallerkrankungen entziehen dem Körper Wasser und Nährstoffe, und können eine schwere Mangelernährung mit sich bringen – gerade wenn Wasser und Lebensmittel gleichzeitig knapp sind. Dies ist besonders für Kinder lebensgefährlich. Die Mangelernährung bedeutet eine schwere Auszehrung des Körpers. Das macht die Kinder wiederum besonders anfällig für Krankheitserreger, denen sie nichts entgegensetzen können. Ein tödlicher Kreislauf.
Flucht aus Hochwassergebieten
Jedes Jahr müssen Millionen Kinder und ihre Familien aufgrund von Wetterextremen fliehen. Stürme und Überschwemmungen sind in den meisten Fällen die Ursache. Zwischen 2016 und 2021 kam es in diesem Zusammenhang zu mehr als 40 Millionen Vertreibungen. Das Flutwasser kann Wohnungen einfach wegreißen oder unbewohnbar machen. Bei schweren Überschwemmungen steht das Flutwasser oft tage- oder gar wochenlang, bevor es sich zurückzieht. In Notunterkünften suchen Familien verzweifelt Zuflucht. Viele haben alles in den Fluten verloren. Wenn Familien überstürzt fliehen müssen, sind Kinder in Gefahr von ihren Eltern getrennt zu werden.
Rund 44.800 Menschen im Osten Libyens verloren ihr Zuhause, als riesige Wasser- und Schlammmassen im September 2023 über die Region hereinbrachen. Ein schwerer Sturm und Starkregen richteten katastrophale Zerstörung an. Wenn Familien immer wieder durch Überschwemmungen getroffen werden, sehen viele keine andere Möglichkeit, als ihre Heimat zu verlassen.
Wegen Überschwemmungen können Kinder nicht lernen
Überschwemmungen können auch weitreichende Folgen auf die Zukunftschancen von Kindern haben: Wenn Schulgebäude weggespült werden, Klassenzimmer unter Wasser stehen oder als Notunterkunft gebraucht werden, können Kinder nicht weiterlernen. Oder Familien können sich die Schulbildung nicht mehr leisten, nachdem sie alles, was sie hatten, in der Flut verloren haben.
Bei dem verheerenden Hochwasser in Pakistan 2022 wurden rund 27.000 Schulen beschädigt oder ganz zerstört. Rund zwei Millionen Kindern konnten dadurch nicht weiterlernen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind, das die Schule einmal unterbrochen hat, nicht mehr zurückkehrt, ist hoch. Die Überschwemmungen nehmen den Kindern so wichtige Möglichkeiten, ihre Zukunft zu gestalten und der Armut zu entkommen.
Welche Gebiete sind am stärksten von Überschwemmungen betroffen?
Weltweit leben rund 570 Millionen Kinder in Gebieten, die durch Überschwemmungen besonders gefährdet sind. Besonders Familien in Küstenregionen oder an Flussmündungen sind in Gefahr, immer wieder durch Hochwasser getroffen zu werden – gerade mit Voranschreiten des Klimawandels.
Im Süden und Osten Asiens ist das Risiko von Überschwemmungen besonders hoch. In Vietnam, Laos, Myanmar und Thailand wurden Familien 2024 durch heftige Überschwemmungen getroffen. Im Vorjahr traf es Indien, Pakistan und den Jemen. Aber auch in Afrika südlich der Sahara, in Madagaskar, am Horn von Afrika oder der Sahelzone, sowie in Lateinamerika bringen Flutkatastrophen immer wieder Menschen in Not.
In Europa gibt es mit steigenden Temperaturen ein höheres Risiko von Wetterextremen. Im Jahr 2024 gab es hier teils überdurchschnittlich hohe Niederschlagsmengen. Viele Flüsse hatten massives Hochwasser und es kam zu Fluten in verschiedenen Regionen Deutschlands, etwa im Januar 2024 unter anderem in Nordrhein-Westfalen und Sachsen oder auch im Sommer 2024 in Süddeutschland. Auch in verschiedenen europäischen Ländern kam es aufgrund von Starkregen zu Überschwemmungen, aktuell unter anderem in Österreich, Polen und Tschechien.
Hilfe für Kinder bei Überschwemmungen: Das macht UNICEF
UNICEF ist weltweit im Einsatz, um Kindern zu helfen, die durch Überschwemmungen in Not sind. Wir setzen uns dafür ein, dass Kinder nicht krank werden, dass sie an einem sicheren Ort zur Schule gehen können und besser auf Wetterextreme vorbereitet sind.
Diese drei Geschichten zeigen, was die UNICEF-Hilfe bewirken kann:
Sauberes Trinkwasser, Medikamente und Hygiene retten Leben: Gentille aus der Demokratischen Republik Kongo
Im Kazimba Camp für binnenvertriebene Familien in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) spielt Gentille fröhlich mit den anderen Kindern. Vor wenigen Wochen ging es dem kleinen Mädchen gar nicht gut. Sie hatte sich mit Cholera infiziert. DRC erlebt derzeit einen heftigen Cholera-Ausbruch. 2023 wurden mehr als 52.000 Fälle dokumentiert. Nach heftigen Überschwemmungen Anfang des Jahres 2024 drohte die Situation in den überfluteten Gebieten außer Kontrolle zu raten.
Um die Familien wirksam vor Cholera zu schützen, stellt UNCEF sauberes Wasser bereit und liefert medizinische Hilfsgüter in die überfluteten Gebiete. In Zusammenarbeit mit lokalen Partnern desinfizieren die UNICEF-Teams Sanitäranlagen und klären Familien über wirksame Schutzmaßnahmen auf. Zudem unterstützt UNICEF spezielle Cholera-Behandlungszentren. In einem dieser Zentren wurde auch Gentille nach ihrer Infektion behandelt. Schon sechs Tage später ging es ihr viel besser.
Damit Familien auch bei Überschwemmungen Zugang zu sauberem Wasser haben, richtet UNICEF in besonders betroffenen Gemeinden weltweit klimarobuste Wassersysteme ein. So werden Latrinen und Wasserpumpen beispielsweise auf erhöhten Fundamenten gebaut, um eine Vermischung von Flut- und Trinkwasser zu vermeiden. In Bangladesch fördert UNICEF eine innovative Lösung, um einer Versalzung von Trinkwasser entgegenzuwirken. Dabei wird Wasser aus Teichen und Regenwasser von Dächern gesammelt, aufbereitet und unterirdisch gespeichert.
Bildung nach Überschwemmungen fördern: Daniyal aus Pakistan
In einem Lernzentrum in der Provinz Belutschistan ist Daniyal in sein Schulbuch vertieft – ein bisschen Normalität inmitten der Zerstörung, die die schwere Flut im September 2022 in Pakistan hinterlassen hat. Wie viele andere Familien haben auch Daniyal und sein Bruder ihr Zuhause durch die Überschwemmungen verloren. "Wir haben nichts mehr, außer einem geliehenen Charpai-Bett, das wir vor unserem Haus aufgestellt haben – dort leben wir ", erzählt der Junge.
Gleich nach den schweren Überschwemmungen hat UNICEF temporäre Lernzentren in den betroffenen Gebieten eingerichtet und Schulmaterialien verteilt, damit Kinder wie Daniyal zügig weiterlernen können. Der Schulalltag mit anderen Kindern hilft ihnen, zurück in einen Alltag zu finden und den Anschluss nicht zu verpassen.
UNICEF setzt sich in Pakistan und anderen Ländern weltweit dafür ein, durch Unwetter zerstörte Schulgebäude wieder aufzubauen – und zwar so robust, dass sie künftigen Stürmen oder Fluten standhalten.
Vorbereitung auf den Ernstfall: Mim aus Bangladesch
Geduldig hilft Mim ihren Schützlingen, die Schwimmbewegungen im Wasser nachzumachen. Die Jugendliche gibt Kindern Schwimmunterricht – eine Maßnahme, die im Überschwemmungsfall Leben retten kann. Das hat Mim auf dramatische Weise erlebt, als ihr eigener Bruder beinahe in einem Teich ertrunken wäre: „Ich hatte so Angst und dachte, ich verliere meinen Bruder. Ich konnte ihn nur retten, weil mein Vater mir beigebracht hatte zu schwimmen“, erzählt sie.
Im Rahmen des SwimSafe-Programms von UNICEF und des Familienministeriums in Bangladesch engagieren sich Mim und andere Jugendliche für Kinder in ihrer Gemeinde. Neben praktischen Schwimmübungen erhalten Eltern durch das Programm auch Informationen, wie sie ihr Kind vor dem Ertrinken schützen können.
Das Schwimmtraining ist ein wichtiges Beispiel dafür, wie Familien in ihren Gemeinden besser auf die Auswirkungen des Klimawandels wie zunehmende Überschwemmungen vorbereitet werden können. Neben wirksamen Katastrophenschutzplänen, Frühwarnsystemen und der Lagerung von Hilfsgütern für den Ernstfall können diese Maßnahmen im Notfall Leben retten.
So können Sie Kindern bei Überschwemmungen helfen!
Jeder Beitrag hilft, Kinder vor den Folgen von Flutkatastrophen zu schützen. Bitte unterstützen Sie die UNICEF-Hilfe für Kinder weltweit. Danke!