© UNICEF/UN0506222/FazelAfghanistan Krise: UNICEF-Sprecherin Sam Mort besucht Kinder in einem Krankenhaus in Kabul
Fotoreportagen

Fotos und Videos aus Afghanistan: So hilft UNICEF jetzt in der Krise

UNICEF bleibt in Afghanistan – trotz aller Unsicherheit. Wir sind sehr besorgt über die Lage der Kinder im Land. Es ist sehr wichtig, dass wir unsere Arbeit fortsetzen. Doch was können unsere Helferinnen und Helfer in der aktuellen Lage vor Ort konkret tun? Mehr, als Sie vielleicht denken. 


von Laura Sandgathe 3

Die Kinder in Afghanistan sind von einer dreifachen Krise betroffen: Die aktuelle politische Unsicherheit, eine schwere Dürre und die Folgen von Covid-19 kommen zusammen. Zehn Millionen Mädchen und Jungen brauchen humanitäre Hilfe, völlig unabhängig von der politischen Entwicklung.

UNICEF ist seit über 70 Jahren in Afghanistan tätig. Auch jetzt in den Wochen nach der Machtübernahme durch die Taliban sind wir weiter vor Ort im Einsatz. Die Kinder und Familien sind auf die Hilfe angewiesen, für viele geht es um ihr Überleben. Wichtig zu wissen: Wir von UNICEF ergreifen gerade in Konfliktgebieten ausschließlich für Kinder Partei – so auch in Afghanistan.

Diese Hilfe leistet UNICEF jetzt für Kinder in Afghanistan

Der Hunger im Land nimmt zu. Wir helfen mangelernährten Kindern.

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"Ein gesundes Mädchen sollte doppelt so viel wiegen"

Unsere Expert*innen befürchten, dass die Zahl lebensbedrohlich mangelernährter Mädchen und Jungen unter fünf Jahren auf eine Million steigen könnte. Diese Kinder haben nur dann eine Überlebenschance, wenn die Mangelernährung schnell erkannt und behandelt wird.

Hunger in Afghanistan: Ein UNICEF-Helfer gibt einem Mädchen Erdnusspaste

Ein UNICEF-Helfer gibt einem Mädchen in einer mobilen Klinik in Herat ein Päckchen mit Erdnusspaste. Die Spezialnahrung ist besonders kalorienreich und mit Vitaminen und Mineralstoffen angereichert. Sie hilft mangelernährten Kindern, sich schnell zu erholen.

© UNICEF/UN0530710/Bidel

Deshalb untersuchen wir Kinder auf Mangelernährung und versorgen sie mit Spezialnahrung wie Erdnusspaste, die ihnen schnell neue Kraft gibt. Zwar gab es in den vergangenen Wochen immer wieder zeitweise Unterbrechungen der Hilfe, doch vielerorts können wir sie fortsetzen.

Afghanistan: Eine Frau versorgt ein mangelernährtes Kind über eine Sonde mit Spezialmilch

Die anderthalb Monate alte Zakia ist mangelernährt. Sie bekommt in einem von UNICEF unterstützten Krankenhaus in Herat Spezialmilch. Weil Zakia sehr schwach ist, wird ihr die Milch über eine Sonde eingeflößt.

© UNICEF/UN0530490/Bidel

F-75 heißt die therapeutische Milch, mit der unsere Helfer*innen mangelernährte Kinder wie Amina und Zakia behandeln. Für die Kinder ist es überlebenswichtig, dass sie weiter nach Afghanistan geliefert wird.

Krise in Afghanistan: Ein Karton mit Spezialmilch
© UNICEF/UN0481164/Fazel

Deshalb bringen wir therapeutische Spezialnahrung und andere Hilfsgüter wie zum Beispiel Medikamente ins Land. Das Flugzeug auf dem folgenden Foto kam am 29. September über die humanitäre Luftbrücke der EU nach Kabul. In den Monaten August und September 2021 beispielsweise haben wir Erdnusspaste für mehr als 42.000 Kinder und Spezialmilch für 5.200 Kinder an unsere Partnerorganisationen im Land geliefert, damit die Kinder versorgt werden.

Afghanistan: Hilfsgüter werden aus einem Flugzeug geladen
© UNICEF/UN0528679/Fazel

Jetzt im Winter ist es eiskalt. Wir helfen mit Decken und Winterkleidung.

Im Winter fallen die Temperaturen in Afghanistan wochenlang unter den Gefrierpunkt. Insbesondere in den höher gelegenen Bergregionen wird es sehr kalt und es gibt viel Schnee. Auch Anfang 2022 hat der Winter das Land im Griff.

Winter in Afghanistan: Ein Junge steht im Schnee und wärmt seine Hände

Rafi (13) lebt in der Provinz Nuristan. Dort hat es im Januar 2022 geschneit. Mit seinem Atem versucht Rafi, seine Hände zu wärmen. Handschuhe hat er nicht.

© UNICEF/UN0574449/Fazel

Die Kälte ist vor allem für Kinder auf der Flucht und in armen Familien eine Gefahr. Mädchen und Jungen, die in Vertriebenenlagern in Zelten leben, brauchen dringend warme Kleidung und eine feste Unterkunft. Aber auch wer ein festes Zuhause hat, hat oft nicht genug Geld für Brennstoff zum Heizen, warme Schuhe und Jacken. Immer wieder sehen unsere Kolleg*innen vor Ort Kinder, die in Sandalen durch den Schnee laufen. Um ihnen zu helfen, verteilen wir Decken und Winterkleidung an die Familien:

Winter in Afghanistan: Eine UNICEF-Helferin steht neben Decken, die verteilt werden

Bild 1 von 3 | Helfer laden die Decken vom Laster, anschließend können die Familien sie sich abholen. An diesem Tag hat UNICEF 5.000 Decken, 1.700 Planen für Zelte und 1.700 Eimer an Familien verteilt.

© UNICEF/UN0574495/Bidel
Afghanistan Kinder: Eine Familie hat von UNICEF Decken für den Winter bekommen

Bild 2 von 3 | Diese Familie hat von UNICEF mehrere Decken und einen Wassereimer bekommen. Nun tragen sie sie zurück zu ihrer Unterkunft. Die Familie ist vor Gefechten, der Dürre und der aussichtslosen wirtschaftlichen Lage geflohen und sucht nun Schutz in Herat.

© UNICEF/UN0574507/Bidel
Winter in Afghanistan: Eine Familie hat von UNICEF eine Decke bekommen

Bild 3 von 3 | In der Unterkunft angekommen breitet die Familie die neue Decke über sich aus. So bleiben hoffentlich alle warm.

© UNICEF/UN0574504/Bidel

Es herrscht Dürre. Wir versorgen die Menschen mit Trinkwasser.

Angesichts der großen Lebensmittel- und Wasserknappheit in 25 Provinzen wurde der Dürre-Notstand ausgerufen. Dadurch steigt auch die Gefahr von Krankheiten. Bereits jetzt leiden vier von fünf Kindern unter fünf Jahren in den Dürregebieten an Durchfallerkrankungen.

Wir von UNICEF bringen Trinkwasser zu den Familien. Auch in der aktuellen Lage arbeiten wir gemeinsam mit Partnerorganisationen an langfristigen, innovativen Lösungen, die das Leben der Kinder nachhaltig verbessern sollen. Sehen Sie selbst im Video (in englischer Sprache):

Das Gesundheitssystem steht vor dem Kollaps. Wir helfen, Kinder und Familien weiter zu versorgen.

Afghanistan: Ein Baby wird gegen Polio geimpft

Die fünf Tage alte Thuraya bekommt in einer von UNICEF unterstützten Gesundheitsstation ihre Schutzimpfung gegen Polio.

© UNICEF/UN0511142/Bidel

Damit möglichst viele Kinder und Familien zumindest eine medizinische Grundversorgung bekommen, setzen wir unter anderem auf mobile Kliniken. Aktuell haben wir im Land 60 mobile Teams an 2.000 Stationen, einige davon in Vertriebenenlagern. Die Menschen erhalten hier unkomplizierte, schnelle medizinische Hilfe.

Mobile Kliniken sind auch ein zentraler Teil der Impfkampagne gegen Masern, die wir Mitte September 2021 gestartet haben. Zuletzt hatten sich die Masern bedrohlich ausgebreitet, Kinder unter fünf Jahren sind besonders betroffen.

In Herat verladen Helfer Kisten mit Masern-Impfstoff zum Weitertransport in die zentrale Provinz Ghor. Neben 30.000 Impfdosen sind in den Kisten auch 60.000 Dosen Vitamin A sowie Spritzen. Sie werden an mobile Gesundheitsteams verteilt, damit diese die Impfungen durchführen können.

Seit November 2021 läuft außerdem eine Impfkampagne gegen Polio (Kinderlähmung). Afghanistan ist eines von nur zwei Ländern, in denen Polio noch endemisch ist. In 2021 wurde aber nur vier Fälle gemeldet – eine nie dagewesene Chance, Polio in Afghanistan auszurotten! Deshalb setzen unsere mobilen Teams nun viel Kraft in die Impfkampagne. Über die internationale Initiative COVAX unterstützen wir zudem weiterhin die Impfungen gegen Covid-19 in Afghanistan.

Armut breitet sich aus. Wir helfen auch mit Cash Assistance.

Bargeld-Hilfe, auch "Cash Assistance" oder "Cash Transfers" genannt, hat viele Vorteile. Mit den kleinen Geldbeträgen, die wir an die Familien auszahlen, können diese ganz individuell genau das kaufen, was sie benötigen. Warme Kleidung, Lebensmittel, eine neue Tür für das Haus. Sie können auch das Schulgeld für ihre Kinder bezahlen oder einen Fahrdienst ins nächste Krankenhaus, wenn ein Kind krank wird – oder was auch immer sie brauchen.

Afghanistan: Ein Mann erhält Cash Assistance durch UNICEF

Mohammad Karim (65) ist Bauer in der Provinz Nuristan. Die UNICEF-Helfer prüfen seine Dokumente, dann bekommt er 17.500 Afghani, das sind umgerechnet etwa 150 US-Dollar. Das Geld soll ihm helfen, seine Familie durch den Winter zu bringen.

© UNICEF/UN0574468/Fazel

Bargeld-Hilfe ist also eine individuelle, flexible Form der Hilfe, die zudem die Würde der Empfänger*innen schützt, weil diese selbst entscheiden können, was sie von dem Geld kaufen. Deshalb setzen wir sie auch in Afghanistan ein. Dabei wählen wir von UNICEF sehr genau aus, an wen wir das Geld ausgeben und wie viel.

Afghanistan: Ein Junge bei der Bargeld-Ausgabe durch UNICEF

Dieser Junge ist mit seinen Eltern zur Bargeld-Ausgabe durch UNICEF gekommen.

© UNICEF/UN0574476/Fazel

>> Wenn Sie mehr über die Bargeld-Hilfe als Form der humanitären Hilfe erfahren möchten, empfehle ich Ihnen unseren Beitrag "Warum Bargeld auch ein Hilfsgut ist".

Jungen und Mädchen müssen zur Schule gehen können!

Seit September dürfen Jungen und Mädchen die Grundschule besuchen. Doch es gibt bislang keine Regelung für weiterführende Schulen. Wir treten dafür ein, dass alle Mädchen ihre Ausbildung ohne Verzögerung fortsetzen können. Dafür verhandeln wir auf allen Ebenen.

Vielerorts gehen ältere Mädchen nicht zur Schule. Doch das Bild ist nicht überall gleich. Wir wissen zum Beispiel von fünf Provinzen, in denen auch ältere Mädchen jetzt wieder zum Unterricht gehen. Das macht Mut. Im Osten des Landes etwa gab es die Ankündigung, dass Gesundheitshelferinnen und Lehrerinnen zurück zur Arbeit kommen sollen. Wenn so etwas passiert, wenn sich eine Tür öffnet, dann nutzen unsere Kolleg*innen vor Ort das sofort.

Salam Al-Janabi, Sprecher UNICEF Afghanistan
UNICEF-Helfer Salam Al-Janabi aus Kabul Afghanistan

Zudem haben wir in 428 Schulen Stationen zum Händewaschen eingerichtet, um die Schüler*innen vor dem Coronavirus und anderen Krankheiten zu schützen.

Kinder brauchen besonderen Schutz. Wir stärken sie und ihre Familien.

Afghanistan: Kinder spielen vor einem Kinderzentrum

Vor einem mobilen Kinderzentrum in einem Lager für Vertriebene in Herat spielt eine Gruppe Jungen Ball. Das Spielen hilft den Kindern, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten und ist Teil der psychosozialen Hilfe, die UNICEF fördert.

© UNICEF/UN0512089/Bidel
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Wie ist es, jetzt in Afghanistan ein Kind zu sein?

Viele Kinder haben in den vergangenen Wochen und Monaten Dinge erlebt und gesehen, die kein Kind erleben und sehen sollte. Es ist sehr wichtig, dass sie professionelle psychosoziale Unterstützung bekommen. Dazu richten wir unter anderem Kinderzentren in Vertriebenenlagern ein und statten sie mit Spiel- und Lernmaterial aus.

Um Kinder vor Ausbeutung und Missbrauch zu schützen, gehen wir direkt auf die Menschen zu. Dafür gibt es zum Beispiel die Treffen der Kinderschutz-Komitees. Auf dem Foto sehen Sie ein Treffen in Jebrail von Anfang September 2021. Mehrere Eltern sind gekommen, viele haben ihre Kinder mitgebracht.

Afghanistan: Ein Kinderschutz-Komitee ist zu einem Treffen zusammengekommen
© UNICEF/UN0512864/Bidel

Die Mitglieder*innen der Komitees kommen aus dem jeweiligen Dorf oder der Gemeinde und besitzen das Vertrauen der Familien. Wir von UNICEF schulen sie, damit sie über Kinderschutzfragen sprechen können.

Bei dem Treffen auf dem Foto ging es um Maßnahmen, um sich vor Covid-19 zu schützen. Doch auch Themen wie Kinderehe und Kinderarbeit werden diskutiert. Wir von UNICEF fürchten, dass infolge der prekären wirtschaftlichen Situation im Land die Zahl der Kinderehen und die Kinderarbeit ansteigen könnten.

UNICEF bleibt vor Ort – mit Ihrer Unterstützung

Unsere Mission ist klar: Wir bleiben in Afghanistan und halten die Hilfe für Kinder und ihre Familien aufrecht. Denn die Mädchen und Jungen brauchen sie dringend.

Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Helfen Sie den Kindern in Afghanistan mit Ihrer Spende, zum Beispiel für eines der Hilfsgüter, die aktuell besonders benötigt werden. Jeder Beitrag hilft. Vielen Dank!

Unser Versprechen: Ihre Spende kommt bei den Kindern anSpenden für Afghanistan

Als Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen sind wir unabhängig und politisch neutral. Wir ergreifen in jedem Land der Welt ausschließlich Partei für Kinder – so auch in der aktuellen Afghanistankrise. Wenn Sie für unsere Nothilfe-Arbeit in Afghanistan spenden, dann fließt das Geld direkt in unsere Hilfsprojekte vor Ort oder an unsere Partner, mit denen wir uns gemeinsam für die Kinderrechte in Afghanistan einsetzen. UNICEF ist seit über 70 Jahren ununterbrochen in Afghanistan für Kinder aktiv.

UNICEF-Redakteurin Laura Sandgathe
Autor*in Laura Sandgathe

Laura Sandgathe ist Online-Redakteurin und Chefin vom Dienst. Sie bloggt über die UNICEF-Arbeit weltweit – über Kinder, Helfer*innen und die Projekte, in denen sie einander treffen.