© UNICEF/UNI689274/ElfatihSudan Hungersnot: Omer wird mit Erdnusspaste gefüttert
Kinder weltweit

Die vergessene Krise: Hungerkatastrophe gefährdet Kinder im Sudan

Der Krieg im Sudan hat katastrophale Auswirkungen auf Kinder und ihre Familien. Millionen Menschen wurden vertrieben. Und nun herrscht die schlimmste Hungerkatastrophe seit 20 Jahren. Was das für die Menschen bedeutet und wie UNICEF vor Ort hilft, erklären wir hier.


von Stefanie Hack

Die Lage der Kinder im Sudan ist dramatisch. Der Krieg, der im April 2023 ausgebrochen war, hat zu einer inzwischen katastrophalen humanitären Lage geführt. Und: Er hat die größte Hungerkrise der Welt ausgelöst.

Hungersnot im Sudan weitet sich aus

Im August 2024 wurde im Flüchtlingslager Zamzam-Camp in Nord-Darfur eine Hungersnot festgestellt. Es war das erste Mal seit sieben Jahren, dass weltweit eine Hungersnot eingetreten ist. Diese Hungersnot hat sich in den darauffolgenden Monaten auf weitere Regionen des Landes ausgebreitet. Inzwischen herrscht in fünf Regionen in Nord-Darfur sowie den westlichen Nuba-Bergen eine Hungersnot. Insgesamt sind mehr als 638.000 Menschen – darunter viele Kinder – von der schwersten Form des Hungers betroffen.

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Hungersnot, Ernährungskrise, Mangelernährung – Was ist das?

Eine Hungersnot bedeutet, dass mindestens jedem fünften Haushalt in einer bestimmten Region nahezu vollständig Lebensmittel und/oder andere lebenswichtige Dinge wie Trinkwasser fehlen. Zahlreiche Menschen hungern, sind mangelernährt und sterben an den Folgen des Hungers (mindestens zwei Menschen pro 10.000 Einwohner jeden Tag). Zu den Kriterien für eine Hungersnot zählt auch, dass mehr als 30 Prozent der Kinder unter fünf Jahren an akuter Mangelernährung leiden.

Info

Ob eine Hungersnot besteht, wird von internationalen Expert*innen aus UN-Organisationen und Nichtregierungsorganisationen auf Grundlage der sogenannten "IPC-Phasen" bewertet. IPC steht für "Integrated Food Security Phase Classification". Die Phasen reichen von Phase eins "Minimal" über "Strapaziert" (Englisch: Stressed), "Krise" (Crisis), "Notsituation" (Emergency) bis hin zu Phase fünf "Hungersnot" (Famine).

Es ist zu befürchten, dass in den kommenden Monaten noch mehr Regionen im Sudan von einer Hungersnot betroffen sein werden, wenn der Konflikt anhält. Lebensrettende Hilfe wird dringend benötigt, um Menschenleben zu retten. Die Kinder und Familien brauchen schnellstmöglich Zugang zu Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten.

Wir dürfen nicht zulassen, dass noch mehr Kinder ihr Leben verlieren. Es braucht jetzt einen Waffenstillstand, diese menschengemachte Tragödie muss endlich gestoppt werden. Jeder Tag ist für die Kinder eine Frage von Leben und Tod.

Christian Schneider, Geschäftsführer UNICEF Deutschland, reiste im November 2024 in den Sudan
Sudan: Christian Schneider auf einer Reise im Sudan

Lebensbedrohliche Mangelernährung bei Kindern im Sudan verschärft sich

Rasha aus Khartum musste mit ihren Kinder mehrfach vor dem Krieg fliehen. Insgesamt durchquerte sie sechs Bundesstaaten, bevor sie in Kassala in Sicherheit war. Für ihre Kinder war die Flucht anstrengend besonders für ihren jüngsten Sohn Omer, der sehr geschwächt war.

In Kassala brachte Rasha ihren Sohn in eine Klinik, in der Omer untersucht wurde. Die Untersuchungen ergaben, dass der Junge unter Mangelernährung litt. "In der Klinik haben wir einen Ernährungsplan bekommen und Omer wurde mit therapeutischer Nahrung behandelt", erzählt Rasha.

Sudan Hungersnot: Omer wird mit Erdnusspaste gefüttert, seine Mutter hält ihn im Arm

Omer wird mit lebensrettender Erdnusspaste gefüttert.

© UNICEF/UNI689273/Elfatih

Nach etwa zwei Wochen verbesserte sich der Zustand des neun Monate alten Omer. "Jedes Mal, wenn die Ärztin ihn wiegt, hat er wieder Fortschritte gemacht", berichtet Rasha glücklich.

Nothilfe Sudan

UNICEF leistet im Sudan lebensrettende Hilfe für Kinder. Dafür benötigen wir Ihre Unterstützung.

UNICEF geht davon aus, dass im Sudan mehr als drei Millionen Kinder unter fünf Jahren an akuter Mangelernährung leiden über 700.000 von ihnen sind so schwer mangelernährt, dass ihr Leben gefährdet ist. Und jeden Tag kommen weitere Kinder dazu. Der Sudan weist eine der weltweit höchsten Raten von Mangelernährung bei Kindern auf. Wird diese nicht rechtzeitig behandelt, kann sie schwere Folgen für die Entwicklung von Kindern haben. Im schlimmsten Fall sterben Kinder.

Insgesamt leiden laut einem aktuellen Integrated Food Security Phase Classification (IPC) Bericht 24,6 Millionen Menschen im Sudan unter akutem Hunger. Das bedeutet, dass etwa die Hälfte der vom Krieg gezeichneten Menschen im Sudan jeden Tag darum kämpfen muss, sich und ihre Familien zu ernähren.

Tausende Kinder, die unter schwerer akuter Mangelernährung (der lebensbedrohlichsten Form der Mangelernährung) leiden, befinden sich in Regionen, in denen ständig gekämpft wird und die deshalb schwer zu erreichen sind. Wiederholte Krankheitsausbrüche verschärfen ihre Lage zusätzlich.

Hunger im Sudan – Das sind die Ursachen

Hunger und Mangelernährung haben verschiedene Ursachen, die im Sudan zusammenkommen. Wenn Nahrungsmittel kaum zugänglich sind, die Gesundheitsversorgung und auch die humanitäre Hilfe stark eingeschränkt sind und sich Krankheiten ausbreiten, führt dies dazu, dass Menschen akut unter Hunger leiden.

Krieg und Gewalt im Sudan als Ursache von Hunger

Aufgrund der anhaltenden, schweren Kämpfe zwischen den Konfliktparteien in zahlreichen Bundesstaaten sind viele Menschen nicht in der Lage, ihre Felder zu bestellen oder mussten ihre Heimat ganz verlassen. Immer wieder kommt es zu Plünderungen von privaten Beständen. Die landwirtschaftliche Produktion ist in der Folge stark eingebrochen.

In Konflikten kommt oft die Person in einer Familie ums Leben, die den Großteil des Einkommens aufbringt und die Familie ernährt. Familien werden auseinandergerissen und können ihren Lebensunterhalt nicht mehr ohne Hilfe bestreiten. Viele Eltern geraten in Armut und haben Schwierigkeiten, ausreichend Lebensmittel für ihre Kinder zu beschaffen und zu bezahlen.

Sudan Hungersnot: Mutter Ohag pflegt ihr Gemüse in ihrem kleinen Garten

UNICEF stattet Mütter mit Saatgut aus und schult sie darin, Gemüse in einem eigenen, kleinen Garten anzubauen, wie hier in Kassala.

© UNICEF/UNI524484/Mohamdeen


Auch Schulen Orte, an denen Kinder oft eine warme Mahlzeit bekommen, sind aufgrund der Gewalt zum Großteil geschlossen. Rund 17 der insgesamt 19 Millionen Kinder im schulpfltichtigen Alter können bereits seit Monaten nicht zur Schule gehen.

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Kind sein im Sudan: 5 Fakten

Die Ausweitung der Kämpfe auf den Bundesstaat Jezira, der als Kornkammer des Sudan gilt und eigentlich eine Lebensgrundlage für Millionen Menschen schafft, hat die landwirtschaftliche Produktion zusätzlich stark beeinträchtigt.

Die Menschen sind dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. Viele befinden sich jedoch in Gebieten, die besonders von Gewalt betroffen sind. Dies erschwert die Arbeit von Hilfsorganisationen wie UNICEF.

Flucht als Ursache der Hungerkrise im Sudan

Millionen Menschen mussten wegen des Krieges aus ihrer Heimat fliehen, viele wurden sogar mehrfach vertrieben. Die meisten von ihnen sind Binnenvertriebene, also innerhalb des Landes vertrieben; ein kleinerer Teil ist in die Nachbarländer wie Tschad, Südsudan oder Ägypten geflohen. Der Sudan ist heute das Land mit den meisten geflüchteten Kindern weltweit: Rund sechs Millionen Mädchen und Jungen mussten ihr Zuhause verlassen.

Wenn Menschen gezwungen werden, aus ihrer Heimat zu fliehen, müssen sie meist alles aufgeben. Sie können ihre Felder nicht mehr bestellen, verlieren ihre Jobs und somit ihre Lebensgrundlage.

Sudan Hungersnot: Noura sitzt in einem Zelt eines Flüchtlingscamps

Die 13-jährige Noura musste ihr Zuhause in Darfur verlassen und lebt nun in einer Unterkunft für Geflüchtete. Trotz allem hält sie an ihrem Traum fest, Ärztin zu werden.

© UNICEF/UNI569480/Zakaria

Auf der gefährlichen Flucht ist es für Familien schwierig, Lebensmittel zu kaufen und ihre Kinder zu versorgen. Viele Kinder kommen nach einer herausfordernden Flucht mangelernährt und krank in Flüchtlingscamps an. Manche von ihnen wurden von ihren Familien getrennt und sind ganz allein und ohne jeden Schutz unterwegs.

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Kindheit auf der Flucht: Geschichten aus dem Sudan

In den teils überfüllten Camps gibt es oft nicht genügend zu essen und viele Menschen sind auf die Verteilung von Lebensmitteln durch Hilfsorganisationen angewiesen. Wegen der Gewalt sind sie in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und können keine Arbeit finden, um Geld zu verdienen und Lebensmittel zu kaufen. Einige dieser Flüchtlingscamps sind von der Hungersnot betroffen, darunter Zamzam, Abu Shouk und Al Salam in Nord-Darfur.

Die Nachbarländer des Sudan, in denen Hunderttausende Menschen Zuflucht suchen, kämpfen zum Teil selbst mit einer schwierigen Versorgungslage. Die Aufnahme einer großen Zahl Geflüchteter aus dem Sudan verschärft die Situation dort. Im Tschad wurde 2024 ein Ernährungsnotstand ausgerufen. Besonders davon betroffen sind Regionen, in denen sich viele Geflüchtete aus dem Sudan aufhalten.

Die Wirtschaftskrise im Sudan verschärft die Hungerkrise

Der Sudan ist eines der ärmsten Länder auf dem afrikanischen Kontinent. Schon vor dem aktuellen Konflikt wussten etliche Familien nicht, wie sie sich und ihre Kinder ausreichend ernähren sollten. Nun hat sich ihre Lage noch einmal verschlechtert.

Der Krieg hat die bestehende Wirtschaftskrise im Sudan deutlich verstärkt: Die Lebensmittelproduktion ist eingebrochen, im ganzen Land herrscht ein enormer Mangel an Bargeld und die Gewalt sowie regelmäßige Unterbrechungen der Kommunikationskanäle behindern den Handel.

Mehr als die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung ist inzwischen arbeitslos und Millionen Menschen leben in Armut. Die Inflation ist stark angestiegen und die Lebensmittelpreise sind explodiert. In manchen Regionen sind die Kosten für Grundnahrungsmittel um über 300 Prozent gestiegen. Viele Menschen können sich kaum noch etwas leisten.

Dürren und Überschwemmungen erschweren die Versorgung der Menschen

Der Sudan ist eines der Länder, die besonders stark vom Klimawandel betroffen sind. Die Menschen leiden unter steigenden Temperaturen, häufigen Dürren und wiederkehrenden Überschwemmungen.

Die Klimaveränderungen haben schwerwiegende Folgen für die Landwirtschaft und Lebensgrundlagen der Menschen: Dürren führen dazu, dass Ernten verdorren und das Vieh verendet. Insbesondere für Menschen, die in ländlichen Gebieten leben, bedeutet dies den Verlust ihrer Lebensgrundlage.

Sudan Hungersnot: Ein Junge auf einem Esel vor einem verschmutzten Wasserloch

Für die Menschen in Agig im Osten Sudans ist es eine große Herausforderung, sauberes und sicheres Wasser zu bekommen. Die Region kämpft mit Wassermangel und häufig wiederkehrenden Dürren.

© UNICEF/UNI503138/Elfatih
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So bedroht Dürre Kinder: Antworten auf die wichtigsten Fragen

Durch wiederkehrende Dürreperioden versiegen zudem immer wieder Wasserquellen, was den Zugang zu sauberem Trinkwasser erschwert. Wenn es nach langen Trockenphasen dann sehr stark regnet, können die Böden das Wasser nicht aufnehmen und es kommt zu Überflutungen, die wiederum zu Zerstörungen in der Landwirtschaft führen.

Bricht die Produktion in der Landwirtschaft aufgrund von Dürren oder anderen Naturkatastrophen ein, steigen die Preise für Lebensmittel erheblich und sind für viele Familien kaum noch erschwinglich.

Kinder im Sudan sind dringend auf Ernährungshilfe angewiesen

Wenn Mangelernährung bei Kindern nicht rechtzeitig behandelt wird, kann sie schwere Folgen für ihre Entwicklung haben und im schlimmsten Falle zum Tod führen.

Der Krieg im Sudan erschwert die Behandlung mangelernährter Kinder, denn das Gesundheitssystem befindet sich in einer schweren Krise: Etwa 70 Prozent der Gesundheitseinrichtungen in den vom Konflikt betroffenen Gebieten sind nicht mehr funktionstüchtig. Das bedeutet, dass Kinder nicht angemessen versorgt werden können.

Zudem ist es schwierig, betroffene Kinder überhaupt zu erreichen und zu identifizieren. Meist befinden sie sich in Regionen, die besonders stark umkämpft sind.

Sudan Hungersnot: Shimba trinkt therapeutische Milch

Der kleine Shimba ist schwer akut mangelernährt und konnte rechtzeitig in ein Krankenhaus der Stadt Port Sudan gebracht werden. Dort wird er mit therapeutischer Milch behandelt.

© UNICEF/UNI558071/

Mangelernährte Kinder sind zudem anfälliger für Krankheiten wie Cholera, Malaria oder Masern. Denn durch fehlende Nährstoffe wird die körpereigene Immunität geschwächt und das Risiko, an einer Erkrankung zu sterben, steigt.

Krankheiten haben sich im Sudan zuletzt vermehrt ausgebreitet, beispielsweise weil die Impfquoten stark zurückgegangen sind und Menschen einen immer schlechteren Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Anlagen haben. Die Impfquote bei Kindern unter fünf Jahren ist von 85 Prozent vor dem Krieg auf etwa 50 Prozent gesunken. Millionen Kinder sind durch Krankheiten bedroht, besonders durch Cholera.

So hilft UNICEF gegen den Hunger im Sudan

Trotz der herausfordernden Situation setzt UNICEF alles daran, den Kindern im Sudan zu helfen. Mobile Gesundheits-und Ernährungsteams sind überall im Einsatz, um mangelernährte Kinder zu untersuchen, zu identifizieren und sie mit lebensrettender therapeutischer Nahrung zu behandeln.

Sudan: Hunger und Mangelernährung

Bild 1 von 2 | Im Rahmen einer Gesundheits- und Ernährungskampagne von UNICEF konnten geflüchtete Familien verschiedene Dienste in Anspruch nehmen. Unter anderem wurden Kinder auf Mangelernährung untersucht.

© UNICEF/UNI530157/Elfatih
Sudan: Hunger und Mangelernährung

Bild 2 von 2 | Die zweijährige Mona bekommt direkt vor Ort Vitamin-A-Tropfen. Ihre Mutter ist mit ihr aus Omrudman geflohen und war lange auf der Suche nach medizinischer Versorgung.


© UNICEF/UNI529974/Elfatih

Im Rahmen von Ernährungskampagnen beraten Gesundheitshelfer*innen Eltern auch, wie sie ihre Kinder mit allen wichtigen Nährstoffen versorgen können.

Darüber hinaus unterstützt UNICEF Schwangere sowie Gesundheitseinrichtungen und -Personal: Krankenhäuser werden mit medizinscher Ausrüstung ausgestattet und Gesundheitspersonal in verschiedenen Bereichen geschult.

2024 haben unsere Kolleg*innen im Sudan insgesamt 6,7 Millionen Kinder unter fünf Jahren auf Mangelernährung untersucht und 422.000 von ihnen gegen schwere akute Mangelernährung behandelt.

Neben lebensrettender Hilfe für mangelernährte Kinder bringt UNICEF auch andere Hilfsgüter in den Sudan, wie zum Beispiel Hygieneprodukte, Impfstoffe oder Moskitonetze.

Sudan Hungersnot: Hebamme Narameg hält ein Kind im Arm

Die Hebamme Narameq arbeitet in einem Krankenhaus in der Stadt Port Sudan. "Nach einem langen, harten Tag bin ich glücklich, dass ich einem Kind das Leben gerettet habe", sagt sie.

© UNICEF/UNI551287/Mohamdeen

Wie kann ich Kindern im Sudan helfen?

Der Sudan hat sich inzwischen zu einem vergessenen Konflikt entwickelt, über den in den Medien kaum berichtet wird. Und das, obwohl sich dort eine dramatische humanitäre Krise abspielt.

Unsere Kolleg*innen bleiben weiter an der Seite der Kinder und geben jeden Tag alles, um sie zu unterstützen. UNICEF leistet Hilfe sowohl in Regionen, in denen besonders viele Familien Zuflucht suchen, als auch in Konfliktgebieten.

Sie können die Arbeit von UNICEF mit Ihrer Spende unterstützen. Jeder Beitrag zählt!

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Autor*in Stefanie Hack

Stefanie Hack arbeitet als Redakteurin mit dem Fokus Nothilfe. Im Blog schreibt sie über die weltweite Arbeit von UNICEF und entwicklungspolitische Themen.