© UNICEF/UNI533131/MohamdeenSudan: Kind spielt mit Zauberwürfel auf dem Boden
Blog

Kind sein im Sudan: 5 Fakten

Der Krieg im Sudan hat gravierende Auswirkungen für alle Kinder, die im Land aufwachsen. Lesen Sie, wie es ist, jetzt im Sudan Kind zu sein. 


von Stefanie Hack und Caroline Dohmen

Ganz ruhig sitzt das kleine Mädchen, das Sie oben auf dem Foto sehen, mit den anderen Kindern zusammen und tut das, was für Kinder das Normalste der Welt sein sollte: Spielen. Für Millionen Kinder im Sudan ist diese alltägliche Situation jedoch alles andere als selbstverständlich.

Seit im Frühjahr 2023 Kämpfe zwischen Regierungstruppen und paramilitärischen Milizen ausgebrochen sind, geraten Kinder immer wieder zwischen die Fronten. Anstatt zur Schule zu gehen, sich mit Freund*innen zu treffen und zu spielen, mussten Millionen Kinder aus ihrem Zuhause fliehen, sind schwerer Gewalt ausgesetzt und leiden Hunger. Sie erleben keine normale Kindheit – ihre Kindheit ist unter Beschuss. Der brutale Krieg in ihrer Heimat dauert inzwischen seit zwei Jahren an.

Das Ausmaß des Leids, das die Kinder im Sudan aufgrund eines Krieges erleiden, den sie nicht verursacht haben, ist katastrophal. Wir erleben eine Kinderschutzkrise.

Sheldon Yett, Leiter von UNICEF im Sudan
Sheldon Yett_Sudan_UNI626642

Seit Jahrzehnten kommt es im Sudan immer wieder zu bewaffneten Konflikten und Gewalt, die politische Lage ist instabil. Der Sudan ist flächenmäßig der drittgrößte Staat und gleichzeitig eines der ärmsten Länder auf dem afrikanischen Kontinent. Auch schwerwiegende Folgen des Klimawandels wie Dürren und Überschwemmungen treffen Familien im Sudan immer wieder.

Die humanitäre Lage im Land war bereits vor dem aktuellen Krieg dramatisch. Nun hat sich die Not der Familien noch einmal massiv verschärft. Über 15 Millionen Kinder benötigen dringend humanitäre Hilfe – weit mehr Kinder als in ganz Deutschland leben. Von der Gewalt besonders betroffen ist die Region Darfur im Westen des Landes. Aber auch in vielen weiteren Bundesstaaten, zum Beispiel Khartum, Jezira, Kordofan oder Sennar, erleben die Menschen schwere Gewalt.

Was es für Kinder bedeutet, jetzt im Sudan aufzuwachsen, erklären wir anhand von fünf Fakten in diesem Blog:

Fakt 1: In Teilen Sudans herrscht eine Hungersnot

Der Krieg im Sudan hat die schlimmste Hungerskatastrophe weltweit ausgelöst. Die Menschen können aufgrund der Gewalt ihre Felder nicht bestellen, mussten fliehen und immer wieder kommt es zu Plünderungen. Die landwirtschaftliche Produktion im Sudan ist stark eingebrochen.

Im August 2024 wurde in Teilen Nord-Darfurs eine Hungersnot festgestellt, die sich Ende des Jahres auf weitere Gebiete ausbreitete. Von der Hungersnot sind schon jetzt mehr als 600.000 Menschen betroffen und es wird erwartet, dass sie sich auf weitere Regionen ausweitet. Über 700.000 Kinder sind so schwer mangelernährt, dass ihr Leben in akuter Gefahr ist – und diese Zahl wird 2025 weiter ansteigen. Viele dieser Kinder leben in Gebieten, in denen ständig gekämpft wird und die deshalb nur schwer zugänglich sind.

Blog
Die vergessene Krise: Hungerkatastrophe gefährdet Kinder im Sudan

Wenn Mangelernährung nicht rechtzeitig behandelt wird, kann sie schwere Folgen für die Entwicklung der Kinder haben und im schlimmsten Falle sterben Kinder. Auch Jamila fürchtete um ihre Tochter Amna. Beim Hausbesuch eines mobilen Gesundheitsteams wurde der Umfang von Amnas Arm gemessen. Schnell stellte das Team fest, dass das Mädchen mangelernährt war und dringend Hilfe brauchte. Sie wurde sofort zur Behandlung in eine Gesundheitseinrichtung überwiesen und dort mit einer speziellen Erdnusspaste gefüttert therapeutische Zusatznahrung, die viele Kalorien und wichtige Nährstoffe enthält.

Amna_UNI707416

„Amna mag die Erdnusspaste sehr gerne. Ich hoffe, dass sie sich schnell erholt”, berichtet Mutter Jamila.

© UNICEF/UNI707416/Rajab

Unsere Kolleg*innen im Sudan tun alles, um schwer mangelernährte Kinder rasch zu behandeln. Der erste Schritt dafür ist, dass Mangelernährung überhaupt erkannt wird. Dafür untersuchen geschulte Gesundheitshelfer*innen die Kinder. Eltern erhalten Informationen, wie sie ihre Kinder mit allen wichtigen Nährstoffen versorgen können. Damit die Kinder, die tatsächlich von Mangelernährung betroffen sind, schnell wieder zu Kräften kommen, stellt UNICEF lebensrettende, therapeutische Nahrung bereit. 2024 konnte UNICEF mehr als 400.000 schwer mangelernährte Kinder behandeln.

Amna isst die Erdnusspaste sehr gern und ihr Zustand hat sich bereits verbessert, seitdem Jamilia zum ersten Mal mit den Mädchen in die Gesundheitseinrichtung kam. Sie blickt nun hoffnungsvoller in die Zukunft.

Fakt 2: Millionen Kinder im Sudan sind auf der Flucht

Aufgrund der anhaltenden Gewalt im Land mussten unzählige Menschen unter gefährlichsten Bedingungen fliehen. Seit April 2023 haben etwa zwölf Millionen Menschen ihr Zuhause verlassen, um Schutz zu suchen – mehr als die Hälfte von ihnen sind Kinder. Der Sudan hat sich inzwischen zum Schauplatz der weltweit größten Vertreibungskrise für Kinder entwickelt. Auf der Flucht sind Kinder gefährdet, von ihren Eltern getrennt und Opfer von Menschenhandel, Ausbeutung oder Gewalt zu werden.

Kinder im Sudan: Vertriebene Kinder stehen an einer Sammelstelle zusammen.

Kein Ort, der sich nach Zuhause anfühlt: Diese Kinder mussten zusammen mit ihren Familien aus ihrer Heimat fliehen.

© UNICEF/UNI492316/Mohamdeen

Schon vor dem Ausbruch der Gewalt vor zwei Jahren lebten Millionen Menschen im Sudan als Binnenvertriebene in Flüchtlingscamps und Notunterkünften. Viele Unterkünfte sind hoffnungslos überfüllt, es mangelt an Wasser und sanitären Einrichtungen. Die aufgestellten Zelte bieten kaum Schutz vor Regen, Hitze oder anderen Wetterextremen.

Ein Großteil der Menschen ist innerhalb des Sudans vertrieben, viele Familien suchen aber auch in den afrikanischen Nachbarländern wie Tschad, Ägypten oder Südsudan einen sicheren Ort, an dem sie erstmal bleiben können. Familien, die alles zurücklassen mussten, stehen vor dem Nichts. Sie brauchen dringend Unterstützung.

Blog
Kindheit auf der Flucht: Geschichten aus dem Sudan

Ein Fokus der Arbeit von UNICEF im Sudan liegt auf der Hilfe von geflüchteten Menschen. Unsere Kolleg*innen versorgen Kinder und ihre Familien unter anderem mit Trinkwasser, Hygieneartikeln oder Medikamenten. Außerdem richten wir kinderfreundliche Orte ein, in denen Kinder lernen und spielen können und psychosoziale Hilfe erhalten, um das Erlebte zu verarbeiten.

Fakt 3: Gewalt gefährdet Kinder im Sudan

Bei den Kämpfen geraten Kinder immer wieder selbst unter Beschuss. Sie werden schwer verletzt oder getötet, es kommt zu Angriffen auf Schulen oder zu Fällen sexualisierter Gewalt. In einem aktuellen Bericht hat UNICEF festgestellt, dass bereits einjährige Kinder im Sudan vergewaltigt wurden. Auch gibt es Berichte darüber, dass Kinder als Kindersoldatinnen und Kindersoldaten rekrutiert werden.

Blog
Kindersoldaten in Afrika und weltweit: Kindheit zwischen Waffen

Durch den aktuellen Konflikt hat die Gewalt gegen Kinder dramatische Ausmaße angenommen: 2023 verzeichnete der Sudan die höchste Zahl schwerer Kinderrechtsverletzungen seit über einem Jahrzehnt. Diese schweren Kinderrechtsverletzungen setzen Kinder traumatischen Erlebnissen aus und hinterlassen oft tiefgreifende und langanhaltende Spuren.

Kinder im Sudan: Von einem Kind gemaltes Bild zeigt die Gewalt

Die erlebte Gewalt lässt viele Kinder nicht los: Dieses Bild hat ein Kind im von UNICEF eingerichteten Lernzentrum im Al Salam Camp für Binnenvertriebene gezeichnet.

© UNICEF/UNI533129/Mohamdeen

UNICEF setzt alles daran, Kinder vor Gewalt in jeglicher Form zu schützen. Wir helfen zum Beispiel ehemaligen Kindersoldatinnen und Kindersoldaten dabei, den Weg zurück in eine normale Kindheit zu finden. In unseren Programmen unterstützen wir Kinder mit Bildungsangeboten, medizinischer Versorgung und psychosozialer Betreuung. Das hilft ihnen, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten. 2024 hat UNICEF zum Beispiel mehr als 1.500 Lernorte eingerichtet, an denen Kinder lernen können und psychosoziale Hilfe erhalten.

Fakt 4: Krankheitsausbrüche bedrohen das Leben von Kindern

In den vergangenen Monaten ist es im Sudan immer wieder zu schweren Krankheitsausbrüchen gekommen. Der fehlende Zugang zu sauberem Wasser sowie mangelnde Hygiene bedingen, dass Krankheiten sich leichter ausbreiten können. Überschwemmungen während der Regenzeit bringen zusätzliche Gefahren mit sich und haben im Sommer 2024 zu einem Choleraausbruch geführt. Insgesamt sind mehr als drei Millionen Kinder durch Cholera und andere Krankheiten wie Masern, Malaria, Durchfall und Lungenentzündung gefährdet.

Blog
11 Dinge, die Sie über Impfungen wissen sollten

Gleichzeitig haben viele Menschen keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Das Gesundheitssystem im Sudan befindet sich in einer schweren Krise. In den Gebieten, die vom gewaltvollen Konflikt betroffen sind, sind etwa 70 Prozent der Gesundheitseinrichtungen nicht funktionstüchtig. Es fehlt an Medikamenten und medizinischer Ausrüstung. Das Gesundheitspersonal wurde seit Monaten nicht bezahlt.

Wenn Infektionskrankheiten wie Polio, Cholera oder Masern grassieren, sind Kinder gefährdet, lebensbedrohlich zu erkranken, insbesondere mangelernährte Kinder. Denn ihre Körper sind bereits geschwächt und haben der Krankheit wenig entgegenzusetzen.

Sudan: Ein Junge wird gegen Cholera geimpft

Dieser Junge bekommt im Rahmen einer Cholera-Impfkampagne von UNICEF und Partnern einen wichtigten Impfschutz.

© UNICEF/UNI754619/

Unsere Kolleg*innen vor Ort tun alles dafür, Kinder vor Krankheiten zu schützen und trotz der schwierigen Bedingungen Zugang zu Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Um einer Infektion vorzubeugen, hilft UNICEF zum Beispiel dabei, Kinder zu impfen. In den vergangenen Monaten wurden mit der Unterstützung von UNICEF verschiedene Impfkampagnen durchgeführt, unter anderem gegen Cholera und Polio. Ende 2024 haben unsere Kolleg*innen zudem gemeinsam mit den Gesundheitsbehörden und Partnern damit begonnen, Kinder im Sudan erstmals mit dem neuen Malaria-Impfstoff zu impfen.

Fakt 5: Die meisten Schulen im Sudan sind geschlossen

Im Sudan herrscht eine der schlimmsten Bildungskrisen weltweit. Zahlreiche Schulen sind aufgrund der anhaltenden Gewalt geschlossen oder werden als Notunterkünfte für geflüchtete Familien genutzt. Die Folge: Rund 16 Millionen Kinder können nicht zur Schule gehen. Eine ganze Generation von Schüler*innen verpasst wichtige Zukunftschancen.

Die Schule ist gerade in Konfliktzeiten mehr als ein Klassenzimmer: Neben Lesen, Schreiben und Rechnen lernen Kinder dort soziale und emotionale Kompetenzen, die ihnen helfen, Gewalt, Verlust und Traumata zu bewältigen. Außerdem haben viele Kinder über die Schule Zugang zu wichtigen Dienstleistungen wie Schulmahlzeiten, Impfungen oder auch psychosoziale Unterstützung. Kinder, die nicht zur Schule gehen, verpassen nicht nur den Unterricht, sie sind zudem unmittelbaren Gefahren ausgesetzt, darunter Rekrutierung durch bewaffnete Gruppen und sexualisierte Gewalt.

Kinder im Sudan: Kinderrechtsaktivistin Fiyha setzt sich für den Schutz von Mädchen ein

Bild 1 von 2 | Fiyha ist Kinderrechtsaktivistin. Die Schülerin setzt sich für den Schutz von Mädchen ein.

© UNICEF/UNI502083/Mohamdeen;
Kinder im Sudan: Kinderrechtsaktivistin Fiyha klärt Mütter über die Gefahren von FGM auf.

Bild 2 von 2 | Fiyha klärt Mütter und weitere Betreuungspersonen in ihrer Gemeinde über die Gefahren für Mädchen durch eine frühe Heirat und Genitalverstümmlung auf.

© UNICEF/UNI502107/Mohamdeen

Für Mädchen ist die Schule ein sicherer Ort, an dem sie Hilfsangebote zum Schutz vor Kinderheirat oder Genitalverstümmlung erhalten. Jetzt, wo Schulen geschlossen haben, scheint die Unterstützung für viele unerreichbar. Die dreizehnjährige Kinderrechtsaktivistin Fiyha gibt nicht auf: „Viele Leute glauben, dass wir heiraten sollten, weil die Schulen geschlossen sind. Aber wir sagen: Ob es nun eine Schule gibt oder nicht, wir werden mit den Aufklärungsaktionen in Krankenhäusern, Nachbarschaften oder bei gesellschaftlichen Veranstaltungen weitermachen."

UNICEF arbeitet unermüdlich daran, dass alle Kinder Zugang zu Bildung erhalten. In neu eingerichteten Lernzentren erhalten Kinder Lernmaterialien wie Stifte und Schulbücher und können Unterrichtsstoff aufholen. UNICEF setzt sich darüber hinaus zusammen mit Partnern vor Ort dafür ein, dass Schulen wieder sicher öffnen können.

Sudan-Krieg: Kinder lernen in einem Lernzentrum Englisch

Diese Kinder lernen gerade Englisch in einem Lernzentrum in einem Camp für Geflüchtete im Bundesstaat Gedaref.

© UNICEF/UNI756099/Abdulmajid

Die Kinder im Sudan brauchen dringend Hilfe!

UNICEF ist seit mehr als 70 Jahren im Sudan vor Ort, um die Kinder und ihre Familien zu unterstützen. Auch in der aktuellen, schwierigen Situation setzen wir alles daran, die Grundversorgung der Kinder aufrechtzuerhalten. Unsere Kolleg*innen leisten sowohl Hilfe in Regionen, in die Familien vor der Gewalt fliehen, als auch in den Konfliktgebieten.

Wir brauchen Ihre Unterstützung, um den Kindern und Familien ausreichend helfen zu können. Leider ist die Aufmerksamkeit für die Situation der Kinder im Sudan viel zu gering. Und doch ist die Not der Menschen so groß, dass wir die Hilfe dringend ausweiten müssen.

Vielen Dank, dass Sie uns mit Ihrer Spende helfen. Jeder Beitrag zählt!

InfoWas bedeutet es für Kinder, im Krieg aufzuwachsen?

Krieg bedroht Kinder heute in einem alarmierenden, nie dagewesenen Maß: 2023 haben die Vereinten Nationen in Kriegs- und Konfliktgebieten so viele schwere Kinderrechtsverletzungen verzeichnet wie nie zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg.

In unserem Blog widmen wir uns immer wieder der Situation von Kindern im Krieg und blicken auf die für Kinder gefährlichsten Orte. Doch wir teilen auch gute Nachrichten und zeigen, wie wir von UNICEF dank unserer Unterstützer*innen Kindern wirksam helfen können. Lesen Sie zum Beispiel, wie es ist, jetzt Kind in Gaza zu sein oder wie ehemalige Kindersoldaten und Kindersoldatinnen mit UNICEF-Hilfsprogrammen eine neue Chance im Leben bekommen.

Auf unserer Webseite finden Sie auch weitere, übergreifende Informationen zum Thema "Kindheit im Krieg."

Stefanie Hack (1)
Autor*in Stefanie Hack

Stefanie Hack arbeitet als Redakteurin mit dem Fokus Nothilfe. Im Blog schreibt sie über die weltweite Arbeit von UNICEF und entwicklungspolitische Themen.