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Gut zu wissen

Alle Fragen und Antworten zum Thema Polio

Polio gilt weltweit als nahezu ausgerottet, aber trotzdem erkranken noch immer Kinder an der Krankheit. In diesem Blog erklären wir Ihnen alles, was Sie über Poliomyelitis, auch bekannt als Kinderlähmung, wissen müssen und was UNICEF im Kampf gegen die Krankheit unternimmt.


von Stefanie Hack_Autorin

Die Polio-Krankheit (Poliomyelitis)

Vielleicht haben Sie im August von einem besonders tragischen Fall gehört: Bei einem wenige Monate altem Baby im Gazastreifen wurde Polio diagnostiziert – und das, obwohl der Gazastreifen seit 25 Jahren als poliofrei galt. Doch die Impfquote ist seit Beginn des Krieges dramatisch gesunken. Das Baby erlitt Lähmungen an seinen Beinen. Dieses Schicksal macht deutlich, wie dringlich Polio-Impfkampagnen sind, besonders in einem der gefährlichsten Gebiete der Welt.

Trotz zerstörter Infrastruktur und unterbrochener Versorgungswege brachte UNICEF im August 2024 über 1,6 Millionen Impfdosen in den Gazastreifen und impfte im September in einer ersten Impfrunde rund 560.000 Kinder unter zehn Jahren gegen Polio. Auf dem Foto hier sehen Sie, wie ein Kleinkind nach dem anderen geimpft wird. Im Oktober steht die nächste Impfrunde an, bei der mobile Teams erneut lebensrettende Impfungen zu den Kindern bringen – in speziell gekühlten Transporten, um die Impfdosen zu schützen.

Polio-Impfkampagne in Gaza

Gaza: Ein Kleinkind wird in einer Impfstation in Az-Zawayda gegen Polio geimpft.

© UNICEF/UNI636685/El Baba

Was ist Polio beziehungsweise Kinderlähmung und wie wird die Krankheit übertragen?

Poliomyelitis (als Polio abgekürzt) ist eine hoch ansteckende akute Infektionskrankheit, die das zentrale Nervensystem angreifen und zu schweren Behinderungen oder zum Tod führen kann. Das Virus kann in das Gehirn und Rückenmark einer infizierten Person eindringen und zu unterschiedlichen Krankheitsverläufen führen.

Polioviren, die zu den Enteroviren gehören, können bei ungeimpften Personen zu einer paralytischen Form der Kinderlähmung führen, die Muskelschwäche und dauerhafte Lähmungen verursacht. Eine regelmäßige Auffrischung der Impfung ist entscheidend, um die Immunität gegen Polio aufrechtzuerhalten und das Wiederauftreten von Poliofällen zu verhindern.

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Welche Polio-Symptome gibt es?

Typisch sind vor allem die bleibenden Lähmungen, die der Polio-Erreger hervorrufen kann. Übertragen wird die Krankheit über Schmierinfektionen von Mensch zu Mensch. Eine von 200 Infektionen verursacht dauerhafte Lähmungen, die vor allem in den Beinen auftreten.

Die Krankheit kann tödlich verlaufen, wenn die Atemmuskulatur betroffen ist. Da insbesondere Kinder unter fünf Jahren gefährdet sind, wird Polio auch als „Kinderlähmung“ bezeichnet.

Ist Polio heilbar?

Polio ist nicht heilbar. Es gibt jedoch effektive Impfungen, die vor einer Infektion schützen. Diese Impfungen sind entscheidend, um die Verbreitung des Virus zu verhindern, da es keine Heilung gibt, wenn die Krankheit einmal ausgebrochen ist. Auffrischungsimpfungen sind ebenfalls wichtig, um den Schutz gegen Polio aufrechtzuerhalten.

Ist Polio für Erwachsene gefährlich?

Zwar sind Kinder besonders gefährdet, aber auch Erwachsene können sich mit dem Virus anstecken, wenn sie keinen ausreichenden Impfschutz haben. Wie bei Kindern kann die Krankheit auch bei Erwachsenen zu Lähmungen führen, denn es gibt keine Medikamente zur Behandlung.

Polio-Fälle weltweit: Verbreitung der Kinderlähmung

Wurde Polio ausgerottet?

Die gute Nachricht ist: Die gefährliche Kinderlähmung ist fast ausgerottet – Impfungen sei Dank. Seit dem Jahr 2000 wurden mehr als 2,5 Milliarden Kinder geimpft und die Zahl der Polio-Fälle ist um 99 Prozent zurückgegangen. Viele Länder gelten dank einer hohen Grundimmunisierung und Auffrischungsimpfungen als poliofrei.

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Zwei der drei wilden Poliovirus-Stämme konnten erfolgreich ausgerottet werden. Typ 2 wurde 2015 als ausgerottet zertifiziert und im Oktober 2019 wurde die Ausrottung des wilden Polio-Typs 3 bestätigt. Typ 1 der wilden Poliovariante ist nur noch in zwei Ländern endemisch: Afghanistan und Pakistan. Wir stehen also kurz davor, die Krankheit vollständig auszurotten.

In welchen Ländern gibt es noch Kinderlähmung?

Pakistan und Afghanistan sind die letzten beiden verbliebenen Länder der Welt, in denen die Krankheit endemisch ist, das heißt, dass sie dort fortwährend auftritt.

Ein Baby bekommt eine Polio-Impfung.

In Pakistan erhält ein Baby eine Polio-Impfung.


© UNICEF/U.S. CDC/Unique Identifier/Saiyna Bashir

Aber auch in Ländern auf dem afrikanischen und asiatischen Kontinent erkranken Kinder weiterhin an Polio. Die Mehrheit dieser Kinder lebt in den ärmsten und abgelegensten Gemeinden mit einem begrenzten Zugang zu lebensrettenden Impfungen und Gesundheitsdiensten.

Sudan: Zwei Impfhelferinnen klopfen an einer Tür

Zwei Gesundheitshelferinnen gehen im Sudan von Haus zu Haus, um Kinder gegen Polio zu impfen. Frauen spielen eine zentrale Rolle bei Impfkampagnen, weil sie oft am besten in der Lage sind, andere Frauen und Kinder zu erreichen.



© UNICEF/UN0822654/Mojtba Moawia Mahmoud

Trotz der immensen Fortschritte bei der weltweiten Ausrottung der Kinderlähmung erhalten Millionen Kinder also noch immer keine Impfung. Ursachen sind neben einem eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsdiensten auch Konflikte, Klimakatastrophen oder zuletzt die Corona-Pandemie, die zu Verzögerungen oder Unterbrechungen von Impfkampagnen führen.

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Drei Pandemiejahre haben zum größten anhaltenden Rückgang der Routineimpfungen seit 30 Jahren geführt. Während der Corona-Pandemie kam es zu einer viermonatigen Aussetzung der Polio-Kampagnen in mehr als 30 Ländern. Millionen Kinder erhielten keinen Impfschutz. Beispielsweise verpassten 2021 6,7 Millionen mehr Kinder die dritte Dosis der Impfung gegen Polio im Vergleich zu 2019.

Im Jahr 2022 traten neue Polio-Fälle in Ländern auf, die jahrzehntelang poliofrei waren, wie zum Beispiel in Malawi, Israel und den USA. Diese Fälle erinnern uns daran, dass Kinder in allen Ländern so lange gefährdet sind, bis alle Formen von Polio verschwunden sind. Wir müssen alles tun, um dieses Ziel zu erreichen.

Kinderlähmung in Deutschland

Deutschland ist seit den 1990er-Jahren frei von Polio. 1992 wurden die letzten beiden importierten Fälle registriert. Da die Krankheit bis zur Einführung der Polio-Impfung in den 1960er-Jahren aber weit verbreitet war, gibt es auch heute noch polio-infizierte Menschen in Deutschland, die unter den Spätfolgen ihrer Virus-Erkrankung leiden.

Die Impfung gegen Kinderlähmung

Was ist die Polio-Impfung und welche Impfstoffe gibt es?

Es gibt zwei Polio-Impfstoffe: den oralen Lebendimpfstoff und den inaktivierten Impfstoff. Beide sind wirksam und sicher und werden weltweit in unterschiedlichen Kombinationen eingesetzt, je nach den örtlichen epidemiologischen und programmatischen Gegebenheiten, um den bestmöglichen Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten.

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Bei der Schluckimpfung handelt es sich um einen Lebendimpfstoff, der lebende, aber abgeschwächte Polio-Viren enthält, die noch vermehrungsfähig sind und mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Kontaktpersonen können sich daran infizieren und bilden im Normalfall selbst Antikörper gegen das Virus. Die orale Polio-Impfung ist kostengünstig und einfach zu verabreichen, aber sehr wirksam. Nur zwei Tropfen des Impfstoffs, verabreicht über mehrere Dosen, immunisieren ein Kind gegen Polio.

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Ein Gesundheitshelfer markiert den Finger des 3-Jährigen Fisten aus der Demokratischen Republik Kongo, nachdem er eine Impfung gegen Polio bekommen hat.

© UNICEF/UNI423780/Benekire

In Deutschland wird ein Impfstoff mit inaktivierten („toten“) Polio-Viren in Form einer Spritze verabreicht. Kinder werden schon als Säuglinge gegen Kinderlähmung geimpft. Sie erhalten den Impfstoff erstmals im Alter von acht Wochen, die zweite und dritte Dosis ebenfalls noch im ersten Lebensjahr. Nach diesen drei Impfdosen haben sie eine vollständige Grundimmunisierung. Im Vorschulalter und als Jugendliche benötigen sie Auffrischungsimpfungen. Der Impfschutz durch die Polio-Impfung hält danach etwa zehn Jahre an.

Poliovirus: Was ist der Unterschied zwischen "wilder Polio" und der so genannten "Impf-Poliomyelitis"?

Als "wilde Polio" bezeichnet man das natürlich vorkommende Polio-Virus. Die so genannte "Impf-Poliomyelitis" dagegen ist die Form der Erkrankung, die unter sehr speziellen Bedingungen durch die orale Polio-Impfung selbst ausgelöst werden kann. Sie kommt nur dann vor, wenn zu wenige Menschen innerhalb einer Gemeinschaft einen Impfschutz haben und wenn sie darüber hinaus in schlechten hygienischen Verhältnissen leben. Der Grund: Wenn Kontaktpersonen, die sich an den abgeschwächten Polio-Viren infizieren, die über den Stuhl ausgeschieden werden, keine Antikörper bilden, kann das Virus mutieren und damit neue Polio-Infektionen auslösen. Nicht der orale Polio-Impfstoff ist also das Problem, sondern die zu geringe Impfquote in einer Region.

Wie wird Kinderlähmung behandelt?

Bislang gibt es kein Medikament zur Behandlung von Polio. Kinderlähmung ist nicht heilbar und kann nur durch eine Impfung vorgebeugt werden. Deshalb ist es so wichtig, jedes Kind in jedem Land der Welt mit dem Polio-Impfstoff vor der gefährlichen Krankheit zu schützen.

Was unternimmt UNICEF im Kampf gegen Kinderlähmung?

Die Globale Initiative zur Ausrottung von Polio

Die Globale Initiative zur Ausrottung der Kinderlähmung (Global Polio Eradication Initiative, GPEI) wurde 1988 mit dem Ziel gegründet, jedes Kind in jedem Land mit dem Polio-Impfstoff zu schützen. Die GPEI wird von nationalen Regierungen geleitet und von sechs Partnern unterstützt – UNICEF, der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Rotary International, den U.S. Centers for Disease Control and Prevention (CDC), der Bill and Melinda Gates Foundation (BMGF) und der Impfallianz GAVI. Die GPEI ist die weltweit größte Initiative im Bereich der öffentlichen Gesundheit.

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Kein Weg zu weit: Wie UNICEF Kinder in jedem Winkel der Welt impft

Die Rolle von UNICEF in der GPEI

UNICEF organisiert die Beschaffung und Verteilung von über einer Milliarde Dosen von Polio-Impfstoffen jährlich und beschafft Gefrierräume, Kühlräume, Kühlschränke, Kühlboxen oder Temperaturüberwachungsgeräte, sodass Impfstoffe sicher gelagert und transportiert werden. UNICEF-Mitarbeitende schulen Gesundheitspersonal im Umgang mit der Kühlkette, damit Impfstoffe während des langen Transportes und der Lagerung sicher sind. UNICEF hilft außerdem dabei, jährlich etwa 400 Millionen Kinder zu impfen.

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Oneka Alfred (rechts) und sein Kollege Businge Solomon bereiten sich auf ihre Haus-zu-Haus-Impfungen vor. Die Impfstoffe werden in mit Kühlakkus gepolsterte Impstoffträger gelegt, damit sie gekühlt bleiben.

© UNICEF/UN0634694/Tibaweswa

Erfolge im Kampf gegen den Poliovirus

Seit dem Start der Globalen Initiative zur Ausrottung von Polio 1988 wurden mehr als 2,5 Milliarden Kinder geimpft, die Zahl der an Polio erkrankten Menschen ist um 99,9 Prozent zurückgegangen und zwei der drei Typen des wilden Polio-Virus wurden ausgerottet. Während der Corona-Pandemie hat sich darüber hinaus gezeigt, welche Bedeutung die für Polio-Impfungen geschaffene Infrastruktur, Personal und Know-how auch für die Bekämpfung anderer Gesundheitsnotfälle haben.

  • 900.000
    poliobedingte Todesfälle

    wurden verhindert

  • 2,5 Mrd
    Kinder welweit

    wurden gegen Polio geimpft

  • 99 %
    weniger Polio-Fälle

    gibt es seit 1988

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Autor*in Stefanie Hack

Stefanie Hack ist Teil des Presseteams und Redakteurin mit dem Fokus Nothilfe. Im Blog schreibt sie über die weltweite Arbeit von UNICEF und entwicklungspolitische Themen.