Pressemitteilung

Sexualisierte Gewalt im Sudan: Bereits einjährige Kinder vergewaltigt

UNICEF ruft zu Schutz und Unterstützung für Kinder im Sudan auf 

New York / Köln

Inmitten des Konflikts im Sudan vergewaltigen und vergreifen sich bewaffnete Männer an Kindern, darunter auch Kleinkinder im Alter von nur einem Jahr.

Ein neuer UNICEF-Bericht mit Datenerhebungen zu geschlechtsspezifischer Gewalt im Sudan zeichnet ein erschütterndes Bild des unfassbaren Leids, dem Kinder ausgesetzt sind. Seit Anfang 2024 wurden bereits 221 Fälle sexualisierter Gewalt gegen Kinder dokumentiert.

Diese Zahl stellt jedoch nur einen Bruchteil der tatsächlichen Fälle dar. Viele Überlebende und ihre Familien sind aus unterschiedlichen Gründen nicht bereit oder nicht in der Lage, sich zu melden. Oft ist der Zugang zu Hilfsangeboten erschwert, auch die Angst vor Stigmatisierung oder die Sorge, von der eigenen Familie oder der Gemeinde abgelehnt zu werden, spielen eine Rolle. Hinzu kommt die Befürchtung, Opfer von Vergeltungsmaßnahmen durch bewaffnete Gruppen zu werden oder dass Schweigepflichten nicht eingehalten werden.

„Wenn Kinder im Alter von nur einem Jahr von bewaffneten Männern vergewaltigt werden, sollte dies jeden von uns bis ins Mark schockieren und zum sofortigen Handeln bewegen“, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. „Millionen von Kindern im Sudan sind dem Risiko von Vergewaltigungen und anderen Formen sexualisierter Gewalt ausgesetzt, die als Kriegstaktik eingesetzt werden. Dies ist ein grauenhafter Verstoß gegen das Völkerrecht und könnte ein Kriegsverbrechen darstellen. Die Gewalt muss aufhören.”

Von den 221 gemeldeten Vergewaltigungen an Kindern und Jugendlichen sind in 147 Fällen Mädchen betroffen – dies entspricht 66 Prozent. Rund 33 Prozent der Betroffenen sind Jungen. Auch sie sind Stigmatisierung sowie besonderen Herausforderungen bei der Meldung der Gewalttaten, und der Suche nach sowie dem Zugang zu Hilfsangeboten konfrontiert. Besonders schockierend ist, dass 16 der betroffenen Kinder unter fünf Jahre alt sind; vier von ihnen sind erst ein Jahr alt. Gemeldet wurden die Fälle aus neun Bundesstaaten des Sudan, vom Süden bis zum Norden und vom Osten bis zum Westen. Zusätzlich wurden 77 Fälle sexualisierter Gewalt gegen Kinder gemeldet, bei denen es sich hauptsächlich um versuchte Vergewaltigungen handelt.

Die brutale Realität dieser Gewalt und die Angst, ihr zum Opfer zu fallen, zwingen Frauen und Mädchen dazu, ihr Zuhause und ihre Familien zu verlassen und in andere Städte zu fliehen, wo sie oft in informellen Unterkünften oder in Gemeinden mit knappen Ressourcen Schutz suchen. Das Risiko sexualisierter Gewalt ist auch in diesen Gemeinden hoch, insbesondere gegenüber vertriebenen Kindern.

Auch wenn die verheerenden Auswirkungen sexualisierter Gewalt häufig im Verborgenen bleiben, kann sie tiefgreifende und langanhaltende Narben hinterlassen. Dazu zählen schwerwiegende psychische Traumata, erzwungene Isolation oder der Verlust von familiärer Unterstützung aufgrund sozialer Stigmatisierung, ungewollte Schwangerschaften, sexuell übertragbare Infektionen, schwere körperliche Verletzungen und weitere gesundheitliche Komplikationen.

Gemeinsam mit Partnern sorgt UNICEF für sichere Orte, an denen Betroffene geschlechtsspezifischer Gewalt betreut werden. Darüber hinaus unterstützt UNICEF die Integration von Hilfsangeboten in die Gesundheitsversorgung, beispielsweise in Gesundheitszentren und mobilen Kliniken, sowie die Bereitstellung der erforderlichen medizinischen Versorgung. UNICEF schult soziale und medizinische Fachkräfte und Psycholog*innen, die in ganz Sudan gemeindenahe Hilfsangebote im Bereich der psychischen Gesundheit und psychosozialen Unterstützung bereitstellen. In den Gemeinden trägt UNICEF dazu bei, schädliche gesellschaftliche Normen und Praktiken zu adressieren.

„Die weit verbreitete sexualisierte Gewalt versetzt die Menschen im Sudan, insbesondere Kinder, in Angst und Schrecken“, sagte Russell. „Die Konfliktparteien und diejenigen, die Einfluss auf sie haben, sollten alles dafür tun, um diesen schweren Kinderrechtsverletzungen ein Ende zu setzen. Die Narben des Krieges sind unermesslich und haben langanhaltende Auswirkungen.“

UNICEF ruft erneut dazu auf:

  • Die sudanesische Regierung und alle Konfliktparteien müssen ihren Verpflichtungen gemäß dem humanitären Völkerrecht und den Menschenrechten nachkommen und die Zivilbevölkerung, insbesondere Kinder, schützen.
  • Geschlechtsspezifische Gewalt, einschließlich sexualisierter Gewalt als Kriegstaktik, muss umgehend beendet werden.
  • Anlaufstellen, Fachkräfte und die Grundversorgung müssen geschützt werden, damit sie ihre lebensrettende Arbeit fortsetzen können.
  • Humanitäre Helferinnen und Helfer müssen in der Lage sein, lebensrettende Hilfe und Maßnahmen sicher zu leisten, und Familien müssen sicheren Zugang zu der Unterstützung haben, die sie dringend benötigen.

Service für die Redaktionen:

Der vollständige Bericht steht hier zur Verfügung.

Zwischen Dezember 2024 und Januar 2025 dokumentierte UNICEF aus erster Hand Dutzende Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt, darunter auch Fälle, in denen Kinder sexualisierte Gewalt überlebten. Diese Taten wurden während Angriffen auf Städte, auf der Flucht und in der Gefangenschaft durch bewaffnete Männer verübt.

Video- und Bildmaterialien stehen hier für die Berichterstattung zur Verfügung.

*Anmerkung zu den Daten: Obwohl die Daten-Stichproben nicht sehr groß sind, bieten sie dennoch einen wichtigen Einblick in die erheblichen Risiken, denen Frauen und Kinder ausgesetzt sind. Sie verdeutlichen zudem den dringenden Bedarf an zusätzlichen Investitionen in Hilfsangebote für Betroffene sowie an sicheren, ethischen Konzepten zum Schutz der Daten von Betroffenen.

UNICEF ruft dringend zu Spenden für die Kinder im Sudan auf.

Christine Kahmann

Christine KahmannSprecherin - Nothilfe

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