So hilft UNICEF den Kindern in Gaza
Die humanitäre Lage der Kinder in Gaza ist katastrophal. Es fehlt am Nötigsten: Trinkwasser, Lebensmittel, Medikamente für verletzte Kinder. UNICEF ist weiter vor Ort. Doch welche Hilfe ist aktuell überhaupt möglich? Welche Herausforderungen gibt es? Und kommt die Hilfe bei den Kindern an?
Für die Kinder in Gaza ist jeder Tag ein Kampf ums Überleben. Vom Himmel fallen Bomben, Feuer, Zerstörung. In dem Wasser, das sie trinken, lauern lebensgefährliche Krankheiten. Lebensmittel gibt es nahezu keine mehr. Im Norden Gazas steht eine Hungersnot unmittelbar bevor, warnen Expert*innen. Schon jetzt sterben Kinder an den Folgen von Hunger.
Die Kinder können nichts für den Krieg. Sie brauchen und haben ein Recht auf humanitäre Hilfe. Wir von UNICEF sind weiter im Gazastreifen vor Ort und tun alles, um die Kinder mit lebenswichtiger Hilfe zu erreichen.
Viele Menschen fragen uns: Welche Hilfe ist aktuell im Gazastreifen überhaupt möglich? Und kommt sie bei den Kindern an? Hier geben wir einen Überblick, welche Unterstützung UNICEF derzeit leisten kann und vor welchen Herausforderungen wir stehen.
Fakten zur UNICEF-Hilfe für Kinder in Gaza
Kampf gegen Hunger und Mangelernährung: UNICEF versorgt Kinder in Gaza mit therapeutischer Zusatznahrung
Ahmad, den Sie oben auf dem Foto sehen, ist fünf Jahre alt. Geduldig wartet er in der Menge bei einer öffentlichen Essenausgabe in Rafah im Süden des Gazastreifens. Sein kleiner Bruder ist bei ihm, er ist nicht mit auf dem Foto. "Wir warten, bis wir dran sind", sagt Ahmad. "Ich hoffe, wir bekommen etwas zu essen, wir haben beide Hunger."
Kein Fünfjähriger sollte sich die Sorgen machen müssen, die Ahmad sich macht. Der jüngste IPC-Bericht (Integrated Food Security and Nutrition Phase Classification) kommt zu dem Ergebnis, dass die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens – rund 2,2 Millionen Menschen – akuten Hunger auf Krisenniveau oder schlimmer leidet. Im Norden Gazas stehe eine Hungersnot unmittelbar bevor, warnen die Expert*innen.
UNICEF liefert therapeutische Zusatznahrung für mangelernährte Kinder sowie Vitamine, Mineralien gegen Eisenmangel und proteinhaltige Kekse, um die Ernährung von Kindern und schwangeren sowie stillenden Frauen zu unterstützen. Zwischen Oktober 2023 und März 2024 konnten wir mehr als 43.000 Kinder und 21.000 Schwangere mit Zusatz- oder Spezialnahrung versorgen. Rund 555.000 Frauen erhielten Mikronährstoffpulver.
Für akut mangelernährte Kinder ist schnelle Hilfe überlebenswichtig. Wir von UNICEF haben es geschafft, unser Programm gegen Mangelernährung auszuweiten. Im gesamten Gebiet des Gazastreifens betreiben wir mit unseren Partnern 58 Zentren, in denen mangelernährte Kinder behandelt werden und Spezialnahrung bekommen.
UNCEF versorgt Kinder in Gaza mit Trinkwasser
Die Wasserkanister stehen in einer langen Schlange ordentlich aufgereiht. Die Menschen in der Notunterkunft haben sie abgestellt, während sie auf eine Trinkwasser-Lieferung warten.
Aktuell gibt es kaum sauberes Wasser im Gazastreifen. Normalerweise wird es aus den Nachbarländern eingeführt und dann verkauft. Zudem gibt es Anlagen, die das Salzwasser aus dem Mittelmeer zu Trinkwasser aufbereiten. Doch derzeit kommen kaum Handelswaren – also Güter, die auf dem freien Markt verkauft werden – in den Gazastreifen. Dies betrifft auch lebenswichtige Güter wie Trinkwasser. Die Entsalzungsanlagen sind teils zerstört oder können nicht mehr betrieben werden, unter anderem weil viele Mitarbeitende vor den Bomben fliehen mussten.
Die Kinder und Familien sind deshalb darauf angewiesen, dass Trinkwasser als humanitäres Hilfsgut in den Gazastreifen gebracht wird. Wir von UNICEF liefern Wasserflaschen und unterstützen den Transport von Wasser per Lkw in die Notunterkünfte. Zudem liefert UNICEF Treibstoff für Brunnenpumpen und die verbliebenen Entsalzungsanlagen, um die Wasserversorgung zu stützen. Wir liefern auch Ersatzteile, um beschädigte Anlagen und Leitungen zu reparieren. Doch diese wichtigen Reparaturen können nur durchgeführt werden, wenn es keine Angriffe gibt.
Mitte März hat UNICEF beispielsweise im Rahmen der UN-Zusammenarbeit rund 132.000 Liter Treibstoff für Brunnenpumpen und Wasser-Entsalzungsanlagen geliefert, um mehr als 1,6 Millionen Menschen – darunter 816.000 Kinder – mit Wasser zur versorgen. Gleichzeitig fordern wir die Wiederaufnahme des Handels. Die Menschen müssen schnell wieder die Möglichkeit haben, zum Beispiel Nahrungsmittel und Trinkwasser auf dem Markt zu erwerben.
UNICEF bringt lebenswichtige Hilfsgüter zu den Kindern – unter schwierigen Bedingungen
Spezialnahrung gegen Mangelernährung und Trinkwasser gehören sicher zu den wichtigsten Hilfsgütern, die wir mit Lastwagen in den Gazastreifen bringen. Seit dem 21. Oktober 2023 waren es bereits mehr als 620 Lkw-Ladungen (Stand 10. April 2024).
Doch bei der Lieferung und Verteilung der Hilfsgüter stehen unsere Kolleg*innen vor Ort immer wieder vor Herausforderungen.
Meine Kollegin Tess Ingram hat den Gazastreifen im Januar und dann erneut im April besucht. Im Video skizziert sie beispielhaft einen der komplizierten Wege, den Hilfsgüter in den Gazastreifen nehmen und erklärt, warum die Lieferung oft sehr lange dauert. Wir fordern dringend sicheren und zuverlässigen Zugang für humanitäre Hilfe!
Schutz vor Krankheiten: UNICEF liefert Hygieneartikel nach Gaza
Um die Kinder vor Krankheiten wie Durchfall zu schützen, ist neben sauberem Trinkwasser auch Hygiene entscheidend. Deshalb versorgen wir Familien mit Seife und von uns zusammengestellten Hygienesets. Die Sets enthalten unter anderem Duschgel und Zahnpasta sowie zum Beispiel Windeln, Periodenprodukte und Waschmittel.
Bis zum 20. Dezember 2023 hat UNICEF 130.000 Hygienesets sowie Seife bereitgestellt. Rund 189.000 Menschen wurden mit Hygieneartikeln und mehr als 400.000 Menschen mit Hygiene- und Sanitärdiensten, beispielsweise mobilen Toiletten, erreicht.
Gute Nachricht im März: UNICEF liefert Inkubatoren für Frühchen
Sie sind die wohl jüngsten Leidtragenden des Krieges in Gaza: Babys, die jetzt dort geboren werden. Sie alle brauchen Schutz. Ganz besonders diejenigen Babys, die zu früh auf die Welt kommen und deshalb oder aus anderen Gründen auf medizinische Geräte angewiesen sind.
In Gaza sind viele Krankenhäuser zerstört, und denjenigen, die noch geöffnet sind, fehlt es oft an Medikamenten und medizinischer Ausrüstung. Wir von UNICEF liefern seit Beginn des Krieges diese lebenswichtigen Hilfsgüter in den Gazastreifen. Mitte März gab es eine sehr gute Nachricht: Gemeinsam mit Partnerorganisationen konnten wir 50 Inkubatoren für Frühchen in die Krankenhäuser Emirati, Al Aqsa und Gaza European bringen.
Vorher lagen bis zu fünf Babys in einem Inkubator, was ein hohes Risiko für Infektionen bedeutete. Die neu gelieferten Geräte können die Leben Hunderter Kinder retten. Kinder, die nichts für den furchtbaren Krieg können, in den sie hineingeboren wurden und die jeden Schutz verdienen. Im Video erklären Ihnen die Ärzt*innen, wie wichtig die Inkubatoren sind:
Wir von UNICEF fordern von allen Beteiligten in diesem Krieg die Sicherung der medizinischen Versorgung, um den Ausbruch von Krankheiten zu verhindern und die Versorgung von Kranken, Verwundeten und anderen Menschen, die medizinische Hilfe brauchen – wie etwa neugeborene Babys – zu gewährleisten.
Die Inkubatoren sind nur ein Beispiel für die medizinische Ausrüstung, die UNICEF in den Gazastreifen liefert. In der Woche vom 4. bis 10. Januar 2024 beispielsweise konnte UNICEF medizinische Hilfsgüter liefern, die laut Plan die Bedarfe von 120.000 Menschen für drei Monate stillen können. Es handelt sich um dringend benötigte Medikamente und medizinische Ausrüstung für Gesundheitsstationen und Krankenhäuser, darunter Hilfsgüter für Neugeborene, Ausrüstung für Hebammen und Medikamente gegen Durchfallerkrankungen.
UNICEF erreicht Kinder in Gaza mit wichtigen Routine-Impfungen
Durch Krieg und Flucht sind in Gaza viele Kinder in Gefahr, wichtige Impfungen zu verpassen. Krankheiten wie Masern und Polio könnten sich ausbreiten.
Wir von UNICEF sind im Einsatz, um die Kinder trotz des Krieges vor diesen vermeidbaren Krankheiten zu schützen. Immer wieder gelingt es uns, Impfstoffe zu liefern, zum Beispiel gegen Masern, Lungenentzündung und Polio.
In der ersten Märzwoche 2024 zum Beispiel konnte UNICEF Impfstoffe in den Norden Gazas bringen, darunter 5.000 Impfdosen gehen Masern, Mumps und Röteln, 12.000 Dosen des inaktivierten Polioimpfstoffs sowie 24.000 Dosen des oralen Polioimpfstoffs
Nun geht es darum, die gelieferten Impfstoffe zu nutzen und die Kinder zu impfen. In der Bilderstrecke sehen Sie Samaheer, eine Krankenschwester, die für die Impfkampagne arbeitet. "Aktuell impfen wir Babys, die erst eine Woche alt sind, gegen Hepatitis B", erzählt sie. "Jeden Tag erreichen wir zwischen 200 und 250 Kinder mit Impfungen. Das ist eine gute, wichtige Zahl angesichts der sehr herausfordernden Bedingungen."
UNICEF hilft den Kindern in Gaza, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten
Was die Kinder in Gaza derzeit erleben, können wir uns kaum vorstellen. Es ist furchtbar. Sie haben Angst vor Bomben und Feuer, erleben, wie ihre Eltern, Geschwister und Freund*innen sterben und werden selbst verletzt. Sie leben in notdürftigen, überfüllten Unterkünften, es gibt kaum etwas zu essen, kaum Wasser, zu wenige Toiletten und Duschen. Der Krieg und die Folgen im Gazastreifen können für die Kinder traumatisierend sein.
Wir von UNICEF organisieren gemeinsam mit unseren Partnern Spiel- und Sportaktivitäten in Notunterkünften. Dieses Angebot ersetzt keine Therapie; und einige Kinder bräuchten nachhaltige psychologische Betreuung. Doch dies ist in der aktuellen Kriegssituation kaum machbar. Deshalb bieten wir den Kindern zumindest einige unbeschwerte, spielerische Momente, etwas Ablenkung und Normalität inmitten der Gewalt.
Beim Spielen können die Kinder ihre schrecklichen Erlebnisse verarbeiten und für eine Weile einfach Kind sein. | © UNICEF/El Baba
Zwischen Oktober 2023 und Februar 2024 hat UNICEF mehr als 70.000 Kinder mit psychosozialer Hilfe erreicht (Stand Februar 2024). Auch Aufklärung über die Gefahren von Minen findet statt.
UNICEF unterstützt Familien in Gaza mit Bargeldhilfen
Mahmoud und seine Frau Eman leben in einem Camp für Geflüchtete in Rafah im Süden des Gazastreifens. Das Paar hat sechs Kinder: Die sechs Jahre alten Zwillinge Salah und Ameer (vorne links), den zehn Jahre alten Mohammed (hinten), Yamen (anderthalb, im Arm der Mutter), Dalia (9, zweite von rechts) und Maria (4, ganz rechts).
Zusammen sind sie aus ihrem Zuhause geflohen, haben im Süden Schutz gesucht vor den Bomben. "Immer, wenn ich laute Explosionen höre, laufe ich zu meiner Mama und muss weinen", sagt der sechs Jahre alte Salah.
Die Familie ist eine von denen, die UNICEF mit Bargeldhilfen unterstützt. Zuletzt haben wir von UNICEF unser Programm zur Auszahlung von Bargeldhilfen ausgeweitet.
Familien können sich registrieren und nach einer Überprüfung wird ihnen eine bestimmte Menge Geld ausgezählt. Damit können sie sich flexibel und wo immer möglich mit dem versorgen, was sie in ihrer schwierigen Situation am dringendsten brauchen. Seit Oktober 2023 konnten mehr als 555.000 Menschen mit Bargeldhilfen erreicht werden (Stand 18. März 2024).
"Wir haben von dem Geld Milch, Windeln, Medikamente für ein krankes Kind und Mehl zum Brotbacken gekauft", sagt Eman.
Mit den Bargeldhilfen können die Familien selbst entscheiden, was sie von dem Geld kaufen. Problematisch sind auch hier die Beschränkungen bei der Einfuhr von Handelswaren des täglichen Bedarfs. Wir von UNICEF fordern, dass mehr Waren in den Gazastreifen gelassen werden, damit sich die Menschen mit dem versorgen können, was sie brauchen.
Möchten Sie die UNICEF-Hilfe für Kinder unterstützen?
Die Beispiele und Geschichten zeigen: Humanitäre Hilfe für Kinder in Gaza ist möglich, trotz der Herausforderungen. Die Arbeit vor Ort ist nicht leicht, doch unsere Kolleg*innen bleiben in Gaza und führen den Einsatz für die Kinder fort.
Es ist UNICEF bislang immer gelungen, Hilfsgüter wie Medikamente, Trinkwasser und Impfstoffe zu den Kindern zu bringen. Zudem können wir mit Spiel- und Sportangeboten psychosoziale Hilfe leisten. Diese Hilfe kommt bei den Kindern an und ist enorm wichtig.
Wenn Sie unseren Einsatz für die Kinder in Gaza unterstützen möchten, können Sie dies hier tun. Jeder Beitrag macht einen Unterschied. Vielen Dank! Aktuell setzen wir Ihre Spende zum Beispiel für diese Hilfsgüter ein:
UNICEF ist erschüttert über die furchtbaren Angriffe auf Israel und die Folgen für Kinder und Familien seit dem 7. Oktober 2023. Seitdem erleben Kinder in Israel immer wieder Angriffe und Luftalarm im ganzen Land. Jedes Kind muss vor Gewalt geschützt sein. UNICEF fordert, dass uneingeschränkt alle Geiseln, die noch in Gaza festgehalten werden, insbesondere die Kinder, unverzüglich freikommen und zu ihren Angehörigen zurückkehren.
In Israel ist UNICEF seit 2009 als eines von weltweit 33 UNICEF-Nationalkomitees aktiv. Das israelische Nationalkomitee wirbt um Unterstützung für die UNICEF-Arbeit weltweit und setzt sich für die Förderung und Sensibilisierung für Kinderrechte ein.
Mit Programmarbeit ist UNICEF in Israel aktuell nicht aktiv. Länder mit höherem Einkommen – wie Israel – sind in der Regel selbst in der Lage, die Kinder im Land angemessen zu versorgen. Aus diesem Grund gibt es keinen UNICEF-Spendenaufruf für die Kinder, die in Israel leben. UNICEF ist mit den zuständigen Stellen in Israel im Gespräch, wie UNICEF angesichts der weitreichenden Folgen des grausamen Angriffs vom 7. Oktober 2023 unterstützen kann.