Zwei Jahre Krieg in der Ukraine: Aufwachsen mit Angst, Angriffen und Luftalarm
Kinder in den ukrainischen Frontgebieten haben seit Kriegsbeginn bis zu 5.000 Stunden – umgerechnet etwa sieben Monate – in Schutzkellern verbracht. Das geht aus einer Analyse des UN-Kinderhilfswerks UNICEF anlässlich des zweiten Jahrestags des Kriegs hervor. UNICEF und das Bundesentwicklungsministerium haben in den vergangenen zwei Jahren ihr Engagement für die Kinder in der Ukraine deutlich ausgeweitet und werden es weiter fortführen: von psychosozialer Betreuung über Lernangebote bis hin zu Wasser- und Gesundheitsversorgung.
Der Krieg in der Ukraine hat schwere Auswirkungen auf das Leben und die Psyche der Kinder und Jugendlichen. Immer wieder müssen sich Kinder in Schutzkellern, Bunkern und U-Bahn-Stationen vor Angriffen in Sicherheit bringen. In Gebieten nahe der Front haben nach Berechnungen von UNICEF Kinder in den vergangenen zwei Jahren zwischen 3.000 und 5.000 Stunden in Kellern Schutz vor Angriffen gesucht, während oben Luftalarm herrschte. Dies entspricht umgerechnet etwa vier bis sieben Monaten.
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze: „Die ukrainischen Kinder leiden besonders unter dem brutalen Angriff Russlands. Statt in der Schule müssen viel zu viele Kinder ihre Tage im Luftschutzkeller verbringen. Damit die Ukraine stark bleiben kann, braucht sie mehr als nur Waffen. Auch die Unterstützung der Kinder und Jugendlichen ist wichtig für die Widerstandskraft der Ukraine. Das gilt auch für den kommenden Wiederaufbau des Landes. Denn es ist diese Generation, die nach Schule und Ausbildung die Ukraine wiederaufbauen wird, als freies, europäisches Land. Die Ukrainerinnen und Ukrainer können sich dabei auf Deutschlands Unterstützung verlassen, solange es nötig ist.“
Seit dem 24. Februar 2022 wurden mindestens 579 Mädchen und Jungen getötet. 1.284 Kinder wurden verletzt. Mehr als 3,3 Millionen Kinder aus der Ukraine sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Der Krieg hat zudem zu schweren Beeinträchtigungen beim Lernen geführt. Nach UNICEF-Berechnungen können die Hälfte aller Kinder in der Ukraine nicht kontinuierlich am Präsenzunterricht teilnehmen.
„Die Kinder in der Ukraine sehnen sich nach Sicherheit, dem Austausch mit Gleichaltrigen in der Schule und einem friedlichen Aufwachsen. Doch mit jedem Tag dieses zermürbenden Krieges wächst ihre Not. Dies schlägt sich auch in ihrer seelischen Verfassung nieder“, sagte Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. „Es geht jetzt darum, die Angebote für Kinder in der ganzen Ukraine zu stabilisieren und weiter auszubauen, damit sie diese schwere Zeit überstehen können. Kinder und junge Menschen sind diejenigen, die die Zukunft des Landes gestalten werden und müssen. Sie brauchen langfristig Perspektiven für ein Leben nach dem Krieg.“
Aufgrund der schweren Angriffe sind Millionen Menschen zeitweise ohne Strom, Wasser und Gas. Besonders dramatisch ist die Lage der Zivilbevölkerung in den umkämpften Gebieten im Süden und Osten des Landes sowie für die rund 3,7 Millionen Menschen, die innerhalb des Landes vertrieben wurden. Zahlreiche Familien müssen den Winter in Notunterkünften oder beschädigten Gebäuden überstehen, ohne ausreichenden Schutz vor der kalten Jahreszeit.
„In Charkiw und Cherson, in Saporischschja und Kramatorsk – ganz gleich, wo wir im Einsatz sind, die Not der Kinder ist überall spürbar“, sagte Mustapha Ben Messaoud, Leiter der Nothilfeprogramme in der Ukraine. „Gleichzeitig zeigen sie eine enorme Widerstandskraft, selbst in den schwierigsten Situationen. Sie versuchen, mit aller Kraft an ihren Plänen und Träumen für die Zukunft festzuhalten. Die UNICEF-Hilfe ist für viele von ihnen ein Rettungsanker.“
Die 16-jährige Mariia aus Krywyj Rih in der schwer betroffenen Region Dnipro engagiert sich im Rahmen eines UNICEF-Programms für Gleichaltrige in ihrer Gemeinde. Sie sagt: „Viele junge Menschen in unserem vom Krieg gebeutelten Land benötigen mentale Unterstützung und Ermutigung. Ich schöpfe Kraft und Inspiration daraus, mich zu engagieren und etwas für junge Menschen zu bewirken.“
2023 hat UNICEF beispielsweise dazu beigetragen, 1,3 Millionen Kinder mit Lernangeboten und 2,5 Millionen Kinder und Betreuende mit psychosozialer Hilfe zu erreichen. 5,5 Millionen Menschen erhielten Zugang zu sauberem Wasser und rund fünf Millionen Menschen zur Gesundheitsversorgung. Rund 60.000 Familien erhielten Bargeldhilfen. Das BMZ ist eine der wichtigsten Stützen dieser Arbeit.
UNICEF und das BMZ werden die gemeinsame Arbeit in der Ukraine auch in den nächsten Jahren fortsetzen. Bis 2026 wird UNICEF mit BMZ-Unterstützung rund 3,3 Millionen Kinder und 1,8 Millionen Jugendliche in der Ukraine unterstützen. Die Kooperation trägt dazu bei, Schulen, Kindergärten, aber auch die Wasserversorgung und Sanitäreinrichtungen wiederaufzubauen und Zugang zu Bildung in einem sicheren Lernumfeld zu schaffen. Darüber hinaus werden Anlaufstellen für Familien geschaffen, die Hilfe und Betreuung brauchen. Das BMZ unterstützt auch die UNICEF-Programme UPSHIFT und U-Report, die die aktive Teilhabe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen stärken.
Die Ukraine-Wiederaufbaukonferenz, die Deutschland gemeinsam mit der Ukraine im Juni in Berlin ausrichtet, wird auch einen Fokus darauf legen, was Kinder, Jugendliche und ihre Familien für ihre Zukunft in der Ukraine benötigen. Dabei geht es um Schulen, Bildungschancen, Fachkräfteausbildung und Wissenschaft.
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