Gesichter des Schocks, des Schmerzes und tiefer Trauer
25 Jahre UNICEF Foto des Jahres: Unabhängige Jury zeichnet erstmals zwei Gewinnerbilder aus
Die beiden Gewinnerbilder des UNICEF Foto des Jahres 2024 zeigen die Hauptleidtragenden der grausamen Gewalt in Israel und Palästina – die Kinder. Auf subtile und würdevolle Weise geben die Bilder zarte Hinweise auf davongetragene Wunden innerer und äußerer Art. Erstmals in der 25-jährigen Geschichte des Wettbewerbs zeichnet die unabhängige Jury die Bilder zweier Fotografinnen mit dem ersten Preis aus. Die Fotos von Avishag Shaar-Yashuv (Israel) und Samar Abu Elouf aus Palästina erinnern daran, dass das Schicksal von Kindern im Krieg und die resultierenden Erfahrungen, Verletzungen und Verluste sie für immer prägen werden.
Den zweiten Preis erhält ein Foto des französischen Fotografen Pascal Maitre zur Viruserkrankung Mpox. Es zeigt das mit Pusteln übersäte Gesicht eines sieben Monate alten Jungen in einem Krankenhaus im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Die französische Fotografin Maylis Rolland bekommt den dritten Preis. Ihr Bild hält fest, wie im Universitäts-Krankenhaus der Stadt Rennes, ein kleiner frühgeborener Junge noch unter einer Atemmaske, das Gesicht seiner Mutter berührt.
„Die beiden UNICEF Fotos des Jahres 2024 fordern uns auf, innezuhalten. Sie bringen uns dazu, die Perspektive zu verändern, uns in die Situation der Kinder einzufühlen. In ihre Trauer, ihre Angst, ihre Fassungslosigkeit, ihren Schmerz. Empathie und Mitgefühl machen uns stärker. Sie sind die unverzichtbaren Voraussetzungen dafür, auch in scheinbar aussichtslosen Situationen irgendwann nach Verständigung zu suchen,” erklärt UNICEF-Schirmherrin Elke Büdenbender in ihrer Laudatio. „Gemeinsam stehen wir an der Seite aller Kinder. Das ist die Botschaft des UNICEF Foto des Jahres 2024.”
„Die diesjährige Auswahl der beiden Siegerbilder unterstreicht die Universalität des kindlichen Leids,” sagt Peter-Matthias Gaede, Mitglied der Jury und des Deutschen Komitees für UNICEF. „Dass wir erstmals in der Geschichte des Wettbewerbs zwei Bilder von zwei Seiten einer Front ausgezeichnet haben, bedeutet: Nicht über Schuldfragen urteilen wir hier, denn Kinder können nicht schuldig sein. Und nicht über die Quantität des Leidens in einem Krieg richten wir. Sondern alleine danach, was er in jedem einzelnen Kind anrichten kann, wenn er das bisherige Leben in einen Abgrund stürzt.“
„Die beiden Siegerbilder strahlen etwas zwingend Ruhiges aus. Sie rauben einem gleichermaßen die Worte und regen zum Nachdenken an,” erklärte Prof. Klaus Honnef, Vorsitzender der Jury. „Selten habe ich so furchtbare Bilder von äußerlich nahezu unverwundeten Kindern gesehen. Das von den Kindern Erlebte überschreitet den Horizont des Vorstellbaren.“
Israel / Palästina: Die verschiedenen Gesichter des Schocks, des Schmerzes und einer tiefen Trauer
Eins der diesjährigen Gewinnerbilder wurde von der israelischen Fotografin Avishag Shaar-Yashuv aufgenommen und stammt aus der Arbeit „Portraits of the survivors“. Es zeigt den achtjährigen Stav. Der Junge ist einer der Überlebenden des Überfalls der Hamas am 7. Oktober 2023 auf die Siedlung des Moschav Netiv HaAsara. Aufgenommen wurde das Bild am 22. Oktober 2023 in einem Hotel im Kibbuz Maale HaHamisha. Im Zuge ihrer Arbeit portraitierte die israelische Fotografin Avishag Shaar-Yashuv einige Wochen nach dem Überfall der Hamas neben Stav weitere Kinder. Sie waren nach der Vertreibung aus ihren Häusern in Hotels oder provisorischen Unterkünften untergebracht.
Das zweite Gewinnerbild von Samar Abu Elouf, einer palästinensischen Fotografin, gehört zur Arbeit „Wounded children of Gaza“. Zu sehen sind die elfjährige Dareen und der fünfjährige Kinan. Ihre Eltern und 70 weitere Familienmitglieder der Geschwister kamen bei einem israelischen Luftangriff auf ein Wohnhaus ums Leben. Das gemeinsame Portrait der beiden palästinensischen Kinder entstand in einem Hospital in Katar, in das sie zur medizinischen Versorgung aufgenommen worden waren. Neben Dareen und Kinan begleitete Abu Elouf im Zuge ihrer Arbeit weitere Kinder aus Gaza, die mit den Folgen physischer und psychischer Verletzungen sowie dem Verlust ihrer Familien und Freunde belastet sind.
Demokratische Republik Kongo: Ein Virus auf dem Vormarsch
Der zweite Preis geht in diesem Jahr an ein Bild aus der Reportage „Mpox“ des französischen Fotografen Pascal Maitre. Die Reportage dokumentiert die Entwicklungen der Viruserkrankung Mpox innerhalb der Demokratischen Republik Kongo. Dort werden bereits etwa 40.000 Fälle vermutet, 8.000 wurden bereits bestätigt und über 1.000 Todesopfer erfasst. Pascal Maitre ist ins Zentrum der Infektionen gegangen und hat die Behandlung betroffener Kinder im Kavumu-Hospital in der Region Kivu, im Osten des Kongo, fotografisch begleitet. Darunter der sieben Monate alte Junge Japhet, dessen Pusteln im Gesicht mit dem antiseptischen Medikament „Gentian Violet“ behandelt werden. Gepflegt und behütet wird Japhet von seiner 19-jährigen Mutter Christevi.
Frankreich: Der schwere Weg ins Leben
Die französische Fotografin Maylis Rolland hat am Universitäts-Krankenhaus der Stadt Rennes einige Zeit lang die wunderbaren Momente eingefangen, in denen das zerbrechliche Leben winzigster Babys mit großem Aufwand an Geräten und zugleich intensiver menschlicher Zuwendung stabilisiert wird. Dabei ist auch das mit dem dritten Preis ausgezeichnete Bild. Es zeigt den Moment, in dem der kleine Junge Gabin, nach 25 Schwangerschaftswochen geboren und noch unter einer Atemmaske, das Gesicht seiner Mutter Doriane berührt. Nach einer Studie der Weltgesundheitsorganisation werden weltweit etwa zehn Prozent aller Kinder vor Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche geboren, also drei Wochen zu früh. Je früher die Geburt, desto dramatischer wird der Eintritt ins Leben.
Sieben weitere Reportagen hob die Jury mit ehrenvollen Erwähnungen hervor:
- Äthiopien/Malaysia: Wenn ein Junge nicht mehr spricht – Fotografin: Patricia Krivanek, Kanada
- Frankreich, Nepal: Kinder, die in Handys kriechen – Fotograf: Jérôme Gence, Frankreich
- Gaza: Es ist nicht ihr Krieg – Fotograf: Saher Alghorra, Palästina
- Israel: Yael war stärker als der Terror – Fotograf: Ziv Koren, Israel
- Nigeria: Ein Tanz in das Selbstbewusstsein – Fotograf: Vincent Boisot, Frankreich
- Sambia, Argentinien: Eine Kindheit ohne Eltern – Fotograf: Valerio Bispuri, Italien
- Sudan: Die unbeachtete Tragödie – Fotograf: Ivor Prickett, Irland
Eine Ausstellung mit allen prämierten Arbeiten ist bis Ende Januar 2025 im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin zu sehen. Anschließend sind sie vom 30. Januar bis 27. April 2025 für die allgemeine Öffentlichkeit im Willy-Brandt-Haus zugänglich.
UNICEF Foto des Jahres – Wettbewerb
Mit der Auszeichnung UNICEF Foto des Jahres prämiert UNICEF Deutschland seit dem Jahr 2000 Fotos und Fotoreportagen, die die Persönlichkeit und Lebensumstände von Kindern weltweit auf herausragende Weise dokumentieren. In diesem Jahr findet der Wettbewerb zum 25. Mal statt. Voraussetzung für die Teilnahme ist die Nominierung durch eine*n international renommierte*n Fotografie-Expert*in. Über die Preisvergabe entscheidet eine unabhängige Jury.
Epson begleitet den Wettbewerb „UNICEF Foto des Jahres“ seit vielen Jahren. Auch in diesem Jahr wurde die Ausstellung durch Epson gedruckt.
Eine Übersicht aller ausgezeichneten Fotoreportagen finden Sie auf www.unicef.de/foto.
Service für die Redaktionen
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Die dazugehörigen Texte dürfen unter Angabe des Autoren-Credits © Peter-Matthias Gaede für UNICEF genutzt werden.
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Niklas KlütschReferent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit