Menschen für UNICEF

Abdullahs Geschichte


von Gastautorin Eva Padberg

Im Irak suchen hunderttausende Kinder Zuflucht vor Terror und Gewalt. Im Flüchtlingscamp Camp Debaga und an weiteren Stationen ihrer Irak-Reise hat UNICEF-Botschafterin Eva Padberg viele Kinder kennengelernt und ihre Geschichten gehört.

Egal, mit wem man hier in Debaga spricht, eine Schreckensgeschichte hat jeder Erwachsene und jedes Kind zu berichten.

Reisetagebuch Eva Padberg: Abdullah erzählt seine Geschichte
© UNICEF/UNI.DT2016-50210/Claudia Berger


Eine davon ist die von Abdullah, 11 Jahre alt, den ich im Jugendcenter kennenlerne. Das Jugendcenter ist im ehemaligen Footballstadium untergebracht und beherbergt derzeit 60 unbegleitete Jungen zwischen 11 und 17 Jahren. Betreut von sieben Sozialarbeitern und zwei Ausbildern sind die Jugendlichen in diesem separaten Trakt untergebracht, bestehend aus einem Volleyballhof und zwei großen Zelten.

Abdullahs Vater war Polizist. Als der IS in sein Dorf kam, wurden die Schulen für alle Mädchen geschlossen und der Unterricht für die Jungen hatte ein Curriculum, das den Zielen des IS entsprach. Alle Menschen, die bei der Regierung arbeiteten, wurden gezielt getötet.

Abdullahs Vater versteckte sich. Der Junge wurde vom IS gezwungen, seinen Aufenthaltsort zu verraten. Er wollte es nicht, aber als sie gedroht haben, ihn umzubringen, hat er das Versteck preisgegeben. Dem Vater wurde die Kehle durchschnitten.

Abdullahs Leid geht weiter

Nach dem Tod seines Vaters heiratete Abdullahs Mutter einen neuen Mann, der es ihr nicht erlaubt hat, ihren Sohn mit in die Ehe zu bringen. Seine Tante ist mit ihm und ihren vier Töchtern nach Debaga geflüchtet. Dort lebt sie jetzt in einem anderen Teil des Camps und sagt, sie kann sich nicht auch noch um den Jungen kümmern, da sie mit ihren eigenen Kindern plus der Tochter ihres Bruders schon überfordert ist.

Reisetagebuch Eva Padberg: Ein Zelt des Jungendcenters
© UNICEF/UNI.DT2016-50211/Claudia Berger


Seit einem Monat lebt er nun im Jugendcenter. Hin und wieder besucht er seine Tante. Abdullah ist schwer traumarisiert und wird von einer Sozialarbeiterin betreut. Sie redet viel mit ihm, und der Junge ist ihr sehr ans Herz gewachsen. Sein Leidensweg geht aber auch hier im Lager immer weiter.

„Leider gibt es nur ein Zelt mit Schlafplätzen für alle 60 Jungen“, berichtet seine Sozialarbeiterin Zaynab Muhemed Omar. „Er hat mir erzählt, dass er schon zweimal sexuell bedrängt wurde. Es muss hier einfach einen separaten Platz für die Jüngeren geben. Sie müssen vor den Älteren geschützt werden.“

Wie sieht Abdullahs Zukunft aus?

Abdullah ist erst 11 Jahre alt, aber sein Gesicht ist von Leid und den Schrecken des Krieges gezeichnet. Seine Augen haben keinen kindlichen Glanz mehr, der Blick ist leer. Abdullah ist ein Gesicht der verlorenen Generation. Was sind seine Hoffnungen, seine Perspektiven?

Reisetagebuch Eva Padberg: Flüchtlingscamp Debaga
© UNICEF/UNI.DT2016-50212/Claudia Berger


Seine Tage verbringt er am liebsten beim Fußballspielen, und bald wird er eine Schule im Camp besuchen dürfen. Seine Sozialarbeiterin hat ihn gerade dafür angemeldet. Die Schule sei zwar sehr überfüllt, aber zumindest hat er dann eine Aufgabe und vielleicht auch ein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt.

Abdullahs größter Wunsch: zur Schule zu gehen … und ein Fahrrad.

Lesen Sie in den kommenden Tagen weitere Berichte von Eva Padberg über ihre Reise in den Irak und Besuche bei UNICEF-Helfern vor Ort.

Reisetagebuch Eva Padberg

» Teil 1: Von Erbil ins Lager Debaga
» Teil 2: Abdullahs Geschichte
» Teil 3: Nach Akre in der Provinz Dohuk
» Teil 4: Kinderfreundliche Schule in Erbil

» Zur Übersichtsseite des Reisetagebuchs aus dem Irak

UNICEF-Botschafterin Eva Padberg
Autor*in Eva Padberg

Das international erfolgreiche Topmodel Eva Padberg engagiert sich seit 2006 für UNICEF und wurde im Oktober 2012 zur UNICEF-Botschafterin ernannt. Eva Padberg setzt sich vor allem für Bildungs- und Wasserprojekte ein und motiviert Mädchen und Jungen in Deutschland, selbst für Kinderrechte aktiv zu werden.