Wie UNICEF-Hilfsgüter von A nach B kommen
7,38 Milliarden Dollar – das ist der Gegenwert der Hilfsgüter, die UNICEF im letzten Jahr weltweit für Kinder und Familien in Not bereitgestellt hat.
Impfstoffe, Wasserreinigungstabletten, Erdnusspaste: So funktioniert die UNICEF-Hilfe weltweit
Mit Hilfsgütern im Gegenwert von 7,38 Milliarden Dollar hat UNICEF im Jahr 2022 zum sechsten Mal in Folge rekordverdächtige Hilfe geleistet, um auf die wachsenden Bedürfnisse von Kindern weltweit zu reagieren. Dazu gehörte die Lieferung von 3,4 Milliarden Impfstoffdosen, 2,1 Milliarden Wasserreinigungstabletten, 38,1 Millionen Moskitonetzen, 162.000 Bildungspaketen und genügend therapeutischer Nahrungsmittel, um 5,1 Millionen Kinder zu behandeln, die an schwerer Mangelernährung leiden.
Wie funktioniert all das überhaupt, wo lagern die Hilfsgüter, wie kommen sie von A nach B und wie viele Menschen sind in die weltweite Logistik von UNICEF involviert? Alle Antworten darauf lesen Sie hier im Blog.
Wer verteilt die Hilfsgüter?
Weltweit arbeiten 1.308 Menschen für UNICEF im Bereich Logistik. Das ist eine geballte Power an Spezialist*innen, die sich um die Bestellung, den Versand und die Verteilung von Hilfsgütern kümmern. Ein großartiges Team, das unermüdlich und an beinahe jedem Fleck der Welt für Kinder im Einsatz ist. Wir arbeiten dabei oft mit Partnern und Organisationen vor Ort, um von der lokalen Expertise zu profitieren.
Welche Hilfsgüter verteilt UNICEF?
Unser Steckenpferd: therapeutische Spezialnahrung, die wirkt! Erdnusspaste hat die Behandlung von mangelernährten Kindern revolutioniert. Denn die therapeutische Zusatznahrung ist so zusammengesetzt, dass schwer mangelernährte Kinder sie auch im extrem ausgezehrten Zustand essen, schlucken und verdauen können. Sie enthält zudem lebenswichtige Vitamine und Mineralien, damit die Kinder wieder zu Kräften kommen.
Therapeutische Lebensmittel
In 2022 haben wir über 68.000 Tonnen gebrauchsfertige therapeutische Lebensmittel (RUTF - ready-to-use therapeutic food) - wozu auch die bewährte Erdnusspaste zählt - verteilt. Die Spezialnahrung wurde insbesondere dafür verwendet, mangelernährte Kinder am Horn von Afrika, in der Sahelregion im Südsudan und im Jemen zu versorgen.
UNICEF lieferte im vergangenen Jahr Nahrungsmittel im Wert von insgesamt 256 Millionen Dollar. Das ist ein Anstieg gegenüber 2021 von 90 Prozent (!) und erklärt sich dadurch, dass wir auf die wachsende globale Ernährungskrise und die steigende Nachfrage nach RUTF reagierten. Große Lieferungen erreichten vor allem die Länder am Horn von Afrika, wo in den letzten drei Jahren fünf aufeinanderfolgende Regenzeiten dazu geführt haben, dass mehr als 1,9 Millionen Kinder durch schwere Mangelernährung bedroht sind.
Dabei setzen wir immer mehr auf die lokale Produktion von Erdnusspaste. Die erste afrikanische Fabrik, die Erdnusspaste produziert, steht zum Beispiel in Niger. Insgesamt wird bereits mehr als die Hälfte der nahrhaften Paste in den Programmländern selbst hergestellt – das verkürzt die Lieferwege und fördert die lokale Wirtschaft!
Impfstoffe
Wir haben Länder und Krisenregionen weltweit im letzten Jahr zudem mit Impfstoffen versorgt. Jährlich sterben Millionen Kinder weltweit an Krankheiten, vor denen sie durch verfügbare Impfungen geschützt gewesen wären. Wir arbeiten mit Partnern und Herstellern zusammen, um Kindern wichtige Impfstoffe zur Verfügung zu stellen, unabhängig davon, wo sie leben. Unglaubliche 3,4 Milliarden Impfdosen wurden 2022 in 108 Ländern verteilt. 45 Prozent dieser Impfstoffe waren für Routineimpfprogramme für Kinder unter fünf Jahren bestimmt. Damit erreichen wir fast jedes zweite Kind unter fünf Jahren auf der Welt mit einer lebensrettenden Impfung.
Mittel zur Wasseraufbereitung
Mittel zur sauberen Wasseraufbereitung – zum Beispiel Wasserreinigungstabletten – sind ein häufig bezogenes Hilfsgut. Vor allem für Kinder kann der fehlende Zugang zu sauberem Wasser lebensgefährlich sein. Verunreinigtes Wasser, fehlende Toiletten und mangelnde Körperpflege sind nach wie vor die Auslöser für viele Krankheiten. Die Verbesserung der Wasserversorgung gehört daher zu den Schwerpunkten der Arbeit von UNICEF.
UNICEF lieferte vergangenes Jahr 2,1 Milliarden Wasserreinigungstabletten in 48 Länder. Das ist genug, um 62 Milliarden Liter Wasser zu reinigen.
Bildungsmaterialien
Rund 134 Millionen Dollar sind 2022 in die Bereitstellung von Bildungsmaterialien für 112 Länder geflossen. Es gibt zum Beispiel die „School in a Box“, die bis oben hin voll mit Schulmaterial gefüllt ist. Auch frühkindliche Bildung spielt für uns eine große Rolle. Hier beliefern wir verschiedene Regionen und Länder mit speziellen Spiel- und Lernmaterialien für die ganz Kleinen. Übrigens: Auch Spielzeuge für die Freizeitgestaltung fördern spielerisch die Bildung von Kindern und werden von uns geliefert.
"Puzzles und Spiele sind für Kinder in Konfliktengebieten ein Weg zur Normalität, selbst inmitten von Unsicherheit, Kriegen und Traumata", sagt Marieme Diallo Touré, die als Bildungsexpertin in der Supply Division in Kopenhagen arbeitet. "Spielzeuge wie Puppen stärken das Selbstvertrauen der Kinder, ihre Gefühle nach traumatischen Erlebnissen auszudrücken."
Wie erreichen Hilfsgüter Kinder und Familien in Konflikt- und Krisengebieten?
2022 erreichte ein großer Anteil der Hilfsgüter Länder und Regionen in akuten Notsituationen. Ganze 863 Millionen Dollar flossen in Hilfspakte für Kinder in Kriegs- und Krisengebieten in 140 Ländern. Zum Vergleich: In 2021 waren es 687 Millionen Dollar.
Der eskalierende Krieg in der Ukraine prägte unsere Nothilfe in 2022 ganz besonders. Die ersten Lkw mit Hilfsgütern fuhren innerhalb von 24 Stunden von Kopenhagen nach Kiew. Seither hat UNICEF die Hilfe für Ukrainer*innen in sechs Nachbarländern (Weißrussland, Ungarn, Moldawien, Polen, Rumänien, Slowakei) und in insgesamt 19 Aufnahmeländer ausgeweitet.
Hinzu kommen die Krisen in Afghanistan, Haiti, dem Horn von Afrika, Syrien und Jemen, die ebenfalls eine schnelle und koordinierte Nothilfe von UNICEF erforderten. Wir haben Hilfsgüter in die betroffenen Gebiete gebracht, um akute Nothilfe zu leisten und den betroffenen Familien und Kindern zu helfen.
Insbesondere Konflikte, die über Jahre andauern, Naturkatastrophen oder wirtschaftliche Krisen wirken sich weiterhin auf die humanitäre Situation von Tausenden Menschen aus. Bevölkerungsgruppen im Nahen Osten, in Afrika und in Südostasien sind betroffen. Die Instabilität betrifft dann häufig auch Nachbarländer der Region.
Jeder Notfall ist einzigartig und erfordert eine maßgeschneiderte Versorgung und Logistikreaktion.
Wo kommen die Hilfsgüter her?
Wussten Sie, dass das weltweit größte humanitäre Warenlager von UNICEF in Kopenhagen steht? Ein Grund für die Wahl dieses Standorts: der internationale Containerverkehr. Von der dänischen Hauptstadt aus packen und verschicken wir Hilfspakete in verschiedene Länder. Seit sechs Jahrzehnten gehört das Verpacken von Hilfsgütern zu den wichtigsten Aufgaben des UNICEF-Hauptstandortes für globale Versorgung und Logistik.
Es gibt ungefähr 100 verschiedene "Sets" – wie wir sie nennen – die dort zusammengestellt werden. Zum Beispiel Hygienesets, Schulsets oder Hebammensets – für jede Notsituation individuell angepasst und zusammengestellt.
Das Lager ist wirklich riesig: Mit 20.000 Quadratmetern ist das Depot etwa so groß wie drei Fußballfelder. 36.000 Paletten werden dort gelagert. Mehr als 400 Mitarbeiter*innen arbeiten in Kopenhagen. Insgesamt arbeiten weltweit bei UNICEF im Bereich Logistik 1.308 Mitarbeiter*innen – aus 147 Nationen.
Das Warenlager ist immer für einen humanitären Notfall gewappnet. Jederzeit könnten bis zu 10.000 Menschen für mindestens drei Monate mit überlebenswichtigen Hilfsgütern versorgt werden.
Dazu gehören dann zum Beispiel Moskitonetze, Erdnusspaste, Medikamente oder Wasserreinigungstabletten. Und noch eine beeindruckende Zahl: Insgesamt lagern in Kopenhagen rund 850 verschiedene Hilfsgüter.
Wenn die Hilfsgüter nicht aus Kopenhagen kommen, dann aus einem der anderen fünf großen Warenlager von UNICEF, die geografisch näher an den Krisengebieten liegen. Sie stehen in Panama-Stadt, Guangzhou, Accra, Brindisi und Dubai. In 2022 wurden in allen Logistrikzentren von UNICEF 406.551 Pakete gepackt und in 77 Länder verschickt.
Woher weiß UNICEF, in welchem Land welche Hilfsgüter benötigt werden?
Bevor Hilfsgüter verschickt werden, meldet das betroffene Land oder die Region, die in einer Notsituation ist, ihren Bedarf. Denn die Kolleg*innen vor Ort wissen am besten, wie viele Kinder bzw. wie viele Familien welche Form der Hilfe brauchen.
Gleichzeitig wird geprüft, welche Hilfsgüter lokal beschafft werden können. Nach Möglichkeit fördern wir dann die regionalen Zulieferer, um die Wirtschaft vor Ort nachhaltig zu stärken und nicht zu sehr von externer Hilfe abhängig zu machen.
Als nächstes folgt die Budgetierung und Planung. Auch wie dringlich eine Lieferung benötigt wird, meldet das jeweilige Länderbüro dem Warenlager in Kopenhagen. Einkauf, Kommunikation und Logistik spielen also eine große Rolle. Wenn die Hilfsgüter ihren Zielort erreichen, werden sie geprüft und inspiziert. Vor Ort werden sie dann gegebenenfalls noch einmal zwischengelagert, meist aber sofort verteilt. Ob die Hilfsgüter ausreichen oder weitere benötigt werden, muss das jeweilige Länderbüro direkt prüfen.
Wie teuer sind die Hilfsgüter?
Eine "School in a Box" kostet zum Beispiel 180 Euro und ermöglicht rund 40 Kindern provisorischen Unterricht. Natürlich ist das Thema Kostenkalkulation für uns wichtig und wir haben immer das Ziel, die Hilfsgüter preiswert zu beschaffen, um am Ende noch mehr Kinder versorgen zu können.
Ein großer Vorteil für UNICEF: Wir können die Hilfsgüter in riesigen Massen einkaufen. Wir sind einer der größten Abnehmer für Hilfsgüter im humanitären Bereich und können dadurch gute Einkaufspreise verhandeln.
Wie innovativ sind die Hilfsgüter von UNICEF?
Einen sicheren Ort für sich und die Familie finden: Das ist das oberste Ziel von Menschen, die vor Konflikten, den Folgen von Naturkatastrophen oder Epidemien fliehen mussten. Zelte sind eine schnelle, praktische und gute Übergangslösung und kommen oft zum Einsatz.
Die Lösung: Das neue UNICEF-Hochleistungs-Zelt. Es bietet eine ganze Reihe von Verbesserungen gegenüber den Zelten, die wir bislang genutzt haben:
- ein verbessertes Befestigungssystem, um das Zelt optimal und sicher im Boden zu verankern
- gerade, glatte Wände, so dass es im Inneren 20 Prozent mehr Platz gibt
- dreilagige Fenster, bestehend aus einem Moskitonetz, einem transparenten Laken und einer Verdunklungsplane. So können Licht und Luft im Zelt gut reguliert werden
Wie hat UNICEF die globale Corona-Impfaktion unterstützt?
Wir von UNICEF waren an vorderster Front bei der Covid-Bekämpfung dabei. Die Euphorie über das erste gelandete Flugzeug, voll beladen mit Covid-19-Impfstoffdosen, war groß. Gleichzeitig trübten Exportverbote und andere logistische Herausforderungen die globale Impfverteilung. Seit Jahren ist UNICEF der weltweit größte Einkäufer von Impfstoffen für Kinder, etwa gegen Krankheiten wie Masern und Polio.
Bis heute konnte UNICEF rund 1,9 Milliarden Covid-19-Impfdosen für knapp 150 Länder versenden (Stand: Juni 2023).
Das große Ziel: Hilfe für jedes Kind.
Unser Ziel ist es, die Bedürfnisse von Kindern in der ganzen Welt zu erfüllen. Das erfordert eine hohe Reaktionsfähigkeit, ein großes logistisches Wissen und weltweit agile und vernetzte Mitarbeiter*innen. Wir sind stolz auf unser Team und seinen unermüdlichen Einsatz weltweit. Und dankbar für jedes Kinderlächeln, das wir zurückbekommen!
Weitere Informationen und Materialien
Weitere Informationen, Zahlen und Fakten zum UNICEF-Warenlager in Kopenhagen können Sie in unserem englischsprachigen Jahresreport 2021 nachlesen.
Oder Sie besuchen die englischsprachige Seite der Supply Division.
Dieser Blogbeitrag wird für Sie jährlich aktualisiert und basiert auf dem Jahresbericht unseres Logistikzentrums in Kopenhagen.