Migrationspakt: Eine einmalige Chance für Kinder in der Migration
Derzeit wird Weltpolitik gemacht und unsere Jugenddelegierte Yasmin Youssef ist live dabei.
In den letzten Wochen haben die Medien viel über den internationalen Migrationspakt berichtet, der am 10. und 11. Dezember in Marokko verabschiedet werden soll. Aber was bedeutet das neue internationale Rahmenwerk für betroffene Kinder und Jugendliche? Wie können sie besser gehört werden? Und wie können sie Einfluss auf die Umsetzung des Migrationspaktes nehmen?
Wir haben unsere Jugenddelegierte Yasmin Youssef (19) gefragt. Denn Yasmin macht sich im Rahmen des Global Forum on Migration and Development (GFMD) derzeit in Marrakesch für die Rechte migrierter Kinder und Jugendlicher stark und sitzt zum zweiten Mal mit am Verhandlungstisch.
Liebe Yasmin, warum ist der globale Migrationspakt deiner Meinung nach so wichtig für migrierte Kinder und Jugendliche?
Der globale Migrationspakt ist ein wichtiger Schritt, um Migrationspolitik international zu gestalten. Migration hat schon immer stattgefunden, jedoch gibt es neue Entwicklungen und Herausforderungen. Immer mehr Menschen verlassen ihre Heimat, die Ursachen dafür sind immer vielschichtiger und falsche Informationen verbreiten sich schneller über das Internet und die sozialen Medien. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir effektive, ganzheitliche und nachhaltige Lösungsansätze finden, um Migrationspolitik zu gestalten und umzusetzen. Der globale Migrationspakt bietet eine gute Voraussetzung dafür.
Migrationspolitik betrifft Kinder und junge Menschen ganz besonders. Unabhängig davon, ob sie ihr Zuhause allein oder gemeinsam mit ihren Eltern verlassen, ob sie auf der Suche nach Sicherheit oder besserem Zugang zu Bildung sind, ob die Erfahrung der Migration für sie sicher ist oder ob sie auf gefährlichen Routen große Gefahren auf sich nehmen mussten: Kinder und Jugendliche sollten im Zentrum internationaler Migrationspolitik stehen. Ihre besonderen Bedarfe müssen erkannt und ihre Rechte jederzeit gewahrt werden.
Gleichzeitig sollten Kinder und junge Menschen als Personen anerkannt werden, die ihr Leben selbst bestimmen. Denn Kinder und junge Menschen haben die unglaubliche Fähigkeit, Veränderungen zu bewirken, wenn wir ihnen die Möglichkeit geben, sich in ihrer Umgebung zurechtzufinden und gehört zu werden. Sie sind kreativ und haben häufig einen offenen und zuversichtlichen Ausblick auf die Welt.
Marokko und Deutschland, die gemeinsam den Vorsitz im Globalen Forum für Migration und Entwicklung haben, haben dieses Potenzial erkannt. Sie haben migrierten Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit gegeben, ihre Meinung einzubringen und an den Veranstaltungen, die im Vorfeld des Migrationsgipfels in Marrakesch stattfinden, teilzunehmen. Wenn dieser Austausch auch in Zukunft auf Augenhöhe stattfindet, birgt dies eine große Chance für Kinder und junge Menschen in der Migration.
In Marrakesch kommst du mit Jugenddelegierten aus aller Welt zusammen, um euch gemeinsam für die Rechte von Kindern stark zu machen. Was ist dir dabei besonders wichtig?
Ich möchte vor allem mit anderen jungen Menschen und den Delegierten vor Ort ins Gespräch kommen. Meiner Meinung nach können wir viel erreichen, wenn wir nur miteinander reden, unsere Geschichten erzählen und Ideen austauschen. Ich glaube nicht, dass wir uns dabei vor einer konstruktiven Debatte scheuen sollten.
Gleichzeitig hoffe ich, viel von den anderen Teilnehmenden zu lernen und mit ihnen auch langfristig in Kontakt zu bleiben, um Informationen zu teilen und gemeinsame Projekte zu planen.
Was muss deiner Meinung nach passieren, damit migrierte Menschen besser gehört werden?
Wenn wir versuchen, Menschen zu helfen, stellen wir häufig Vermutungen darüber an, was sie möchten; was sie brauchen; wovor sie Angst haben… Ich finde, dass es sehr wichtig ist herauszufinden, was Menschen wirklich benötigen und worauf sie hoffen. Migrierte Menschen brauchen kein Mitleid. Sie möchten aktiv an den Entscheidungen beteiligt sein, die ihr Leben betreffen.
Gespräche und gutes Zuhören sind die Basis dafür. Diese Gespräche können auf einer persönlichen Ebene, aber auch auf regionaler, nationaler oder internationaler Ebene stattfinden. Migrierte Menschen sollten zum Beispiel an Stadtratssitzungen und nationalen bzw. internationalen Verhandlungen teilnehmen und sich dort einbringen können.
Umfragen und Befragungen sind auch eine gute Möglichkeit, um Meinungen besser zu verstehen. So können Informationen und Trends analysiert werden, die dann wiederum bei der Gesetzgebung und in zukünftigen Projekten berücksichtigt werden können.
Des Weiteren sollten migrierte Menschen die Chance haben, sich aktiv am Leben in ihrer neuen Gemeinschaft einzubringen und daran teilzuhaben. Dazu gehört der Zugang zu Bildung und Freizeitmöglichkeiten wie Theater, Sport und Musik.
Die Rechte von Kindern müssen auch bei der Umsetzung des Migrationspaktes im Vordergrund stehen. Welche Botschaft hast du an die Regierungsvertreter in Marrakesch?
Eine Partnerschaft auf Augenhöhe, wo Entscheidungsträger wie zum Beispiel Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Regierungsvertreterinnen und Regierungsvertreter, die Zivilgesellschaft und junge Menschen an einem Tisch sitzen, um konstruktive Lösungen auf die globalen Herausforderungen zu finden – das sollte die Norm werden!
Migration hat viele Ursachen und sehr unterschiedliche Auswirkungen – dafür gibt es keine einfache Lösung. Verschiedene Lösungsansätze müssen gleichzeitig verfolgt werden. Und sie sollten realistisch und zeitnah umgesetzt werden. Wenn man die Ziele von Anfang an zu hochsteckt, können wir nicht viel erreichen.
Meiner Meinung ist es jedoch am Wichtigsten, dass Regierungsvertreter authentisch sind und die Wahrheit sagen. Sie sollten hinter dem Stehen, wofür sie sich einsetzen – leere Worte und Versprechen führen zu nichts.
Der globale Migrationspakt bietet die einmalige Chance, die Rechte migrierter Kinder und junger Menschen zu wahren und ihr Leben zu verändern. Investitionen in migrierte Kinder und Jugendliche sind Investitionen in unsere gemeinsame Zukunft. Regierungen sollten migrierten Kindern und Jugendlichen von nun an besser zuhören, in sie investieren und sie in den Mittelpunkt ihrer Politik stellen.
Serie: „Kinderrechte sind grenzenlos”
Flüchtlinge? Asylbewerber? Migranten? Falsche Frage!
Jedes Kind ist in erster Linie ein Kind, ganz gleich woher es kommt und wo es sich aufhält. Wir setzen uns dafür ein, dass die Mädchen und Jungen über Grenzen hinweg geschützt und gefördert werden – an ihrem Herkunftsort, im Transitland und in einer möglicherweise neuen Heimat. Denn Kinderrechte sind grenzenlos!
Lesen sie mehr dazu in unser Blog-Serie „Kinderrechte sind grenzenlos”.