Treibstoffmangel im Gazastreifen gefährdet Kinderleben
Statement von UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell
„Die humanitäre Arbeit von UNICEF und unseren Partnern im Gazastreifen – und damit das Leben der Kinder und ihrer Familien, die humanitäre Hilfe benötigen – ist von der Verfügbarkeit von Treibstoff abhängig. Wir benötigen Treibstoff, um lebensrettende Hilfsgüter zu transportieren – Medikamente, Spezialnahrung zur Behandlung von Mangelernährung, Zelte und Wasserleitungen. Und wir brauchen humanitäre Helfer*innen, um Kinder und Familien in Not zu erreichen. Doch die Intensivierung der Militäroperation in der Region Rafah und die Schließung wichtiger Grenzübergänge in den südlichen Gazastreifen haben unseren Zugang zu Treibstoff abgeschnitten. Dadurch drohen die humanitären Maßnahmen zum Erliegen zu kommen.
Die lebenswichtige Infrastruktur im Gazastreifen, die noch zumindest teilweise funktionsfähig bleibt, ist ebenfalls auf Treibstoff angewiesen, um lebensrettende Dienste bereitzustellen. Dazu gehören die verbliebenen Krankenhäuser und Gesundheitszentren, Wasserentsalzungsanlagen und Brunnen, Abwasserpumpen und die Abfallentsorgung – all diesen Diensten könnte innerhalb von Tagen, wenn nicht Stunden, der Treibstoff ausgehen.
Die Lage ist katastrophal. Wenn die Grenzübergänge Kerem Shalom und Rafah nicht wieder für Treibstoff und humanitäre Hilfsgüter geöffnet werden, werden die Folgen fast sofort spürbar sein: Die lebenserhaltenden Maßnahmen für Frühgeborene werden nicht mehr funktionieren; Kinder und Familien werden an Dehydrierung leiden und schmutziges Wasser trinken müssen; die Abwasserkanäle werden überlaufen, und Krankheiten werden sich weiter verbreiten. Einfach gesagt: Die verlorene Zeit wird sich bald in verlorenen Leben messen lassen.
Ich fordere die zuständigen Behörden nachdrücklich auf, humanitären Akteuren den Weg für umsetzbare Maßnahmen zu ebnen und konkrete Zusicherungen zu geben, um den sicheren Transport humanitärer Hilfe in den Gazastreifen und innerhalb des Gazastreifens zu ermöglichen.
Ich bin auch sehr besorgt über die Flucht der Zivilbevölkerung im Gazastreifen in unsichere Gebiete. Als Reaktion auf die Evakuierungsbefehle für den Osten von Rafah sind Berichten zufolge mindestens 80.000 Menschen aus dem Gebiet geflohen. Viele suchen in Al-Mawasi und in den Ruinen von Khan Younis Zuflucht. Wir haben seit Monaten davor gewarnt, dass Al-Mawasi kein sicherer Ort ist. Es handelt sich um einen schmalen Strandstreifen an der Küste, dem es an grundlegender Infrastruktur – wie Toiletten und fließendem Wasser – fehlt, die für die Versorgung der Bevölkerung notwendig ist. Die meisten Kinder in Rafah wurden bereits mehrfach durch die Kämpfe vertrieben – ein direkter Verstoß gegen ihre Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht.
Darüber hinaus warnen wir seit Monaten davor, dass jede militärische Eskalation in Rafah das menschliche Leid verschärfen wird. Und nun sehen wir diese Entwicklung in Echtzeit. Die Kinder im Gazastreifen haben in diesem Krieg bereits schreckliche Not erlitten. Nach den jüngsten Schätzungen des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden mehr als 14.000 Kinder getötet. Tausende weitere wurden verletzt oder haben Familienmitglieder, Angehörige oder Freunde verloren. Schätzungsweise 17.000 Kinder sind unbegleitet oder wurden von ihren Eltern getrennt. Fast alle Kinder im Gazastreifen haben traumatische Erfahrungen gemacht, deren Folgen sie womöglich ihr Leben lang begleiten werden. Viele sind schwer verletzt, erschöpft, krank, mangelernährt oder traumatisiert. Durch die jüngste Eskalation in Rafah müssen sie nun noch mehr Schmerz und Not ertragen.
Ich fordere die Konfliktparteien auf, die Gewalt unverzüglich einzustellen, Kinder und die zivile Infrastruktur zu schützen, alle Geiseln freizulassen und humanitären Organisationen den nötigen Raum und Zugang zu gewähren, damit sie die so dringend benötigte massive und organisationsübergreifende Hilfe im Gazastreifen sicher durchführen können.“
Service für die Redaktionen
» Bild-und Videomaterial steht auf dieser Seite zur Verfügung.
Christine KahmannSprecherin - Nothilfe