Im Zelt bei -3 Grad? So leben Kinder in Syrien auf der Flucht
Kälte, Matsch und Schnee: "Dies ist so ein düsterer Ort"
Vor ein paar Tagen haben uns aktuelle Fotos aus Syrien erreicht. Sie zeigen Kinder auf der Flucht. Kinder in Pfützen und seit ein paar Tagen noch dazu sogar im Schnee. Wir sehen Kinder, die ihre Notlager in leerstehenden Gebäuden oder provisorischen Zelten errichtet haben. Aber auch: Kinder, die endlich warme Winterkleidung bekommen haben. Und Kinder beim Spielen, die versuchen, sich trotz des Winters und der üblen Lebensumstände irgendwie zu arrangieren – immer in der Hoffnung darauf, dass bald bessere Zeiten für sie beginnen.
Die Gewalt in der Provinz Idlib im Nordwesten Syriens eskaliert täglich mehr. Mehr als 800.000 Syrerinnen und Syrer wurden seit Dezember gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Massenweise fliehen die Menschen Richtung Norden in die Nähe der türkischen Grenze.
Die Familien leben dort nun in Flüchtlingscamps oder in improvisierten Siedlungen. Für Babys und Kleinkinder ist die Situation am schlimmsten: Die Kälte kann für sie besonders schnell zu Erfrierungen oder lebensgefährlichen Krankheiten führen, zum Beispiel zu Lungenentzündungen.
Im Flüchtlingscamp in Sarmada
Eine dieser informellen Siedlungen ist in Sarmada entstanden, einer Kleinstadt im äußersten Nordwesten Syriens. Die Kinder kämpfen darum, warm und trocken zu bleiben und gesund durch den Winter zu kommen.
In manchen Regionen Syriens kommt es im Winter zu Frost und Schnee, so wie aktuell auch hier in der Region Idlib. In den Wochen davor hatte es viel geregnet. Unsere Helferinnen und Helfer vor Ort haben in dem improvisierten Flüchtlingscamp Sarmada erst kürzlich mehr als 12.000 Sets mit Winterkleidung an Kinder im Alter von null bis 14 Jahren verteilt.
Schätzungsweise achtzig Prozent der Geflüchteten in der Region Idlib sind Frauen und Kinder. Auf der Suche nach Sicherheit haben sie sich nach Norden begeben. Jetzt leben sie in Unterkünften wie diesem Flüchtlingslager in Sarmada.
Häufig gibt es zu dieser Jahreszeit starke Regenfälle. Die Lebensbedingungen verschlechtern sich dadurch weiter – vor allem, wenn der Regen die Zelte überflutet.
Die Kinder und Familien leben in einfachsten Verhältnissen. Sie haben kaum etwas, um die Kälte zu bekämpfen. Der Winter verschärft den dringenden Bedarf an humanitärer Hilfe für Hunderttausende Menschen in der Region Idlib noch mehr.
Ich möchte auch helfen
Notlager im ehemaligen Jugendgefängnis
Andere aus der Region Idlib vertriebene Familien sind auf der Suche nach Sicherheit in leerstehenden Gebäuden untergekommen. Zum Beispiel in ehemaligen Schulen. Oder beispielsweise auch in einer ehemaligen Jugendstrafanstalt – so wie die Kinder auf den Fotos unten.
45 vertriebene Familien haben mit ihren Kindern Zuflucht gesucht in einem ehemaligen Jugendgefängnis, mitten im Zentrum von Idlib. Hier leben sie nun unter einfachsten Bedingungen.
Eine trostlose und beklemmende Atmosphäre: Zwar haben die hier lebenden Familien ein Dach über dem Kopf gefunden – aber mehr auch nicht. Wann und ob sie überhaupt eines Tages in ihre Heimat zurückkehren können, ist ungewiss. Und noch schlimmer: Wie lange sie hier in Sicherheit sind, weiß ebenfalls niemand, denn die Kämpfe kommen immer näher.
"Wir sollten eigentlich gar nicht hier sein. Dies ist kein Ort für Kinder", sagt auch Ramez (10, rechts im Bild), der mit seiner Familie ebenfalls hier lebt. "Ich musste alles zurücklassen, sogar meine Lieblingsspielzeuge. Sie wurden alle unter den Trümmern begraben", erzählt er.
Die winterlichen Temperaturen sind gefährlich für die Kinder. Sie sind jetzt besonders anfällig für Krankheiten und brauchen weiterhin dringend unsere Hilfe: neben warmer Kleidung auch Lebensmittel, Wasser und Medikamente.
Neue Winterkleidung für Kinder in Nordost-Syrien
Nicht viel anders ist die Situation für die Kinder in einem anderen Teil des Landes, im Nordosten Syriens. Auch hier sind die Temperaturen gesunken und vertriebene Kinder und Familien kämpfen sich durch den vielleicht noch lange anhaltenden Winter. Die Zelte schützen die Kinder nur dürftig gegen die Kälte und den Wind. Umso wichtiger ist es, dass wir sie mit warmer Kleidung versorgen. Eins dieser Lager ist das Zeltcamp Mahmoudli in Ar-Raqqa. Ende Januar hat UNICEF dort 5.000 Mädchen und Jungen mit warmer Kleidung ausgestattet.
Der 9-jährige Ibrahim (Foto oben) freut sich über den Inhalt seines eben erhaltenen Kartons mit Winterkleidung. Die Kleidung kommt in großen Kisten in den Flüchtlingscamps an. Bei ihrer Flucht mussten die Familien fast alles in ihrer Heimat zurücklassen, auch ihre Kleidung.
Alle drei Geschwister haben dasselbe Schuhmodell, dieselben Hosen, Mützen und Schals – aber das ist ihnen vermutlich ziemlich egal. Denn alles ist besser, als in Sommerschuhen und zu dünner Kleidung durch die Kälte und Nässe laufen zu müssen.
Der 6-jährige Mischaal probiert seine neue Winterkleidung an, die von UNICEF im Mahmoudli-Lager verteilt wurde. Jedes Kleidungsset enthält eine warme Hose, eine Winterjacke, eine Wollmütze, Schal und Handschuhe und dazu feste Winterschuhe.
Auch der 8-jährige Basel hat eins dieser Kleidungssets bekommen. Schon seit fast zwei Jahren ist er zusammen mit seiner Familie auf der Flucht.
Abdullah ist zehn und lebte früher in der Kleinstadt Maskana im ländlichen Teil des Gouvernements Aleppo. Seine Familie musste aus ihrem Haus fliehen, als die Gewalt vor fast zwei Jahren in der Region ausbrach.
Das Leben im Camp lädt nicht gerade dazu ein, fröhlich und unbeschwert zu sein. Und trotzdem gibt es sie immer wieder – diese Momente, in denen die Kinder miteinander spielen, lachen und singen.
Neun Jahre Krieg in Syrien
Seit fast neun Jahren herrscht nun Krieg in Syrien. Die vielen Kinder, die seitdem geboren sind, kennen nichts anderes als Krieg. Die etwas Älteren erinnern sich kaum noch an friedliche Zeiten. Zwischendurch schien der Frieden etwas näher gerückt zu sein. Aber dann kam es immer wieder zu neuen Gewaltausbrüchen. Nur die Regionen, in denen gekämpft wird, verschoben sich: Die letzten Wellen von Gewalt und Vertreibung spielten sich im Nordosten und anschließend vor allem im Nordwesten des Landes, in der Provinz Idlib, ab.
Die Mädchen und Jungen in Syrien brauchen unverändert unseren Beistand – und ganz konkrete Hilfe. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort sind seit Jahren im Einsatz und wissen, welche Hilfsgüter die Kinder gerade am dringendsten brauchen. Momentan zum Beispiel steht warme Winterkleidung sehr weit oben auf der Liste. Möglich gemacht werden unsere Kleidungslieferungen nur, weil Spenderinnen und Spender aus Deutschland und vielen anderen Ländern weltweit die Kinder in Syrien unterstützen. Möchten Sie auch dazugehören?
Ich möchte auch helfen
* Dieser Beitrag ist entstanden in Anlehnung an verschiedene Foto-Essays von UNICEF International.