Menschen für UNICEF

Mit UNICEF-Schirmherrin Elke Büdenbender im Libanon: ein Reisebericht


von Ninja Charbonneau

Es gibt Augenblicke auf einer Reise, die sind unvergesslich.

Bei einem Programmbesuch im Libanon mit UNICEF-Schirmherrin Elke Büdenbender und dem UNICEF-Vorsitzenden Georg Graf Waldersee haben mich vor allem die Kontraste sehr bewegt: Zwischen armen Zeltlagern für Flüchtlinge in der Bekaa-Ebene und modernen Hochhäusern in Beirut. Zwischen der tristen Umgebung und der Fröhlichkeit der Kinder.

Libanon: Elke Büdenbender spricht lächelnd zu zwei Kindern.

UNICEF-Schirmherrin Elke Büdenbender trifft Kinder im Libanon.

© UNICEF Lebanon/2018/Kelly

Etwa am Schluss der Reise, als die Kontraste kaum größer hätten sein können: Eben noch gehen wir durch enge, verwinkelte Gassen in einem palästinensischen Flüchtlingscamp in Beirut. Es fällt kaum Licht herein, weil die Häuser immer mehr Menschen aufnehmen, aber nur noch nach oben wachsen können. Und dann kommen wir in ein Kinder- und Jugendzentrum und erleben die UNICEF-Hilfe hautnah – aber dazu gleich mehr.

Kinder im Flüchtlingscamp

Der Begriff „palästinensisches Flüchtlingscamp“, so die offizielle Bezeichnung, passt nicht mehr wirklich. 1948 als Camp gegründet ist das Gebiet eher ein urbanes Elendsviertel, in dem inzwischen rund 18.000 Palästinenser in der vierten Generation leben – und seit dem Beginn des Konfliktes im Nachbarland außerdem rund 18.000 Syrer.

Unsere libanesischen Kolleginnen ermahnen uns immer wieder, als Gruppe eng zusammenzubleiben, weil es für nicht Ortskundige nahezu unmöglich ist, sich im Labyrinth der Gassen zurechtzufinden. Die zweite Mahnung lautet, auf keinen Fall die Wände zu berühren – wegen der chaotisch überall hängenden unsicheren Stromleitungen, die schon zu mehreren Todesfällen geführt haben.

Libanon: Ein Mädchen in einer Gasse und Kabelgewirr am Stromkasten.

Mädchen im palästinensichen Flüchtlingscamp in Beirut. Zum Stromkasten führt ein Gewirr aus Kabeln.

© UNICEF/DT2018-62082/Ninja Charbonneau

Dann hören wir plötzlich fröhliche Kinderstimmen: Inmitten dieser trostlosen Betonwüste betreten wir ein farbenfroh gestaltetes Haus, in dem eine lokale Hilfsorganisation mit Unterstützung von UNICEF verschiedene Aktivitäten für Kinder und Eltern anbietet. In der unteren Etage tauschen sich gerade Mütter darüber aus, wie sie mit Stress besser umgehen und ihre Kinder gewaltfrei erziehen können.

In der mittleren Etage macht eine Kindergruppe gerade Yoga, eine andere spielt mit zwei Betreuerinnen. Sie imitieren Geräusche und ahmen die Bewegungen jeweils eines anderen Kindes nach. Wir lassen uns von der Begeisterung anstecken, machen beim Yoga und den Spielen mit. Bei allem Spaß geht es auch um Dinge wie die Vermittlung von Selbstvertrauen, Respekt und friedlichem Zusammenleben.

Libanon: Ninja Charbonneau spielt mit Kindern eines Flüchtlingscamps.

Ninja Charbonneau beim Spiel mit Kindern im Kinder- und Jugendzentrum des Flüchtlingscamps.

© UNICEF/DT2018-62088/Beate Jung

Ein Haus aus Eiscreme

Im obersten Stock des Kinder- und Jugendzentrums sind Mädchen und Jungen bei der Tanztherapie. Auch hier tanzen Jugendliche mit palästinensischer und syrischer Herkunft zusammen, auch hier hat der Spaß einen ernsten Hintergrund. Die Jugendliche bauen sich in ihrem Tanz das jeweilige Haus ihrer Träume: Ein Mädchen baut ein Haus aus Blumen, ein älterer Junge ein stabiles Haus aus schweren Steinen, ein kleinerer Junge baut sein Traumhaus aus Eiscreme.

Auch Elke Büdenbender wird in den Kreis gebeten und tanzt mit. Mit den Händen formt sie ein Herz. Ihr Traumhaus hat eine große Küche, in der sie mit allen Freunden zusammen kochen und essen kann, und auch alle Kinder und Jugendlichen lädt sie in das geträumte Haus ein.

Man sieht Elke Büdenbender an, dass ihr diese Begegnungen mit den Jugendlichen großen Spaß machen, und gerade deswegen ist es ihr mit ihrem Engagement als UNICEF-Schirmherrin ernst: Sie will wirksam sein und ihre Rolle nutzen, um für Unterstützung zu werben.

Was hat UNICEF-Schirmherrin Elke Büdenbender auf dieser Reise am meisten bewegt und welche Botschaft nimmt sie mit nach Deutschland? Erfahren Sie es hier im Video.

Zusammenleben von Libanesen und Flüchtlingen

Friedliches Zusammenleben zu fördern – kaum etwas könnte wichtiger sein, und es ist alles andere als selbstverständlich in einem Land, das in seiner jüngeren Geschichte einen Bürgerkrieg erlebt hat und in dem verschiedene Religionsgemeinschaften und Menschen unterschiedlicher Herkunft oft auf engem Raum zusammenleben.

Im Libanon leben schätzungsweise 1,5 Millionen Syrerinnen und Syrer, rund die Hälfte von ihnen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Rund jeder Vierte im Libanon stammt aus Syrien – kein anderes Land auf der Welt hat gemessen an der eigenen Bevölkerung so viele Flüchtlinge aufgenommen.

Das ist eine starke Leistung, aber nachvollziehbar auch eine große Herausforderung, die der Libanon nur mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft meistern kann. Und der Druck auf die Syrer, in ihre Heimat zurückzukehren, nimmt zu– obwohl viele Familien sich dort nach wie vor nicht sicher fühlen oder sie schlicht nichts mehr haben, zu dem sie zurückkehren könnten.

Auch deshalb legt UNICEF im Libanon großen Wert darauf, dass alle von den Programmen profitieren: Syrische Flüchtlinge ebenso wie benachteiligte libanesische Jugendliche oder arme Familien, welcher Herkunft auch immer. UNICEF ist seit 70 Jahren im Libanon präsent, 1948 wurde hier das weltweit erste Länderbüro eröffnet.

Informelle Siedlungen am Rande der Gesellschaft

Offizielle Flüchtlingscamps für Syrer gibt es, anders als in der Türkei oder in Jordanien, im Libanon nicht. Die meisten syrischen Flüchtlinge leben in Mietwohnungen, doch Tausende Familien, die sich das nicht leisten können, sind in sogenannten „Informellen Siedlungen“ untergekommen.

Libanon: UNICEF-Vorsitzender mit einer Gruppe von Kindern.

Bild 1 von 4 | Georg Graf Waldersee, Vorsitzender von UNICEF Deutschland, mit syrischen Flüchtlingskindern in einer Notsiedlung im Libanon.

© UNICEF/DT2018-62085/Ninja Charbonneau
Libanon: Ein kleiner Junge steht vor einem selbstgebauten Zelt.

Bild 2 von 4 | Seit Jahren leben viele Familien auf engem Raum in selbst gebauten Zelten.

© UNICEF/DT2018-62086/Ninja Charbonneau
Libanon: Kinder schaukeln an Zeltstangen.

Bild 3 von 4 | Trotz allem fröhlich: Da es keinen Spielplatz gibt, schaukeln diese Kinder an Zeltstangen.

© UNICEF/DT2018-62087/Ninja Charbonneau
Libanon: Elke Büdenbender mit einer Gruppe von Schülern in der Containschule.

Bild 4 von 4 | UNICEF-Schirmherrin Elke Büdenbender zu Besuch in der Containerschule.

© UNICEF Libanon/2018/Maya Outayek

Wir besuchen eine solche „Siedlung“ in der Bekaa-Ebene, in der Familien aus dem syrischen Rakka schon seit Jahren unter schwierigsten Umständen ausharren, in selbst gebauten Notunterkünften aus Holz und Planen oder Stoffresten. Fließendes Wasser gibt es nicht, im Sommer ist es unerträglich heiß, im Winter wird die Erde zu Matsch und die Kälte und Nässe kriechen durch die Planen. Ein Vater erzählt Elke Büdenbender, dass er letzten Winter eine schwere Kopfwunde erlitten hat, weil das selbst gebaute Zelt unter der Last des Regens zusammenbrach und ihm ein Holzbalken auf den Kopf krachte. Da sie zum Beispiel viel Geld für Windeln für die 14-jährige behinderte Tochter ausgeben müssen, ist auch diese Familie verschuldet.

Immerhin, viele vor allem der jüngeren Kinder hier fahren mit dem Bus zu einer öffentlichen Schule, ein anderer Teil der Kinder besucht eine Container-Schule, die mit Unterstützung von UNICEF durch eine lokale Partnerorganisation betrieben wird. Es geht darum, dass alle Kinder und Jugendlichen eine faire Chance haben sollen, zu lernen und etwas aus ihrem Leben zu machen, auch und gerade wenn das Leben ihnen bisher hart mitgespielt hat.

Chancen für alle Kinder und Jugendlichen - aber wie?

Wie kann das gelingen? Es ist die zentrale Frage auf der Reise der UNICEF-Schirmherrin in den Libanon, es ist die zentrale Frage für UNICEF insgesamt. Die Herausforderungen sind groß, denn rund ein Drittel der 6- bis 14-jährigen syrischen Kinder geht nach wie vor nicht zur Schule, bei den 15- bis 17-jährigen Jugendlichen sind es sogar 80 Prozent. Das liegt an der Schulpflicht, die dann endet, aber auch an der finanziellen Not, die viele Jungen in die Kinderarbeit und viele Mädchen in Frühehen zwingt.

Beirut: Elke Büdenbender sitzt lächelnd vor einer jungen Schülerin.

UNICEF-Schirmherrin Elke Büdenbender mit syrischen Kindern in einer Schule in Beirut.

© dpa

Aber es gibt auch die Erfolgsgeschichten, und einige davon möchte ich Ihnen hier vorstellen. Zum Beispiel die Schule in Beirut, die in zwei Schichten arbeitet, damit möglichst viele Kinder unterrichtet werden können. Morgens sind es 270 Schülerinnen und Schüler, rund 100 von ihnen nicht-libanesischer Herkunft. Nachmittags lernen 900 (!) Mädchen und Jungen aus Syrien in den Räumen, oft sind die Altersgruppen gemischt, weil die Kinder teilweise mehrere Schuljahre versäumt haben und jetzt viel aufholen müssen.

#träumesindgrenzenlos für Kinder im Libanon

Ihre Träume haben sie nicht aufgegeben: Profifußballer und Anwalt wollen sie werden, Englischlehrerin oder Architektin.

Libanon: Hamzah sitzt glücklich in seiner Klasse.

Hamzah (10) möchte Fußballspieler werden.

© UNICEF/DT2018-62084/Ninja Charbonneau
Libanon: Rama steht lächelnd in ihrer Klasse.

Rama (11) möchte Architektin werden, weil sie später beim Wiederaufbau in Syrien helfen möchte.

© UNICEF/DT2018-62081/Ninja Charbonneau

Auch die Zwillingsmädchen Walaa und Alaa (18), die wir an einer Landwirtschaftsschule getroffen haben, haben einen Traum: Sie möchten ein eigenes Restaurant eröffnen. An der Landwirtschaftsschule haben sie viel über Ernährung, Produkte und Management gelernt. Bald wollen sie ihr Hobby Kochen zum Beruf machen.

Libanon: Die Zwillinge Walaa und Alaa.

Walaa und Alaa (18) aus Aleppo wollen sich mit einem eigenen Restaurant in Beirut eine neue Zukunft aufbauen.

© UNICEF/DT2018-61787/Ninja Charbonneau

Viele weitere Zukunftspläne lernen wir in einem Zentrum unserer Partner-NGO Lost in Bednayel kennen, in dem Jugendliche und junge Erwachsene eine Basis-Ausbildung machen oder Ideen für Start-Ups entwickeln können. Eine Reihe von jungen Männern und Frauen stellen uns ihre Pläne vor, sie haben bei einem „Innovation Lab“ die Jury überzeugt und ein kleines Stipendium für die Umsetzung gewonnen. Bader (18) zum Beispiel möchte eine Recycling-Anlage bauen. Nour (20) kreiert eigene Parfüms.

Libanon: Nour mischt eigene Düfte.

Nour (20) mischt Düfte nach den Wünschen ihrer Kunden und möchte sich mit einem eigenen Geschäft selbständig machen.

© UNICEF/DT2018-62080/Ninja Charbonneau

Elke Büdenbender ist begeistert, geht von Stand zu Stand, lässt sich von den Jugendlichen ihre Pläne erklären, lobt ihre Ideen und macht ihnen Mut. Bildung und Chancen für Jugendliche – es ist ihr Herzensthema und ein großes Anliegen. Die jungen Frauen und Männer sind sichtlich stolz und freuen sich über das ehrliche Interesse. Geduldig erfüllt Elke Büdenbender jeden Foto- und Selfie-Wunsch. Der Nachmittag wird allen im Gedächtnis bleiben.

Libanon: Junge Mädchen machen Selfies mit Elke Büdenbender.

Bitte lächeln: Junge Frauen im Libanon posieren für ein Foto mit UNICEF-Schirmherrin Elke Büdenbender.

© dpa

Übrigens werden die oben genannten Bildungsprogramme maßgeblich über das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) von der Bundesregierung unterstützt – Deutschland ist einer der wichtigsten Partner von UNICEF in der Region. Auch viele private Spenderinnen und Spender haben dazu beigetragen, dass Kinder und Jugendliche wie Rama und all die anderen zur Schule gehen und eine Ausbildung machen können.

An dieser Stelle: Herzlichen Dank an alle Unterstützerinnen und Unterstützer! Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder Cent für die Kinder und Jugendlichen gut angelegt ist.

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Autor*in Ninja Charbonneau