Äthiopien: Kinder aus Tigray brauchen dringend Hilfe
Im letzten Herbst sind in der Region Tigray im Norden Äthiopiens Kämpfe entbrannt. Seitdem mussten hunderttausende Menschen ihr Zuhause verlassen.
"Als die Bomben fielen, sind wir losgerannt, ohne irgendetwas mitzunehmen", erzählt die 18-jährige Nargof. Sie und ihre Familie liefen mehrere Tage von ihrem Haus in Tigray bis zum Flüchtlingscamp in der Region Kassala im Sudan. "Ich habe Angst. Ich habe gesehen, wie Menschen getötet wurden. Ich weiß nicht, wo mein kleiner Bruder ist."
Mehr als 60.000 Menschen, die Hälfte davon Kinder, sind wie Nargof aus den umkämpften Gebieten in den benachbarten Sudan geflüchtet, viele weitere harren in überfüllten Camps aus. Überall fehlt es an Nahrungsmitteln, Trinkwasser und Unterkünften.
Humanitäre Lage in Tigray "sehr besorgniserregend"
In Tigray ist die humanitäre Lage weiterhin angespannt. Schätzungsweise 220.000 Menschen leben als Vertriebene in der Provinz, die meisten von ihnen sind Frauen und Kinder.
"Die Lage der Kinder ist sehr besorgniserregend", berichtet James Elder, Kommunikationsleiter von UNICEF im südlichen und östlichen Afrika. "Sie leiden unter Gewalt und Unsicherheit. Es gibt kein Trinkwasser, da es an Treibstoff für die Wasser- und Sanitärversorgung fehlt. Dadurch steigt das Risiko für lebensgefährliche Krankheiten."
Vielerorts wurden Impfprogramme ausgesetzt, die Gesundheits- und Wasserversorgung wurde beschädigt oder zerstört, wichtige Vorräte wurden geplündert. Obwohl in den meisten Regionen Äthiopiens viele Kinder nach den Covid-19 bedingten Schulschließungen mittlerweile wieder in die Schule zurückkehren konnten, können in Tigray schätzungsweise 1,3 Millionen Schulkinder weiterhin nicht lernen.
"Die Schulen sind immer noch geschlossen. Viele wurden geplündert und verwüstet, andere dienen Familien als Notunterkunft und wiederum andere werden von den Streitkräften oder bewaffneten Gruppen genutzt", erklärt Elder.
Die wenigen humanitären Bedarfsanalysen, die bisher durchgeführt werden konnten, weisen darauf hin, dass sich die Ernährungssituation scharf zuspitzt und Unterernährung zunimmt. Laut einer aktuellen Analyse leidet eines von zehn Kindern in der Gegend rund um die Stadt Shire an schwerer akuter Mangelernährung – rund 70.000 Kinder sind davon bedroht.
Der Zugang für humanitäre Organisationen ist in den meisten betroffenen Gebieten weiterhin eingeschränkt. Anfang Februar konnte UNICEF 122 Tonnen Hilfsgüter nach Shire bringen – es war die erste UN-Hilfslieferung in die Stadt seit Beginn der Krise. Doch der Bedarf ist enorm.
- untersuchen Kinder unter fünf Jahren auf Mangelernährung und behandeln schwer mangelernährte Kinder mit lebensrettenden Medikamenten und Erdnusspasste
- versorgen Kinder mit hochproteinhaltigen Keksen, um Mangelernährung vorzubeugen
- versorgen vertriebene Familien mit Trinkwasser
- stellen Medikamente und Hygieneartikel bereit
Tausende Menschen fliehen in den benachbarten Sudan
Zu Beginn der Krise überquerten täglich rund 5.000 Menschen die Grenze in den Sudan, um dort Zuflucht zu suchen. Allein in den ersten Tagen des neuen Jahres kamen mehr als tausend Personen aus Tigray in den Provinzen Kassala und Gedaraf im Sudan an. Manche waren Tage, sogar Wochen unterwegs.
Als die Angriffe in Tigray begannen, hatte Mebraq gerade ihre Zwillinge Solot und Sempa in einem Krankenhaus zur Welt gebracht. Mitten in der Nacht musste sie mit den beiden fliehen. Sie hatte kaum etwas zu essen und große Angst.
"Ich wusste, dass ich keine Wahl hatte. Ich musste fliehen, um meine Kinder zu retten...", schilderte Mebraq ihre Not. "Ich konnte sie tagelang nicht stillen, vielleicht, weil ich so erschöpft war."
Als Mebraq im Registrierungszentrum in Hamdayet im Sudan ankam, wurde sie sofort ins nächste Krankenhaus nach Kassala gebracht, wo sie und die Säuglinge mehrere Tage lang betreut wurden. Nun ist sie in einer sicheren UNICEF-Zeltunterkunft für Mütter und ihre Babys untergebracht und Solot und Sempa schlafen friedlich. Auch stillen kann Mebraq wieder.
Dramatische Lage in den Flüchtlingscamps
Mehr als eine Million geflüchtete Menschen aus dem Südsudan, Eritrea, der Zentralafrikanischen Republik, Äthiopien und weiteren Ländern suchen derzeit Zuflucht im Sudan – jeder dritte Flüchtling ist ein Kind. In den überfüllten Lagern ist es kaum möglich, sich vor dem Coronavirus zu schützen, Abstand zu halten und Hygienemaßnahmen einzuhalten. Viele Familien müssen sich Schlafplätze teilen oder im Freien schlafen. Es fehlt an Sanitäreinrichtungen, Duschen und sauberem Wasser.
UNICEF ist vor Ort und unterstützt Programme, um die Wasser-, Gesundheits- und Nahrungssituation der geflüchteten Familien zu verbessern sowie Routineimpfungen sicherzustellen.
*Dieser Blogbeitrag erschien im Original bei UNICEF Australien. Wir haben ihn für Sie adaptiert.