Pressemitteilung

1.100 unbegleitete geflüchtete und migrierte Kinder in Griechenland in Gefahr

Brüssel/Genf/Köln

UNICEF fordert die europäischen Mitgliedstaaten dazu auf, Maßnahmen zur Familienzusammenführung und Umverteilung voranzutreiben

Mehr als 1.100 unbegleitete und von ihren Familien getrennte geflüchtete und migrierte Kinder halten sich laut UNICEF in unsicheren und überfüllten Aufnahme- und Registrierungszentren auf den griechischen Inseln oder in Gefängnissen im ganzen Land auf, in denen ihr Schutz nicht sichergestellt ist. Dies markiert einen neuen Höchststand seit Anfang 2016.

Jungen lehnen an der Wand im Identifikationszentrum Moria/Griechenland.
© UNICEF/UN0274745/Haviv VII Photo

Angesichts dieser Situation ruft UNICEF die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu einem stärkeren Engagement zum Schutz dieser besonders gefährdeten Kinder und Jugendlichen auf. Hintergrund ist ein gewaltsamer Zwischenfall am vergangenen Wochenende im Flüchtlingslager Moria auf der Insel Lesbos bei dem ein Kind ums Leben kam und zwei weitere verletzt wurden.

„Diese jüngste Tragödie erinnert uns schmerzlich daran, dass die Situation in den Aufnahmezentren in Griechenland an einem kritischen Punkt ist“, so Afshan Khan, UNICEF-Regionaldirektorin für Europa und Zentralasien und Sonderkoordinatorin für Flucht und Migration in Europa. „Wir rufen die griechischen Behörden auf, Kinder auf das Festland zu überführen und sie dort angemessen unterzubringen. Griechenland darf dabei aber nicht allein gelassen werden. Die europäischen Regierungen müssen sich dazu verpflichten, unbegleitete und von ihren Familien getrennte Kinder und Jugendliche umzusiedeln und den Prozess der Familienzusammenführung zu beschleunigen.“

Überfüllung und Überlastung im Aufnahmezentrum in Moria

Das Aufnahmezentrum in Moria ist ursprünglich dafür ausgerichtet 3.000 Menschen unterzubringen. Derzeit leben hier aber mehr als 8.700 Menschen, darunter 3.000 Kinder. In der sogenannten Sektion B des Lagers sind aktuell mehr als 520 unbegleitete Minderjährige untergebracht, obwohl dieser Bereich nur für 160 Kinder und Jugendliche ausgelegt ist.

Die Träume und die Verzweiflung von Jungen, die sich in „Sektion B“ aufhalten, dokumentiert ein Kurzfilm, den UNICEF heute veröffentlicht hat. In dem Film berichtet beispielsweise der 16-jährige Morteza (Name geändert) aus Afghanistan: „Wegen der Unsicherheit hatte ich keine Möglichkeit zur Schule zu gehen. Deshalb musste ich, meine Heimat verlassen.“ Bei anderen Jungen in „Sektion B“ beobachtet er: „Ich denke, sie verlieren Tag für Tag ihren Verstand. Deshalb verletzten sie sich manchmal selbst. Ich möchte nicht so werden."

Der Film zeigt auch die Erschöpfung und Überforderung von Helfern, die sich für die Fürsorge und den Schutz der Kinder einsetzen. Die Überlastung in der gesamten Unterkunft führt dazu, dass Kinder weiterhin der Gefahr von Gewalt und Missbrauch ausgesetzt sind und nur eingeschränkten Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und psychosozialer Unterstützung haben. Häufig müssen die Kinder länger in Sektion B bleiben als die gesetzlich vorgeschriebenen 25 Tage, da angemessene Unterkünfte auf dem griechischen Festland belegt sind.

Maßnahmen zum Schutz von geflüchteten und migrierten Kindern

Neben der Umverteilung von unbegleiteten und von ihren Familien getrennten Kindern, insbesondere aus Griechenland, Italien und Spanien, und der schnellen Familienzusammenführung, ruft UNICEF die europäischen Regierungen und die EU dazu auf, die Mittel zur Unterstützung und Stärkung der europäischen Länder, die die meisten Geflüchteten und Migranten aufnehmen, aufzustocken.

Die europäischen Regierungen müssen gemeinsam handeln, um sicherzustellen, dass alle geflüchteten oder migrierten Kinder sicher und angemessen untergebracht werden. Auf allen Etappen ihres Weges und im Ankunftsland muss der Schutz der Kinder und ihre Unterstützung sichergestellt werden. Hierzu sind auch sichere und legale Einreisemöglichkeiten notwendig.

Derzeit leben in ganz Griechenland mehr als 32.000 geflüchtete und migrierte Kinder, darunter insgesamt mehr als 4.000 unbegleitete und von ihren Familien getrennte Kinder. UNICEF hat in den vergangenen drei Jahren in Griechenland rund 60.000 geflüchtete und migrierte Kinder und ihre Familien unterstützt. Dazu gehört es, sicherzustellen, dass diese Mädchen und Jungen Zugang zu Kinderschutzmaßnahmen, psychosozialer Unterstützung, Gesundheitsversorgung und Bildung erhalten. UNICEF beschafft gemeinsam mit dem griechischen Gesundheitsministerium 85.000 Dosen Impfstoff, um geflüchtete und migrierte Kinder vor Krankheiten zu schützen.


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