Südsudan: Hungersnot vorerst zu Ende, aber Hunger bleibt
Gemeinsame Pressemeldung von UNICEF, FAO und WFP
Nach einer bedeutenden Ausweitung der humanitären Hilfe im Südsudan kann die Hungerkrise von der offiziellen Warnstufe „Hungersnot“ (Famine) auf „Notsituation“ (Emergency) heruntergestuft werden.
Dennoch bleibt die Situation in dem Land verzweifelt: Die Zahl der Menschen, die nicht genug zu essen haben, ist von 4,9 Millionen im Februar auf sechs Millionen angestiegen und ist damit größer denn je.
Im Februar hatte die Regierung des Südsudan in Teilen des ehemaligen Bundesstaats Unity State (Provinzen Leer und Mayandit) eine Hungersnot erklärt. Gemäß der sogenannten „IPC“-Klassifizierung von Regierung, UNICEF, FAO, WFP und Partnerorganisationen ist die akute Hungersnot dort vorerst gebannt. Auch in den Provinzen Koch und Panyijiar, in denen im Februar ein hohes Hungersnot-Risiko festgestellt wurde, hat die humanitäre Hilfe mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu beigetragen, das Schlimmste zu verhindern.
Trotzdem leiden 45.000 Menschen in den ehemaligen Bundesstaaten Unity und Jonglei weiterhin unter der katastrophalen Situation. Sie drohen zu verhungern, wenn die humanitäre Hilfe nicht nachhaltig fortgesetzt werden kann. Dort hat sich die Lage rasch zugespitzt. Ursachen hierfür sind einerseits Vertreibungen in Folge des Konflikts und andererseits die spärliche Ernte des vergangenen Jahres.
Auch in anderen Landesteilen bleibt die Lage kritisch. Die Zahl der Menschen, die in einer „Notsituation“ und damit am Rande einer Hungersnot sind, ist seit Februar von einer Million auf 1,7 Millionen angestiegen.
Auch nach der Hungersnot ist die Krise im Südsudan nicht vorbei
„Diese Krise ist nicht vorbei. Wir schaffen es gerade so, die Menschen am Leben zu halten, aber viel zu viele leiden unter extremem Hunger und stehen am Rand einer Klippe“, sagte der Nothilfedirektor der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO). „Die einzige Möglichkeit, diese verzweifelte Situation zu beenden ist, den Konflikt zu stoppen, ungehinderten Zugang für Helfer zu sichern und den Menschen zu ermöglichen, dass sie sich wieder selbst um ihre Versorgung kümmern können.“
Die drei UN-Organisationen UNICEF, WFP und FAO warnen, dass die erreichten Fortschritte in den Hunger-Hotspots des Landes nicht wieder verloren gehen dürfen.
„Die Fortschritte in den von der Hungersnot betroffenen Provinzen zeigen, was möglich ist, wenn nachhaltige Unterstützung die Familien erreicht. Aber unser Job ist noch lange nicht erledigt“, sagte Joyce Luma, die Leiterin des Welternährungsprogramms (WFP) im Südsudan. „Diese Krise wird sich verschlechtern und Millionen von Menschen droht der Hungertod, wenn die humanitäre Hilfe nachlässt. Ein Ende des Konflikts ist dringend nötig.“
UNICEF: „Wir sind in der Lage, Leben zu retten“
“Wenn wir als Hilfsorganisationen Zugang und genügend Mittel haben, sind wir in der Lage, schnell und intensiv zu helfen und Leben zu retten“, sagte Mahimbo Mdoe, der Leiter von UNICEF im Südsudan. „Mehr als eine Million Kinder im Südsudan sind nach unseren Schätzungen mangelernährt. Dafür ist nicht nur der Mangel an Lebensmitteln, sondern auch fehlende Gesundheitsversorgung, der Mangel an sauberem Trinkwasser, schlechte hygienische Bedingungen und teilweise fehlender Zugang zu den Kindern in Not verantwortlich. Aktuell sind zu viele Teile des Landes wegen der Kämpfe von Hilfe abgeschnitten, so dass Hunderttausende Kinder am Rande einer Katastrophe stehen.“
Akute Mangelernährung von Kindern bleibt ein großes Problem. In mehreren Teilen des Südsudan überschreitet die globale Mangelernährungsrate 15 Prozent der Kinder – und damit die WHO-Definition einer „Notsituation“. An manchen Orten ist sogar rund jedes vierte Kind mangelernährt. Die Vereinten Nationen rechnen damit, dass sich die Situation bis Juli noch weiter zuspitzen wird, weil viele Familien ihre letzten Vorräte verbraucht haben und sie die Zeit bis zur nächsten Ernte überstehen müssen.
Hilfe von WFP, UNICEF und FAO im Südsudan
WFP hat seit Anfang des Jahres 3,4 Millionen Menschen im Südsudan mit Lebensmittelhilfe erreicht. Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF hat zusammen mit Partnern dieses Jahr bereits 76.000 Kinder mit schwerer akuter Mangelernährung behandelt. Insgesamt sollen dieses Jahr 700.000 mangelernährte Kinder behandelt werden. Im Rahmen der integrierten Hilfe hat UNICEF außerdem eine halbe Million Menschen mit sauberem Trinkwasser versorgt und sanitäre Anlagen für 200.000 Menschen eingerichtet.
UNICEF, WFP und ihre Partner führen außerdem gemeinsam so genannte „schnelle Hilfsmissionen“ (Rapid Response Missions) durch und fliegen Mitarbeiter und Hilfsgüter in Dörfer, die anders nicht zu erreichen sind. Seit Februar wurden 25 solcher schnellen Missionen nach Unity, Upper Nile und Jonglei organisiert und dadurch 40.000 Kinder erreicht.
FAO hat Ausrüstung zum Fischen sowie zum Anbau von Getreide und Gemüse für 2,8 Millionen Menschen zur Verfügung gestellt und sechs Millionen Nutztiere geimpft.
Definition von Hungersnot
Eine Hungersnot kann nur erklärt werden, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind: Mindestens 20 Prozent der Familien in einer Region sind von extremer Lebensmittelknappheit betroffen und haben nur begrenzt Möglichkeiten, sich anderweitig zu helfen; die akute Mangelernährungsrate von Kindern beträgt über 30 Prozent; täglich sterben pro 10.000 Einwohner zwei oder mehr Erwachsene an Hunger.
Hungersnot, IPC-Klassifizierung, Mangelernährung: Eine Erklärung der wichtigsten Begriffe finden Sie in unserem Blogbeitrag "Hungersnot, Ernährungskrise, Mangelernährung – Was ist das?"
Spendenaufruf für Südsudan und weitere Länder
UNICEF ruft weiter zu Spenden für Kinder im Südsudan und den anderen von Hungerkrisen betroffenen Ländern auf.
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