Pressemitteilung

UNICEF: Jede Stunde kommt es zu schweren Kinderrechtsverletzungen im Sudan

UNICEF hat glaubwürdige Berichte erhalten, wonach im Sudan in den vergangenen 100 Tagen mindestens 435 Kinder getötet und über 2.025 verletzt wurden – durchschnittlich mehr als ein Kind pro Stunde

Port Sudan/New York/Köln

Seit Beginn des gewaltsamen Konflikts im Sudan vor 100 Tagen hat UNICEF Berichte über rund 2.500 schwere Kinderrechtsverletzungen erhalten. Die tatsächliche Zahl dürfte weitaus höher liegen, da es sich hierbei lediglich um Berichte handelt, die UNICEF gemeldet wurden. Die Zahlen veranschaulichen die schweren alltäglichen Auswirkungen der Krise auf Kinder in einem Land, in dem fast 14 Millionen Mädchen und Jungen humanitäre Hilfe benötigen.

Sudan: Einem kleinen Mädchen, das auf dem Schoß der Mutter sitzt, wird ein Messband um den Arm gelegt.

Die 2-jährige Fatima wird von einer Gesundheitshelferin auf Mangelernährung untersucht. Ihre Familie wurde durch den Konflikt iim Sudan vertrieben.


© UNICEF/UNI409656/Awad

„Die Auswirkungen, die dieser Konflikt in den letzten 100 Tagen auf die Kinder im Sudan hatte, ist unfassbar", sagte Ted Chaiban, stellvertretender UNICEF-Exekutivdirektor, der diese Woche im Sudan vor Ort ist. „Eltern und Großeltern, die bereits frühere Gewaltspiralen miterlebt haben, müssen nun mit ansehen, wie ihre Kinder und Enkelkinder ähnliche grausamen Dinge erleben. Jeden Tag werden Kinder getötet, verletzt, entführt und erleben mit, wie Schulen, Krankenhäuser und die lebenswichtige Infrastruktur sowie lebensrettende Hilfsgüter, auf die sie angewiesen sind, beschädigt, zerstört oder geplündert werden."

Seit Beginn des Konflikts wurden mindestens 435 Kinder getötet und 2.025 Kinder verletzt. Darüber hinaus hat UNICEF alarmierende Berichte über eskalierende Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen in Teilen des Sudan erhalten. Schätzungsweise 68 Prozent der Krankenhäuser in den am stärksten betroffenen Gebieten sind nicht länger funktionsfähig und mindestens 17 Krankenhäuser wurden Berichten zufolge bombardiert. Weitere Krankenhäuser sollen in Militärbasen umfunktioniert worden sein und auch Krankenwagen wurden Berichten zufolge wiederholt angegriffen.

Mehr als drei Monate seit Beginn des Konflikts sind Millionen von Familien durch die Gewalt aus ihren Häusern vertrieben worden. Bereits vor Beginn des Konflikts lebten rund 3,8 Millionen Binnenvertriebene im Land, darunter 1,9 Millionen Kinder. In den vergangenen 100 Tagen mussten weitere 1,7 Millionen Kinder ihr Zuhause verlassen und sind entweder innerhalb des Landes auf der Flucht oder in den Nachbarländern. Auf der Flucht sind sie Hunger, Krankheiten und Gewalt ausgesetzt und laufen Gefahr, von ihren Familien getrennt zu werden. Berichte über Entführungen, die Rekrutierung von Kindern in bewaffnete Gruppierungen, ethnisch motivierte Gewalt und geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen und Mädchen nehmen ebenfalls zu – schätzungsweise 4,2 Millionen Frauen und Mädchen sind von geschlechtsspezifischer Gewalt bedroht.

Die aufgrund der Gewalt eingeschränkte Bewegungsfreiheit, administrative und bürokratische Hürden sowie die Verweigerung des Zugangs für humanitäre Hilfsorganisationen erschweren humanitäre Hilfslieferungen und stellen eine Gefahr für die Helfer*innen dar. Zahlreiche Lager mit humanitären Hilfsgütern wurden geplündert. All dies führt dazu, dass mindestens 690.000 Kinder von schwerer akuter Mangelernährung bedroht sind. Rund 1,7 Millionen Kinder unter einem Jahr laufen Gefahr, wichtige Impfungen zu verpassen – dadurch drohen Krankheitsausbrüche.

„Die vergangenen 100 Tage haben gezeigt, dass die direkten und indirekten Folgen des Konflikts verheerend für Kinder und ihre Familien sind. Wenn jetzt nicht gehandelt wird und die Konfliktparteien die Kämpfe einstellen sowie ihrer Verpflichtung nachkommen, das Völkerrecht einzuhalten, werden schwere Verletzungen der Rechte von Kindern weiter ansteigen", sagte Chaiban. „Ohne einen garantierten, sicheren und ungehinderten Zugang für humanitäre Helfer*innen und lebensrettende Hilfsgüter und ohne dringend benötigte zusätzliche finanzielle Unterstützung bleibt die Zukunft von Millionen von Kindern in Gefahr."

Trotz der Herausforderungen hat UNICEF in den vergangenen 100 Tagen gemeinsam mit Partnern mehr als drei Millionen Kinder und Frauen mit medizinischen Hilfsgütern erreicht, 1,4 Millionen Menschen mit sauberem Trinkwasser versorgt und 1,7 Millionen Kinder auf Mangelernährung untersucht - 82.000 schwer mangelernährte Kinder wurden behandelt. Rund 100.000 Kinder und Betreuende werden mit psychosozialer Hilfe und Schutzmaßnahmen erreicht, unter anderem durch die Einrichtung von über 400 sicheren Orten im ganzen Land.

UNICEF hat in den vergangenen 100 Tagen mehr als 5.500 Tonnen lebensrettende Hilfsgüter in den Sudan geliefert, unter anderem in Konfliktgebiete in Darfur, Kordofan und Khartum. Solange die Kämpfe andauern, werden die Bedarfe für humanitäre Hilfe jedoch weiter steigen. Viele Gemeinden bleiben von der humanitären Hilfe abgeschnitten.

Bis Mitte Juli war der UNICEF-Nothilfeaufruf für Kinder im Sudan nur zu neun Prozent finanziert. UNICEF benötigt dringend 750 Millionen US-Dollar, um die lebensrettende Hilfe in den Bereichen Gesundheit, Ernährung, Wasser, Sanitärversorgung, Bildung und Schutz für die am stärksten gefährdeten Kinder aufrechtzuerhalten und auszuweiten.

Service für die Redaktionen:

» Bild- und Videomaterialien stehen hier zur Verfügung.

» Weitere Informationen zum UNICEF-Nothilfeaufruf für den Sudan finden Sie hier: https://www.unicef.org/appeals/sudan

Christine Kahmann

Christine KahmannSprecherin - Nothilfe

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