UNICEF Foto des Jahres 2023
Licht durchbricht die Dunkelheit
Das UNICEF Foto des Jahres 2023 zeigt einen Moment der Unbeschwertheit unter den schwarzen Wolken des Krieges, auf einer Wiese im Nordwesten der Ukraine. Begleitet von Freundinnen übt die fünfjährige Alina das Fahrradfahren. In der Nacht zuvor hat eine Drohne ein Öllager in Brand gesetzt. Das diesjährige Siegerbild des polnischen Fotografen Patryk Jaracz symbolisiert das Licht der kindlichen Widerstandskraft und Freuden, dass die Dunkelheit weltweiter Kriege, Konflikte und Katastrophen durchbricht.
Den zweiten Preis erhält der deutsche Fotograf Oliver Weiken für seine Reportage über Kinderarbeit. Sein Werk begleitet Jungen in Afghanistan, die hundert Meter und mehr in die Berge von Chinarak hineinkriechen, um Kohle aus dem Gebirge nördlich von Kabul zu fördern. Die in Russland geborene Fotografin Natalya Saprunova erhält mit ihrer Reportage über die Kinder des indigenen Volkes der Ewenken den dritten Preis. Sie dokumentiert den Wandel der Kindheit in Jakutien/Sibirien.
„Es sind Kinder wie die fünfjährige Alina und ihre Freundinnen, die uns Hoffnung schenken und uns optimistisch in die Zukunft blicken lassen,“ sagte UNICEF-Schirmherrin Elke Büdenbender bei der Preisverleihung in Berlin. „Umgeben von schlechten Nachrichten sind wir es den Kindern weltweit schuldig, alles dafür zu tun, gemeinsam gute Nachrichten zu erwirken und prekäre Lagen in annehmbare zu verwandeln. Damit Kinder überall in Frieden und Würde aufwachsen können.“
„Die UNICEF Fotos des Jahres konfrontieren uns mit der Lebenswirklichkeit von Mädchen und Jungen weltweit“, sagt Peter-Matthias Gaede, Mitglied der Jury und des Deutschen Komitees von UNICEF. „Wir sehen auf Momente individueller Unbeschwertheit. Und auf das Gegenteil einer heilen Kindheit. Wir sehen Tapferkeit. Und Not. Wir sehen Kinder als Opfer von struktureller Gewalt, Armut und Rechtlosigkeit. Wir sehen auf Bilder, die uns nicht kalt lassen können.“
„Die Lage der Welt ist sicherlich komplexer und komplizierter geworden, als sie es noch zu Beginn dieses Wettbewerbs vor 24 Jahren war“, erklärte Prof. Klaus Honnef, Vorsitzender der Jury. „Was bleibt mag die Tatsache sein, dass Kinder vor allem eins sind: Kinder – egal wo und unter welchen Umständen sie leben. Durch die Siegerbilder kommt die elementare Kraft und Zuversicht der Mädchen und Jungen zum Ausdruck.“
Das Siegerbild: Unter den dunklen Wolken des Krieges
Der polnische Fotograf und Dokumentarfilmer Patryk Jaracz dokumentiert seit Beginn des Krieges in der Ukraine die Geschehnisse vor Ort. Dabei hält er solch bewegende Augenblicke wie jenen des Siegerfotos fest: Begleitet von Freundinnen übt die fünfjährige Alina das Fahrradfahren. Ein Moment der Unbeschwertheit unter den schwarzen Wolken des Unheils auf einer Wiese in der Oblast Riwne im Nordwesten der Ukraine. In der Nacht zuvor hat eine Drohne hier ein Öllager in Brand gesetzt.
Nur ein Öllager in diesem Fall, kein Wohnhaus, kein Krankenhaus, keine Schule. Nicht an jedem Tag und an jedem Ort seit dem Februar 2022 ist der Krieg in der großen Ukraine derart präsent, dass er das Licht der ukrainischen Kinder restlos auslöschen könnte. Der polnische Fotograf Patryk Jaracz zeigt das in diesem Bild. Doch zugleich thematisiert er in seiner Reportage die Verletzungen der kindlichen Psyche und an den Körpern ukrainischer Kinder.
Insbesondere im Osten und Süden der Ukraine geraten Kinder und Jugendliche immer wieder ins Kreuzfeuer der Angriffe. Ihre Häuser werden zerstört, sie werden Zeug*innen unbeschreiblicher Gewalt, müssen auf der Suche nach Sicherheit ihr Zuhause von jetzt auf gleich verlassen und verlieren Eltern, Angehörige oder Freunde. Der einsetzende Kriegswinter verschärft die Not der Kinder. Rund vier Millionen Menschen sind innerhalb der Ukraine vertrieben. Mehr als sieben Millionen Kinder in der Ukraine benötigen humanitäre Hilfe. Vielerorts ist der Präsenzunterricht aufgrund der Angriffe nicht möglich.
Der zweite Preis: In den Löchern von Chinarak
Helme, Handschuhe, Schutzbrillen haben sie nicht, wenn sie hundert Meter und mehr in die Berge von Chinarak in Afghanistan hineinkriechen. Messgeräte für giftige Gase gibt es nicht. Die Stützbalken in den Stollen sind provisorisch, die Luft ist stickig, der Boden tückisch. Und manche der Jungen, die für umgerechnet ein paar Euro am Tag Kohle aus dem Gebirge nördlich von Kabul fördern, sind gerade einmal zehn Jahre alt.
Kinderarbeit hat es in Afghanistan immer gegeben, doch seit dem Sieg der Taliban, seit dem Rückgang internationaler Hilfe, seit auch noch Missernten und Dürren über die Menschen gekommen sind, sehen sich immer mehr Familien gezwungen, schon ihre minderjährigen Söhne für das tägliche Brot schuften zu lassen. Die Kinderrechte sind in kaum einem anderen Land der Welt so fern von ihrer Verwirklichung. Mit seiner Reportage von den Jungen aus Chinarak belegt der deutsche Fotograf Oliver Weiken diesen Umstand auf eine eindrucksvolle Weise. Zugleich zeigt er die Stärke und Widerstandskraft der Kinder, die sie notgedrungen aufbringen müssen.
Der dritte Preis: Die Kinder aus dem großen kalten Wald
Die Reportage der in Russland geborenen und in Frankreich lebenden Fotografin Natalya Saprunova dokumentiert den Wandel der Kindheit in Jakutien. Einst waren die Ewenken mit ihren Rentierherden allein in der Tundra und den Wäldern im Nordosten Sibiriens. War Moskau ohne große Bedeutung für das indigene Volk. Dann kamen die Geologen und Prospektoren auf der Suche nach Gold, Diamanten und anderen reichlich vorhandenen Bodenschätzen. Und schließlich kamen die Holzfäller. Das Leben der Ewenken wandelt sich seither. Aus vielen Nomaden sind Sesshafte geworden, industrielle Anlagen beschneiden die Wege der Rentiere, Missionare treten gegen den alten Naturglauben an.
Sieben weitere Reportagen hob die Jury mit ehrenvollen Erwähnungen hervor:
- Michael Löwa, Deutschland, Reportage: Johannes‘ Schwester hat vier Beine (Deutschland)
- Robin Hammond, Neuseeland/Großbritannien, Reportage: USA: Was geschieht bloß mit mir? (USA)
- Tommy Trenchard, Großbritannien, Reportage: Ein Weltuntergang im Kleinen (Sierra Leone)
- Justin Jin, China/Belgien, Reportage: Hochleistungskinder (China)
- Supratim Bhattacharjee, Indien, Reportage: Das Schicksal der kleinen Wasserträger (Indien)
- Atefeh Alsadat Safavi Vanani, Iran, Reportage: Die Kraft der Bücher (Iran)
- Fabio Bucciarelli, Italien, Reportage: Der Feind im eigenen Körper (Ukraine)
Eine Ausstellung mit allen prämierten Arbeiten ist bis Ende Januar 2024 im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin zu sehen. Anschließend sind sie ab dem 02. Februar 2024 für die allgemeine Öffentlichkeit im Willy-Brandt-Haus zugänglich.
UNICEF Foto des Jahres
Zum 24. Mal zeichnet UNICEF Deutschland mit dem internationalen Wettbewerb UNICEF Foto des Jahres Bilder und Reportagen professioneller Fotojournalistinnen und -journalisten aus, die die Persönlichkeit und die Lebensumstände von Kindern auf herausragende Weise dokumentieren. Voraussetzung für die Teilnahme ist die Nominierung durch eine*n international renommierte*n Fotografie-Expert*in.
Eine Übersicht aller ausgezeichneten Fotoreportagen finden Sie auf www.unicef.de/foto.
Service für Redaktionen
Ein kostenloser Abdruck der prämierten Bilder sowie der dazugehörigen Texte ist im Rahmen der Berichterstattung zum UNICEF Foto des Jahres 2023 unter Angabe des Copyrights der Fotograf*innen und den entsprechenden Agenturen sowie des Textautors möglich.
» Infos- und Bildmaterial zum UNICEF-Fotowettbewerb finden Sie in unserer Digitalen Pressemappe.
» Zum Interview mit dem Preisträger Patryk Jaracz gelangen Sie hier.
» Das UNICEF Foto des Jahres ist Thema der aktuellen Folge des Podcasts von Epson. Christian Schneider, Geschäftsführer UNICEF Deutschland, und Henning Ohlsson, Geschäftsführer Epson Deutschland, sprechen über den Wettbewerb, die Geschichte hinter dem diesjährigen Siegerfoto und die Kraft der Bilder, die die Lebensumstände von Kindern weltweit dokumentieren.
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Niklas KlütschReferent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit