Pressemitteilung

Enorme Datenlücken bringen geflüchtete, migrierte und vertriebene Kinder in Gefahr

Berlin

Schätzungsweise 28 Millionen Kinder wurden 2016 aus ihrer Heimat vertrieben – die tatsächliche Zahl ist wahrscheinlich noch viel höher.

Fehlende Daten zu der Situation von geflüchteten, asylsuchenden, migrierten und intern vertriebenen Menschen gefährden das Leben und das Wohl von Millionen Kindern.

Mit einem gemeinsamen Appell unterstreichen daher UNICEF, UNHCR, IOM, Eurostat und die OECD die fundamentale Bedeutung von Daten für das Verständnis von globalen Migrationsbewegungen und für die Entwicklung von wirkungsvollen Maßnahmen zum Schutz von schutzbedürftigen Gruppen wie Kindern – und fordern die Regierungen zum Handeln auf.

Die gemeinsame Veröffentlichung „A Call to Action: Verbesserter Schutz von geflüchteten, migrierten und vertriebenen Kindern beginnt mit einer verbesserten Datenlage“ bestätigt eindrücklich die erheblichen Lücken zur Verfügbarkeit, Verlässlichkeit, Aktualität und Zugänglichkeit von Daten. Diese Daten sind jedoch unverzichtbar, um ein klares Bild darüber zu gewinnen, wie sich Migration und Flucht auf Kinder und ihre Familien auswirken – und wie sie besser geschützt werden können. Zum Beispiel:

  • sind nur für 56 Prozent aller geflüchteten Menschen unter UNHCR-Mandat Altersangaben erfasst;
  • werden nur in 20 Prozent der Länder und Gebiete, in denen Daten zu Personen, die aufgrund von Konflikten innerhalb ihres Landes vertrieben wurden, vorliegen, diese Daten auch nach Altersgruppen aufgeschlüsselt;
  • erheben etwa 25 Prozent aller Länder und Gebiete keine altersspezifischen Migrationsdaten, einschließlich 43 Prozent der Länder in Afrika.
Serbien: Ein kleiner Junge trägt einen Wäschebeutel auf seinen Schultern.
© UNICEF/UN062484/Georgiev

Diese fehlenden Informationen über die Situation von geflüchteten, migrierten und vertriebenen Mädchen und Jungen entziehen Kindern ihr Recht auf einen angemessenen Schutz und den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen.

„Informationslücken erschweren es uns, Kindern zu helfen“, erklärte Laurence Chandy, Leiterin der UNICEF-Abteilung für Daten, Forschung und Politik. “Kinder, die ihre Heimat verlassen müssen, und vor allem unbegleitete oder von ihren Eltern getrennte Kinder sind häufig großen Gefahren und Risiken ausgesetzt. Wir können jedoch nicht angemessen für die Sicherheit dieser Kinder sorgen und ihnen den Zugang zu oft lebensrettenden Dienstleistungen ermöglichen – sei es in einem Transitland oder nach ihrer Ankunft - wenn es keine Informationen darüber gibt, wer sie sind, wo sie sich aufhalten und was ihre Bedarfe sind. Wir appellieren an die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen diese Informationslücken durch verlässliche und detailliert aufgeschlüsselte Daten zu schließen und durch verbesserte Kooperationen diese Daten verfügbar und vergleichbar zu machen”.

Die nationale Datenbasis vieler Länder enthält keine Informationen zum Alter, Geschlecht, oder der Herkunft geflüchteter oder migrierter Menschen oder darüber, ob sie alleine oder gemeinsam mit ihren Familien ihre Heimat verlassen. Auch sind Daten aufgrund unterschiedlicher Erhebungsverfahren und Kriterien oft unstimmig. Dies wiederum erschwert die Vergleichbarkeit der Daten.

Zudem sind Schätzungen zur Zahl der geflüchteten und migrierten Kinder aufgrund fehlender Informationen äußerst schwierig zu treffen. Daten zur Zahl der Kinder, die undokumentiert internationale Grenzen überschreiten, innerhalb ihres Landes geflüchtet oder migriert sind oder von ihren Eltern in ihrer Heimat zurückgelassen wurden, weisen noch größere Lücken auf. Und sogar in Industrieländern wie Deutschland und Schweden gibt es beispielsweise oft keine Zahlen darüber, wie vielen geflüchteten und migrierten Kindern der Zugang zum Bildungssystem versperrt ist.

Fehlen diese Informationen, bleiben gravierende Rechtsverletzungen wie Diskriminierung, Gewalt und Ausbeutung von Kindern oftmals unsichtbar. Denn verlässliche Daten sind essentiell, um auf die Situation der Kinder mit den richtigen politischen und praktischen Maßnahmen reagieren zu können.

Die aktuellen Verhandlungen auf dem Weg zur Verabschiedung des globalen „Paktes für sichere, geordnete und reguläre Migration“ und des globalen „Paktes für Flüchtlinge“ bieten eine einmalige Chance, den dringenden Bedarf für eine verbesserte Datenerhebung und Analyse politisch zu adressieren und die Rechte, den Schutz und das Wohlergehen von Kindern als zentrale Verpflichtungen in beiden Rahmenwerken zu verankern. Werden diese Datenlücken nicht adäquat adressiert, wird es unmöglich sein, sie tatsächlich auch in wirkungsvolle praktische Maßnahmen umzusetzen, ihre Auswirkungen auf geflüchtete, migrierte und vertriebene Kinder zu überprüfen und den Schutz der Kinder nachhaltig zu sichern.

Die zentrale Bedeutung von verlässlichen Daten für den Schutz von geflüchteten, migrierten und vertriebenen Kindern, adressiert auch eine Expertendiskussion – organisiert durch die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen in Kooperation mit UNICEF, die heute anlässlich der Veröffentlichung des Call to Action in New York stattfindet.

Service für die Redaktionen

Die englische Veröffentlichung “A call to action: Protecting children on the move starts with better data“ steht » zum Download bereit.