Lernzentrum im Irak: Hier können Kinder wachsen
Haben Sie die Sommerferien auch so genossen wie ich? Ausschlafen, Zeit zum Entspannen und kein Stress – wunderbar! Auch die Kinder und Jugendlichen im Irak hatten kürzlich Sommerferien. Manche von ihnen haben die Ferien aber ganz anders verbracht als wir: Sie haben nämlich einfach weitergelernt, und zwar freiwillig.
Das "Al-Salam Youth Center" liegt mitten in der Innenstadt von Kirkuk im Irak. Alles hier wurde für Kinder und Jugendliche eingerichtet – und manches auch von ihnen selbst gestaltet. In einem knallbunten Raum hängen die Wände voller Kinderbilder: Man erkennt Blumen, Bäume, Häuser und phantasievolle Figuren. Überall wuseln Kinder herum. Sie kommen so gerne her, dass sie auch in den Schulferien hier sein wollten.
Lernzentren wie dieses sind eine Seltenheit in Kirkuk, der sechstgrößten Stadt des Irak. Eine Million Menschen leben hier. Die meisten Kinder, die das Lernzentrum besuchen, sind direkt aus Kirkuk. Aber auch Kinder, die innerhalb des Irak auf der Flucht sind und deshalb in Kirkuk leben, kommen hierher. UNICEF unterstützt das Lernzentrum und sorgt dafür, dass die Kinder hier einen Ort zum Spielen und Lernen finden.
Leuchtende Augen beim Lernen
Mehr als 3.200 Kinder und Jugendliche belegen in diesem Zentrum ganz unterschiedliche Kurse: Sie lernen Sprachen wie Englisch, Kurdisch und Arabisch. Die musisch Interessierten spielen Theater oder nehmen an Mal- und Kunstklassen teil. Je nach Alter besuchen die Kinder unterschiedliche Klassen. Mädchen und Jungen sind nicht getrennt, sondern werden gemeinsam unterrichtet.
Zina ist eine der Lehrerinnen des Lernzentrums:
Sie erzählt von Schülerinnen und Schülern, die bei ihren ersten Besuchen extrem verunsichert waren: Manche waren zu schüchtern, um überhaupt einen Stift in die Hand zu nehmen und erste Schreibversuche zu wagen. Viele der Mädchen und Jungen hatten so viel Gewalt erlebt, dass sie in einer solch friedlichen Umgebung gar nicht wussten, wie sie sich verhalten sollten.
Mittlerweile hat sich das geändert: Die Kinder helfen sich gegenseitig im Unterricht. „Ich hoffe, dass alle die Chance bekommen, ein normales Leben zu führen – so wie andere Kinder auf dieser Welt", wünscht sich Zina für ihre Schülerinnen und Schüler.
Seit Januar 2017 bietet UNICEF gemeinsam mit seinem Partner Intersos diese Kurse für Kinder und junge Leute an. Abdulrahman ist von Anfang an dabei. Er ist acht, und besonders mag er Kunst und Englisch: „Meine Lieblingsbeschäftigung ist das Malen. Ich möchte darin immer besser werden. Manchmal hilft mir das Malen auch, um meine Gefühle besser auszudrücken", erzählt er begeistert.
Der siebenjährige Raja (links) ist einer von Abdulrahmans engsten Freunden. Sein Berufswunsch? Ganz klar, Maler möchte er werden. „Ich male am liebsten die Natur. Meine Lehrerin mag ich sehr. Sie hilft uns und hat immer gute Ideen.“
Vielseitig: Vom Schneiderkurs zur Sexualerziehung
Für Jugendliche oder junge Erwachsene gibt es eigene Angebote, in denen ihnen praktische Fertigkeiten vermittelt werden: Junge Frauen lernen beispielsweise in Nähkursen das Schneidern einfacher Kleidungsstücke. So können sie sich etwas Geld für ihre Familien dazuverdienen.
Und es gibt Schulungen, wie man Handys reparieren kann. Najmadin (Foto unten) nimmt an einem dieser Kurse teil. Über Freunde hatte er vom Lernzentrum erfahren. Er ist gelernter Techniker, hat aber momentan keinen Job. Um die Zeit zu überbrücken und sich weiterzuqualifizieren, lernt er jetzt Tricks und Kniffe, um kaputte Handys wieder zum Laufen zu bringen.
„Wenn ich mit diesem Kurs fertig bin, möchte ich gerne in einem Telefongeschäft arbeiten. Vielleicht werde ich auch einen eigenen kleinen Laden eröffnen“, träumt Najmadin von seiner beruflichen Zukunft.
Neben den praktischen Kenntnissen lernen die Schülerinnen und Schüler auch viel über wichtige Themen, von denen sie sonst vermutlich nur wenig wüssten: So erfahren sie, wie gefährlich Kinderehen für Mädchen auch gesundheitlich sind und dass die Mädchen durch eine frühe Heirat ihre Chance auf eine schulische Bildung verpassen.
Die Lehrerinnen und Lehrer sprechen mit den Jugendlichen auch über andere sensible Themen wie Gewalt oder Menstruationshygiene und Sexualität.
Neue Bildungschancen für die Kinder im Irak
Shahd (10, Mitte) kommt meistens gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester Jana (8, links) und ihrer Cousine Sumaya (8, rechts) in das Lernzentrum. Sie genießt es, Zeit zu haben, um zu malen oder basteln und mit ihren Freunden zu spielen.
Obwohl Shahd erst zehn Jahre alt ist, denkt sie schon jetzt an ihre Zukunft: „Ich hoffe, dass dieses Zentrum immer offen sein wird, weil es für uns sehr nützlich ist. Ich sehe richtig einen Unterschied zwischen dem Zeitpunkt, als ich hier anfing, und jetzt. Mein Plan ist, dass ich später, wenn ich erwachsen bin, auch am Schneiderkurs hier teilnehmen werde.“
In vielen Regionen des Irak haben die Kinder kaum eine Chance, zur Schule zu gehen und eine Ausbildung zu machen. Viele von ihnen leben in Flüchtlingslagern oder improvisierten Unterkünften. Genau hier knüpft UNICEF mit den Kursen im Lernzentrum an: Sie helfen, die Lücken im irakischen Bildungssystem zu schließen.
UNICEF unterstützt das Lernzentrum in Kirkuk mit Spenden aus Europa. Durch unsere Schulungen und Freizeitangebote können sich die Kinder weiterentwickeln und individuell wachsen.
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