„Das ist eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe“
„Jeder Tropfen zählt!“ Gartengeräte-Hersteller GARDENA unterstützt seit Jahren die weltweiten UNICEF-Programme für Wasser und Hygiene – als einer von zahlreichen Unternehmenspartnern. Im März reiste Heribert Wettels, Director Corporate Communications bei GARDENA, mit UNICEF nach Bangladesch, um die dortigen Programme live und in Farbe zu erleben. Im Interview spricht er über die Reise, besondere Eindrücke und die Bedeutung der UNICEF-Partnerschaft.
Interview mit Heribert Wettels von UNICEF-Partner GARDENA
Lieber Herr Wettels, Sie sind nun bereits seit einigen Jahren als Partner mit UNICEF verbunden und kennen die UNICEF-Arbeit. Mit welchen Gedanken und Gefühlen sind Sie im März 2023 nach Bangladesch gereist?
Heribert Wettels: Persönliche Eindrücke sind stärker als das reine Wissen – das ist für mich als „Botschafter“ dieser Partnerschaft ein wichtiges Element, um die Hintergründe der von uns unterstützten Programme besser verstehen und kommunizieren zu können. Ich kenne die Fakten, ich weiß grundsätzlich, wie UNICEF arbeitet – doch vor Ort bekommt dies alles noch einmal eine andere Ebene: Man versteht nicht nur im Kopf, wie wichtig die Arbeit ist, sondern man spürt es auch im Herzen und im Bauch.
Wir sprechen dann nicht einfach über ein Wasser-Projekt in Bangladesch, sondern ich habe vor allem die Menschen vor Augen, die Ortschaften, die Familien, die froh sind über eine Wasserversorgung. Aber auch die vielfältigen sozialen und strukturellen Hintergründe – das alles macht die Arbeit von UNICEF nun einmal aus. Und dies war auch die wesentliche Erwartung an diese Reise: die Arbeit vor Ort und ihre teils lebenswichtige Bedeutung tatsächlich zu erleben. Die Reise hat in dieser Hinsicht nicht enttäuscht, es war unheimlich beeindruckend.
Was haben Sie denn konkret von der Reise mitgenommen, was hat Sie besonders beeindruckt?
Heribert Wettels: Von einer solchen Reise bleiben besonders die persönlichen Geschichten hängen, die im Zentrum der UNICEF-Programme stehen. Ich denke auch heute noch an die junge Mutter, die als Kind verheiratet wurde, viel zu früh Mutter geworden ist, sich nun um ihren schwerbehinderten Sohn kümmern muss, und das alles vor dem Hintergrund extremer Armut und finanzieller Perspektivlosigkeit. Selten ist mir die Diskrepanz zu unseren westlichen Standards so extrem vor Augen geführt worden wie in dieser Hütte in einem Armenviertel im Süden des Landes. Ohne die Hilfe von außen ist eine solche Familie dort praktisch ganz allein und ohne Mittel.
Aber es gab auch schöne, positive Momente. Ich war begeistert von der Initiative einer jungen Frau, gerade einmal 19 Jahre alt, die während der Corona-Zeit eine eigene kleine Bücherei für sich und die jungen Menschen in ihrer Umgebung eröffnet hat, damit sie sich weiterbilden, lesen, sich austauschen konnten. Gerade als junge Frauen wollten sie und ihre Freundinnen ihr Recht auf Bildung in die eigenen Hände nehmen – das fand ich toll.
Hatten Sie darüber hinaus einen besonderen Fokus auf WASH-Projekte (Wasser, Sanitär, Hygiene), weil Sie diesen UNICEF-Bereich gezielt fördern?
Heribert Wettels: Ja, dieser Bereich steht für uns als Unternehmen im Mittelpunkt. Wir haben uns gezielt dazu entschieden, diese Programme zu unterstützen, weil wir hier eine Passung zu unserem Geschäftsmodell und zu unserer Nachhaltigkeitsstrategie sehen. Wasser ist eine wertvolle, überlebenswichtige Ressource, mit der wir sorgsam umgehen müssen. Mit unseren Produkten möchten wir unter anderem in deutschen Gärten mithelfen, dass Wasser sparend und sinnvoll genutzt wird, auch im Sinne von Biodiversität und der Bekämpfung des Klimawandels. Um in anderen Regionen der Welt etwas zu bewegen und die Herausforderungen von Wassermangel und fehlender Wasserversorgung anzugehen, brauchen wir einen Partner wie UNICEF. Und der Bedarf ist riesig – weltweit haben mehr als 700 Millionen Menschen noch nicht einmal eine Grundversorgung mit Trinkwasser.
In Bangladesch hat der Komplex Wasser und Hygiene eine besondere Bedeutung, weil das Land stark von den Folgen des Klimawandels und extremen Wetterereignissen betroffen ist, von heftigen Regenfällen bis hin zu Zyklonen. Und da spielen die Versorgung mit sicherem Wasser und der Zugang zu Hygiene eine große Rolle – und übrigens auch die robuste Bauweise von Wasser- und Sanitäranlagen, um sie vor Umweltkatastrophen zu schützen. UNICEF unterstützt hier Familien, die strukturell benachteiligt sind und besonders hart getroffen wurden.
Wir haben vor Ort auch deutlich beobachten können, was es heißt, wenn eine Gemeinde Zugang zu Wasser hat oder eben nicht. Sauberes, sicheres Wasser bedeutet hier häufig Überleben, Gesundheit, Hygiene, aber auch die Möglichkeit, Landwirtschaft zu betreiben und ein Einkommen zu generieren. Und außerdem mehr Zeit für Familie oder Schule, weil die langen Versorgungswege wegfallen. Die Bedeutung von Wasser ist immens für das Leben der Familien und Kinder.
Sie haben bereits vor einigen Jahren UNICEF-Programme im afrikanischen Niger besucht. Haben Sie besondere Unterschiede gesehen? Und was war ähnlich?
Heribert Wettels: Die Arbeit von UNICEF habe ich als grundsätzlich ähnlich wahrgenommen – das internationale Team, das hohe Verständnis der lokalen Herausforderungen, die professionelle Organisation. Dazu zählt auch die hohe Bedeutung, die lokale Partner und Behörden bei der Umsetzung der Programme haben.
Die Folgen des Klimawandels etwa sind in beiden Ländern spürbar, allerdings unterschiedlich. In Niger sind extreme Trockenheit und Wasserknappheit weit verbreitet, in Bangladesch werden viele Familien zum Beispiel von Überschwemmungen und Wirbelstürmen getroffen.
In beiden Ländern haben wir letztlich so viele unterschiedliche Themen und Herausforderungen gesehen, so viele Menschen getroffen und Geschichten gehört – da wurde schnell klar, dass der Bereich Wasser zwar ein wesentlicher ist, die Familien aber mit vielschichten Herausforderungen konfrontiert sind. Man kann daher Wasserversorgung, Bildung oder Armut meist nicht isoliert betrachten, sie bedingen sich in der Regel. Entsprechend interdisziplinär sind die UNICEF-Programme.
Was sind denn für Sie die Besonderheiten der UNICEF-Arbeit?
Heribert Wettels: Bei allem Respekt vor kleineren gemeinnützigen Initiativen oder sozialen Projekten, die unbedingt ihre Berechtigung haben – wer etwas Großes bewegen möchte, benötigt einen Partner wie UNICEF. Eine entsprechende Wirkung und Skalierung kann man nur mit wenigen Organisationen erreichen, und das ist für mich eines der Hauptmerkmale der UNICEF-Arbeit.
Da geht es auch um die nötige Infrastruktur und organisatorische Aufstellung, um breit und nachhaltig angelegte Programme zu steuern oder auch im Katastrophenfall schnell und professionell eingreifen zu können. Dies beinhaltet die enge Zusammenarbeit mit Regierungen und starken Partnern – auch ein wesentliches Merkmal der UNICEF-Arbeit.
In Bangladesch ist mir noch einmal bewusstgeworden, wie kooperativ und professionell in den Programmländern auch die Zusammenarbeit mit anderen Hilfsorganisationen ist – ohne Konkurrenz, sondern mit gemeinsamen Zielen, beispielsweise in den riesigen Flüchtlingslagern im Süden des Landes, in denen knapp eine Million Rohingya leben und dringend auf Unterstützung in praktisch allen Bereichen angewiesen sind, Wasser, Ernährung, Gesundheit, Bildung. Diese Bereiche sind dort in sogenannte „Cluster“ aufgeteilt, und diese Cluster werden von bestimmten Organisationen federführend gesteuert – aber immer in einer gemeinsamen Anstrengung. Die Professionalität und breite Wirkung der Hilfe vor Ort haben mich auch auf dieser Reise wieder beeindruckt.
Wie ist es überhaupt zur Partnerschaft gekommen? Warum haben Sie und Ihr Unternehmen sich entschieden, langfristig mit UNICEF zusammenzuarbeiten und die Wasser-Programme zu fördern?
Heribert Wettels: Die ersten Überlegungen haben schon vor etlichen Jahren stattgefunden. Wie viele andere Unternehmen haben auch wir uns gefragt, welchen Beitrag wir leisten, wie wir unserer unternehmerischen Verantwortung gerecht werden können. Wofür steht unsere Marke? Welches Engagement ist glaubwürdig und tatsächlich mit Nutzen behaftet? Gleichzeitig suchten wir nach einem Weg, soziales Engagement mit unserem Portfolio zu verknüpfen, sodass es auch für unsere Kunden und Stakeholder nachvollziehbar ist, und zwar auf internationaler Ebene.
Das Thema Wasser und Bewässerung hat sich schnell herauskristallisiert, denn es gehört zu unseren USPs und zu unserem Markenkern. Und kaum eine Hilfsorganisation erzielt in diesem Bereich weltweit eine solche Wirkung wie UNICEF. Das habe ich auch in Bangladesch wieder festgestellt – dort hat UNICEF beispielsweise den „Cluster Lead“ für den Bereich Wasser und Hygiene in den Flüchtlingscamps der Rohingya. Das geht natürlich weit über unseren eigenen direkten Einflussbereich hinaus. Es war für uns daher naheliegend und schlüssig, für unsere unternehmerische Nachhaltigkeitsstrategie das Thema Wasser gemeinsam mit UNICEF weiterzudenken. Also haben wir das Gespräch gesucht – es gibt ja bei UNICEF Deutschland direkte Ansprechpartner für uns – und sind nach einigem Austausch zu einem guten gemeinsamen Partnerschaftsmodell gekommen.
Und können Sie kurz erläutern, wie die gemeinsamen Aktivitäten im Rahmen der Partnerschaft aussehen?
Heribert Wettels: Neben den strategischen Überlegungen haben wir uns frühzeitig für einen Weg entschieden, wie wir die Partnerschaft auch taktisch und kommunikativ gestalten möchten. Im Rahmen einer jährlichen Marketing-Kampagne verkaufen wir jeweils ein bestimmtes Produkt zugunsten von UNICEF – ein Teil der Erlöse fließt dann direkt in die WASH-Programme weltweit.
Das sorgt für eine starke Sichtbarkeit bei den Endverbrauchern, stärkt aber gleichzeitig unsere Verbindung zu unseren Handelspartnern, also vor allem den Baumärkten. Denn auch dort wird immer mehr darauf geachtet, dass die Sortimente bestimmten Kriterien genügen und einen Nachhaltigkeitsgedanken verfolgen. Und Aktionen wie unsere Marketing-Kooperation mit UNICEF werden gerne prominent am POS (Point of Sale) platziert.
GARDENA und UNICEF: für bessere Wasserversorgung
„Jeder Tropfen zählt!“ – Unter diesem Motto haben GARDENA und UNICEF zum Weltwassertag am 22. März 2018 eine langfristig orientierte Partnerschaft gestartet. Das Unternehmen unterstützt seither im Rahmen der Partnerschaft die weltweiten WASH-Projekte (Wasser, Sanitär und Hygiene) von UNICEF.
UNICEF arbeitet seit vielen Jahren weltweit daran, die Wasser- und Sanitärversorgung sowie grundlegende Hygienepraktiken für besonders benachteiligte Familien in den ärmsten Ländern der Erde zu verbessern – auch in besonderen Notsituationen. Denn sauberes Wasser, Toiletten und gute Hygienepraktiken sind essentiell für das Überleben und die Entwicklung von Kindern.
Wie hat sich die Partnerschaft ausgewirkt – für Sie persönlich, aber auch für Ihr Unternehmen?
Heribert Wettels: Ich persönlich habe viele Dinge gelernt und kennengelernt, zu denen ich normalerweise keinen Zugang gehabt hätte. Von meinen Eindrücken von den Projektreisen hatte ich ja bereits berichtet – ich empfinde das als sehr bereichernd. Und ich freue mich auch persönlich darüber, dass ich als interner Botschafter die Zusammenarbeit mit UNICEF in den vergangenen Jahren vorantreiben konnte, denn ich möchte gerne etwas bewegen.
Aber darüber hinaus liegt dieser Kooperation in erster Linie eine strategische unternehmerische Entscheidung zugrunde, und natürlich verbinden wir als Unternehmen auch bestimmte Ziele mit dieser Partnerschaft. Mit einer Organisation und einer Marke wie UNICEF zusammenzuarbeiten bedeutet auch für uns einen Imagegewinn und -transfer – das Engagement kommt bei unseren Kunden und Stakeholdern gut an, und das liegt aus meiner Sicht auch daran, dass es zu uns passt und entsprechend glaubwürdig ist. Ich finde, unsere beiden Marken ergänzen sich, das ist eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Worauf kommt es bei der Zusammenarbeit und der gemeinsamen Ausgestaltung der Partnerschaft am meisten an?
Heribert Wettels: Das Thema Augenhöhe ist auch hier entscheidend – man muss klar und offen kommunizieren und gemeinsame Ziele in einem transparenten Austausch definieren. Das kann anfangs etwas Zeit benötigen, denn beide Seiten müssen sich zunächst gegenseitig kennenlernen und verstehen. Ich selbst musste erst die Strukturen der UNICEF-Welt verstehen. Und UNICEF wiederum steht vor der Herausforderung, sich auf unterschiedliche Kulturen, Strukturen und Zielsetzungen von Unternehmen einzustellen. Offenheit, Respekt, Flexibilität, gegenseitiges Interesse, darauf kommt es an, wenn man ein individuell passendes Partnerschaftsmodell finden möchte.
In diesem Prozess sind auch Akteure wichtig, die ein solches Engagement vorantreiben und sich zumindest teilweise verantwortlich fühlen. Aber das Engagement und das Thema müssen letztlich von beiden Organisationen mitgetragen werden, nicht nur von einzelnen Personen. Man braucht eine grundsätzliche Entscheidung und Verankerung im Unternehmen, kein kurzfristiges „Hot Fix“. Ansonsten bleibt es beliebig.
Was würden Sie Unternehmen empfehlen, die sich mit einer Partnerorganisation sozial engagieren möchten?
Heribert Wettels: Ich denke, man sollte realistisch seine Ziele definieren, die man mit einer solchen Partnerschaft erreichen möchte, im Sinne des sozialen Engagements, aber auch für das eigene Unternehmen. UNICEF steht für große Wirkung, und gemeinsam kann man einen starken Beitrag für benachteiligte Kinder weltweit leisten, auch langfristig.
Aber eine solche Partnerschaft sollte aus meiner Sicht in ein größeres Ganzes eingebettet sein – also in eine übergeordnete Nachhaltigkeitsstrategie und das jeweilige Geschäftsmodell. Wir sehen unsere Zusammenarbeit mit UNICEF als sinnvolle Ergänzung unseres Portfolios und unserer sonstigen Aktivitäten im Bereich Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. UNICEF hilft uns, dort einen Beitrag zu leisten, wo wir keinen eigenen Einfluss haben. Die Partnerschaft soll kein Feigenblatt sein für sonstige Versäumnisse, sondern sollte ein klares Fundament und ein gutes gemeinsames Thema haben. Auf diese Weise kann man gemeinsam langfristig und nachhaltig etwas aufbauen.
Lieber Herr Wettels, herzlichen Dank für das Gespräch!
Zur Person
Heribert Wettels ist für die Unternehmenskommunikation der Gardena Division innerhalb der Husqvarna Group verantwortlich, für die er seit nunmehr bereits 22 Jahren in Ulm arbeitet. Ehrenamtliches Engagement ist dem erfahrenen Öffentlichkeitsarbeiter auch privat seit der Jugend ein wichtiges Anliegen, sei es als Sanitäter, in der Jugendarbeit, in einer Organisation der Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung oder in der kirchlichen Gemeindearbeit.
Das Gespräch führte Tim Rohde.