"Wasser wirkt": Eva Padberg in Kambodscha

Tag 3: Arsen – unsichtbar und gefährlich


Die Provinz Kandal ist besonders betroffen von arsenverseuchtem Grundwasser. Hier in der Gemeinde Pothiban besuchen wir heute ein neues Wasserprojekt namens „1001 fountains“, welches demnächst die 1250 umliegenden Haushalte mit sauberem Trinkwasser versorgen soll. Bis 2006 tranken die Menschen hier, nichts ahnend, arsenverseuchtes Wasser.

Kambodscha: Eva Padberg trinkt Wasser aus einer Filteranlage.

Eva Padberg trinkt Wasser aus einer Filteranlage in der Gemeinde Pothiban.

© UNICEF/DT2013-19100/Claudia Berger

Neues Filtersystem reinigt Flusswasser

Das Dorfkomitee von Pothiban stellt uns das neue Filtersystem vor. Flusswasser wird in eine Filteranlage gepumpt, von Verunreinigungen und Bakterien befreit und in 20 Liter-Kanister abgefüllt. Diese werden dann an die Familien ausgeliefert. Leider ist dieser Service nicht kostenlos. Für die Anschaffung des Kanisters muss eine Familie 4 Dollar bezahlen und dann kommen noch 30 bis 50 Cent pro 20 Liter Wasser hinzu. Momentan nehmen rund 20 Familien dieses Angebot in Anspruch, das entspricht zehn Prozent der Einwohner von Pothiban.

Da arme Familien sich die Anschaffung des Kanisters nicht leisten können, ist geplant, diese künftig kostenlos zu beliefern. An Grundschulen wird das Wasser bereits kostenfrei ausgeliefert. Auch hier steckt wieder die Idee dahinter, dass die Kinder von dem sauberen Trinkwasser profitieren und anschließend zu Hause davon berichten. In den nächsten drei Jahren sollen 60 dieser Filterstationen in vier Provinzen gebaut werden.

Kambodscha: Filteranlage zur Gewinnung von sauberem Trinkwasser

Filteranlage zur Gewinnung von sauberem Trinkwasser in der Gemeinde Pothiban.

© UNICEF/DT2013-59675/Claudia Berger

Inh Khan trank jahrelang verseuchtes Wasser

Im Dorf besuchen wir Inh Khan, 52. „Ich wusste nicht, dass das Wasser arsenhaltig ist. Aber als ich Hautausschläge bekommen habe, habe ich gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt.“ Auch er hat, wie alle hier, jahrelang arsenverseuchtes Wasser aus seinem eigenen Brunnen getrunken.

Vor seinem Haus hat sich eine kleine Gruppe von Nachbarn und Familienmitgliedern versammelt. Wir sitzen alle gemeinsam im Schatten, in der Sonne ist es heute fast unerträglich heiß.

Ein Angestellter einer der Behörden hier demonstriert uns, wie das Wasser hier auf Arsen getestet wird. Er hat einen kleinen Koffer mit Chemikalien dabei, eine Art mobiles Labor. Es wird ein ppb von 500 festgestellt. Der Wert zeigt den Arsengehalt an. Alles bis 50 ppb ist trinkbar. 500 ppb (parts per billion) ist viel zu hoch und somit extrem gesundheitsschädlich.

Kambodscha: Ein Fachmann testet Wasser auf Arsen.

Ein Fachmann der örtlichen Behörden testet Wasser auf seinen Arsen-Gehalt.

© UNICEF/DT2016-40267/Claudia Berger

Die Dorfbewohner erzählen uns, dass sie das Brunnenwasser nicht mehr trinken, seitdem sie erfahren haben, dass es sie vergiften kann. Viele benutzen nun Alternativen. „Offene Wasserquellen sind nicht sicher, sie sind voller Bakterien. Wir nutzen Filter oder kochen das Wasser ab.

Toilette? Viel zu teuer

Viele von ihnen beziehen ihr Trinkwasser aber mittlerweile auch von „1001 Fountains“. Ich will wissen, ob sie denn auch Latrinen haben hinter ihren Häusern. „Nein“ winken die meisten ab. „Viel zu teuer“. Hätten sie denn gern eine Toilette? Daraufhin bricht eine ziemliche Diskussion aus. An den Handbewegungen erkenne ich, dass Viele das für unnötig halten. Es wird heftig diskutiert und auch gelacht.

Über staubige und holprige Straßen fahren wir weiter in das Dorf Toul Sovay, in dem 85 Familien leben. Auch hier war das arsenhaltige Wasser ein großes Problem. Erst kürzlich wurde mit Hilfe von UNICEF, Partner-NGOs und der Europäischen Gemeinschaft ein Trinkwasser-Leitungssystem eingerichtet, das von einer Zentralstation aus die Haushalte versorgt.

Das System ist für die Versorgung von 2.000 Haushalten ausgerichtet, hätte aber sogar die Kapazität, 5.000 zu versorgen. Flusswasser wird über eine Pumpe in die Station hochgepumpt und in verschiedenen Becken geklärt. Dieses Trinkwasser wird über Leitungen zu den Haushalten gebracht.
Bisher hat UNICEF 281 sehr arme Familien damit unterstützt, 500 sind im ersten Schritt geplant.

Mehrere Generationen leiden an den Vergiftungen

Wir treffen eine der ärmsten Familien. Die Mutter, Meth (41), berichtet uns von ihrer Krankheit: „Ich hatte große Angst, als die Hautausschläge auftraten. Zuerst habe ich gedacht, ich habe Lepra. Ich bin ins Krankenhaus gegangen. Dort habe ich erfahren, dass mein Körper mit Arsen vergiftet ist. Das ältere meiner beiden Kinder, der 21-jährige Seng, zeigt auch diese Symptome. Am schlimmsten hat es Voewu, meinen Mann getroffen.“

Ihm ist es sehr peinlich, dass er krank ist und er schämt sich, seine Hände zu zeigen. „Davin, meine Tochter (11), hat zum Glück rechtzeitig aufgehört, das Wasser zu trinken“, so Meth weiter. Die Familie hatte den alten Brunnen direkt vor der Tür. Jahrelang haben sie sich und auch ihre Kinder nichtsahnend langsam vergiftet. Meth sagt traurig: „Ich möchte keine Kinder mehr bekommen. Ich habe Angst, dass das Arsen mich so vergiftet hat, dass ich nicht lange genug lebe, um sie aufwachsen zu sehen.“

Kambodscha: Familie im Dorf Toul Sovay

Familie im Dorf Toul Sovay mit Sohn Seng, Vater Voewu, Tochter Davin und Mutter Meth.

© UNICEF/DT2016-40279/Claudia Berger

Angesichts der Situation dieser Familie erscheint es mir oft wie ein Wunder, auch Häuser mit einem eigenen Wasseranschluss für sauberes Wasser zu sehen. So sehr habe ich mich hier schon an den Anblick von handbetriebenen Brunnen und Pumpen gewöhnt. Ein ganz normaler Wasserhahn... wer hätte gedacht, dass ich darüber eines Tages mal so staunen kann?

Reisetagebuch Eva Padberg

» Teil 1: Gesundheitszentrum im Armenviertel
» Teil 2: Zu Besuch an zwei Grundschulen
» Teil 3: Arsen – unsichtbar und gefährlich
» Teil 4: Schule mit durchdachtem Ökosystem

» Zur Übersichtsseite des Reisetagebuchs aus dem Irak