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UN-Report: Weltweit leiden rund 690 Millionen Menschen an Hunger

Rom/Köln

Erreichen des nachhaltigen Entwicklungsziels, den Hunger zu beenden, ist in Gefahr

Gemeinsamer Bericht von FAO, IFAD, UNICEF, WFP und WHO

Laut dem heute veröffentlichten UN-Report „Die Situation der Nahrungssicherheit und Ernährung in der Welt” leiden immer mehr Menschen weltweit an Hunger. Die Zahl chronisch unterernährter Menschen ist in den letzten fünf Jahren um mehrere zehn Millionen angestiegen. Gleichzeitig ist die Bevölkerung von Ländern rund um die Welt von unterschiedlichen Formen von Mangelernährung betroffen. Dies gefährdet das Ziel, bis 2030 den Hunger auf der Welt zu beenden.

Kinder sitzen in einer Reihe und essen Reis von ihren Tellern.
© UNICEF/UN0322031/Kolari

Laut dem jährlich veröffentlichten Bericht litten 2019 rund 690 Millionen Menschen an Hunger. Damit ist die Zahl der hungernden Menschen im Vergleich zum Vorjahr um zehn Millionen gestiegen, innerhalb der letzten fünf Jahren hat sie sich um 60 Millionen erhöht. Hohe Nahrungsmittelpreise erschweren für Milliarden von Menschen eine gesunde und nahrhafte Ernährung. Die meisten unterernährten Menschen leben in Asien. Am stärksten angestiegen ist die Zahl der an Hunger leidenden Menschen allerdings auf dem afrikanischen Kontinent. Aufgrund der Covid-19-Pandemie könnte die Zahl der Menschen, die chronisch an Hunger leiden, bis Ende 2020 um weitere 130 Millionen ansteigen.

„Fünf Jahre nachdem sich die Weltgemeinschaft dazu verpflichtet hat, Hunger, Ernährungsunsicherheit und alle Formen der Mangelernährung zu beenden, sind wir immer noch weit davon entfernt, dieses Ziel bis 2030 zu erreichen“, warnen die Leiter der UN-Organisation für Nahrung und Landwirtschaft (FAO), des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), des UN-Kinderhilfswerks UNICEF, des Welternährungsprogramms (WFP) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihrem gemeinsamen Vorwort zu dem Report.

Erläuterungen zu den Zahlen

Die Aktualisierung entscheidender Daten für China und andere bevölkerungsreiche Länder hat dazu geführt, dass die Zahl der unterernährten Menschen im diesjährigen Bericht auf 690 Millionen gesunken ist. Doch die Analyse aller Daten seit Beginn der Reportserie im Jahr 2000 bestätigt einen Trend: Bis 2014 ging die Zahl der chronisch unterernährten Menschen stetig zurück, seitdem steigt sie wieder langsam.

Die meisten unterernährten Menschen leben in Asien (381 Millionen), gefolgt von Afrika (250 Millionen). In Lateinamerika und der Karibik sind 48 Millionen Menschen unterernährt. Die weltweite Prävalenz von Unterernährung ist in den letzten Jahren konstant geblieben und beläuft sich auf 8,9 Prozent. Die absolute Zahl der Hunger leidenden Menschen steigt jedoch seit 2014. Das heißt, dass der Hunger in den letzten fünf Jahren mit dem Bevölkerungswachstum zugenommen hat.

Dabei gibt es große regionale Unterschiede: Prozentual gesehen ist Afrika mit 19,1 Prozent unterernährter Menschen die am härtesten betroffene Region – Tendenz weiter steigend. In Asien beträgt der Anteil der unterernährten Menschen 8,3 Prozent und in Lateinamerika und der Karibik 7,4 Prozent. Nach derzeitigen Trends wird bis 2030 mehr als die Hälfte der chronisch an Hunger leidenden Menschen weltweit in Afrika leben.

Auswirkungen der Covid-19-Pandemie

Während Fortschritte im Kampf gegen den Hunger stagnieren, verschärft die Covid-19-Pandemie die Schwächen und Defizite globaler Ernährungssysteme, von der Produktion, der Verteilung bis hin zum Konsum von Nahrung. Noch ist es zu früh, um die Auswirkungen der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie vollständig zu beurteilen. In dem Bericht heißt es jedoch, dass aufgrund der durch Covid-19 ausgelösten Rezession in diesem Jahr mindestens weitere 83 Millionen Menschen und bis zu 132 Millionen Menschen von Hunger betroffen sein könnten. Dadurch ist das Erreichen des nachhaltigen Entwicklungsziels zur Beendigung von Hunger gefährdet.

Ungesunde Ernährung, Ernährungsunsicherheit und Mangelernährung

Um Hunger und Mangelernährung in all ihren Formen zu beenden, müssen Menschen – und insbesondere Kinder – nicht nur genug zu essen haben; sie müssen sich vor allem gesund ernähren können. Jedoch ist eine gesunde Ernährung für viele Familien nicht möglich, da nahrhafte Lebensmittel häufig zu teuer und für viele Familien nicht erschwinglich sind.

Laut dem Bericht liegen die Kosten für eine gesunde Ernährung weit über der internationalen Armutsgrenze von 1,90 US-Dollar pro Tag. Selbst der Preis für die billigsten gesunden Nahrungsmittel ist fünfmal höher als eine rein stärkebasierte Ernährung. Nährstoffreiche Milchprodukte, Obst, Gemüse und proteinreiche Nahrungsmittel (pflanzliche und tierische) gehören weltweit zu den teuersten Lebensmittelgruppen.

Schätzungen zufolge können sich mehr als drei Milliarden Menschen weltweit keine gesunde Ernährung leisten. In Subsahara-Afrika und Südasien trifft dies auf 57 Prozent der Bevölkerung zu, wenngleich alle Regionen der Welt betroffen sind. Dies ist einer der Gründe dafür, dass der Kampf gegen Mangelernährung gefährdet zu sein scheint. Dem Bericht zufolge waren 2019 zwischen einem Viertel und einem Drittel der Kinder unter fünf Jahren aufgrund von Mangelernährung unterentwickelt – das heißt zu klein für ihr Alter oder zu dünn im Vergleich zu ihrer Größe. Weitere 38 Millionen Kinder unter fünf Jahren sind übergewichtig. Gleichzeitig sind immer mehr Erwachsene übergewichtig oder fettleibig.

Aufruf zum Handeln

Laut dem Bericht könnte mit Blick auf die Nachhaltigkeit ein weltweiter Wechsel zu einer gesunden Ernährung dem Anstieg von Hunger Einhalt gebieten und gleichzeitig die Kosten senken. Schätzungen zufolge könnten unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsfaktoren die mit ungesunder Ernährung verbundenen Gesundheitskosten, die sich 2030 auf schätzungsweise 1,3 Billionen US-Dollar pro Jahr belaufen werden, dadurch fast vollständig ausgeglichen werden. Die ernährungsbedingten sozialen Kosten von Treibhausgasemissionen, die auf 1,7 Billionen US-Dollar geschätzt werden, könnten um bis zu drei Viertel reduziert werden.

Der Bericht drängt auf eine Umgestaltung der Ernährungssysteme, um die Kosten für nahrhafte Lebensmittel zu senken und sie damit erschwinglicher zu machen. Während die jeweiligen Lösungen von Land zu Land und sogar innerhalb einzelner Länder unterschiedlich sind, müssen entsprechende Maßnahmen entlang der gesamten Lebensmittelversorgungskette, im Lebensmittelbereich und in der Wirtschaftspolitik, die den Handel, die öffentlichen Ausgaben und die Investitionspolitik umfasst, getroffen werden. Der Bericht ruft die Regierungen dazu auf, eine gute Ernährung in ihren Agrarkonzepten zu berücksichtigen; die Zusatzkosten in der Produktion, der Lagerung, dem Transport, der Verteilung und der Vermarktung von Lebensmitteln zu senken – inklusive Ineffizienzen und Verschwendung; lokale Produzenten bei der Herstellung gesunder Lebensmittel zu unterstützen und ihnen Marktzugänge zu verschaffen; die gesunde Ernährung von Kindern als wichtigste Gruppe zu priorisieren; durch Bildung und Aufklärung zu einem Wandel des Ernährungsverhaltens beizutragen sowie Ernährung in nationale Sozialschutzsysteme und Investitionsstrategien zu integrieren.

Die Leiter der fünf UN-Organisationen verpflichten sich dazu, diesen wichtigen Wandel zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass er zu einer nachhaltigen Entwicklung für die Menschen und den Planeten beiträgt.

Service für Redaktionen

» Kostenfreier Download: Der englischsprachige Report "The State of Food Security and Nutrition in the World 2020"