Pressemitteilung

UNICEF zum Welttag gegen Kinderarbeit am 12.6.2023

Lieferkettengesetz allein reicht im Kampf gegen Kinderarbeit nicht aus

Köln

Trotz Verboten und Ächtung ist Kinderarbeit weiterhin ein massives Problem und betrifft schätzungsweise 160 Millionen Mädchen und Jungen weltweit. Das im Januar in Deutschland in Kraft getretene sogenannte „Lieferkettengesetz“ ist ein Meilenstein, weil es die Verantwortung von global tätigen Unternehmen einfordert. Es wird nach Einschätzung von UNICEF Deutschland aber nicht ausreichen, um Kinderarbeit abzuschaffen. Zum Welttag gegen Kinderarbeit am 12. Juni fordert UNICEF mehr Investitionen, um deren Ursachen zu beseitigen.

Madagaskar: Ein Junge kniet in einer Mine

Der 12-Jährige Sambilahatsa musste die Schule abbrechen und arbeitet nun in einer Mica-Mine in Anosy, Madagaskar.



© UNICEF/UN0673616/Andrianantenaina

„Ein Ende der Kinderarbeit wird es erst geben, wenn Familien nicht darauf angewiesen sind, um zu überleben“, erklärte der Geschäftsführer von UNICEF Deutschland, Christian Schneider. „Kinderarbeit entsteht aus Armut. Um sie zu beseitigen, müssen wir die Ursachen der Not bekämpfen und Schutzfaktoren fördern. Alle Kinder müssen verlässlich zur Schule gehen können. Es braucht aber auch menschenwürdige und angemessen bezahlte Arbeit für Eltern und soziale Absicherung für benachteiligte Familien, deren Kinder sonst von Ausbeutung bedroht sind.“

In erster Linie sind die jeweiligen Regierungen in den betroffenen Ländern – vor allem in Subsahara-Afrika, im südlichen Asien, in Lateinamerika und im Nahen Osten – in der Pflicht, für den Schutz der Kinder zu sorgen und internationale Übereinkommen und Konventionen, die ein Verbot von Kinderarbeit vorschreiben, auch einzuhalten. Aber auch Unternehmen spielen eine entscheidende Rolle. Das im Januar in Kraft getretene deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist nach Einschätzung von UNICEF Deutschland ein Schritt in die richtige Richtung. Es verpflichtet Unternehmen unter anderem dazu, Kinderarbeit zu identifizieren, wirksame Abhilfemaßnahmen zu schaffen und die Fabriken oder Lieferanten zu befähigen, Kinderarbeit künftig auszuschließen.

Das deutsche Gesetz hat dennoch auch Schwächen. Das reine Verbot von Kinderarbeit birgt zum Beispiel die Gefahr, dass sich das Problem lediglich verlagert. So ist es möglich, dass Kinder zu einem Arbeitgeber mit weniger strengen Vorgaben oder in den informellen Sektor wechseln. Die eigentliche Ursache der Kinderarbeit – die bedrückende Armut der Familien – bleibt in diesem Fall bestehen oder die Situation verschlimmert sich noch.

Das ist auch der Fall, wenn Unternehmen sich aus einem Land oder einer Region zurückziehen, um nicht haften müssen, wenn Kinderarbeit in ihrer Lieferkette entdeckt wird. Dann fallen die Einkommensmöglichkeiten für Familien entweder ganz weg oder Unternehmen, die keine Einhaltung menschenrechtlicher Standards prüfen, treten an die Stelle deutscher Unternehmen. So verschlechtert sich die Arbeitssituation womöglich noch weiter.

Grundsätzlich reicht ein Lieferkettengesetz alleine nicht aus, um Kinderarbeit abzuschaffen – schon alleine, weil sie nicht nur in Lieferketten von Produkten vorkommt, sondern vor allem im informellen Bereich, beispielsweise bei der Landwirtschaft im Familienverbund oder beim Straßenverkauf. Hinzu kommt, dass neben deutschen auch Unternehmen aus anderen Staaten dafür sorgen müssten, dass die Menschen- und Kinderrechte in ihren Lieferketten eingehalten werden.

Auch auf der aktuellen gesetzlichen Grundlage können Unternehmen aus Sicht von UNICEF viel zur Vorbeugung tun: Um die Wahrscheinlichkeit von Kinderarbeit frühzeitig zu erkennen, sollten sie Risikoanalysen vornehmen. Gemeinsam mit Partnern in den Ländern sollten sie an einer Verbesserung der Lebenssituation (Bildung, Gesundheitsversorgung, menschenwürdige Arbeit, Kinderbetreuung) arbeiten. So werden die Systeme vor Ort gestärkt und die Unternehmen haben langfristig ein stabileres Arbeitsumfeld. Wenn Kinder von Kinderarbeit betroffen sind, müssen wirksame Abhilfemaßnahmen ergriffen werden. UNICEF unterstützt zum Beispiel in der Demokratischen Republik Kongo oder in Indien Reintegrationsprogramme für ehemalige arbeitende Kinder, damit sie wieder zur Schule gehen können.

So setzt sich UNICEF für die Überwindung von Kinderarbeit ein

Aufklärung: UNICEF macht regelmäßig auf die negativen Folgen von Kinderarbeit aufmerksam, zum Beispiel im Rahmen von Aufklärungsprogrammen, durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und in den sozialen Medien.

Hilfe: UNICEF hilft betroffenen Kindern und arbeitet daran, die Ursachen von Kinderarbeit zu bekämpfen – konkret zum Beispiel durch Lernprogramme speziell für arbeitende Kinder oder durch Bargeldhilfen für benachteiligte Familien.

Beratung: UNICEF arbeitet weltweit mit Regierungen und Behörden zusammen und drängt auf wirksame Gesetze zum Schutz von Kindern. Außerdem unterstützt UNICEF Unternehmen dabei, die Kinderrechte entlang ihrer Lieferketten und in ihrem ganzen Handeln umzusetzen – auch in Deutschland. Zum Beispiel geben die „Grundsätze zum Schutz und zur Förderung von Kinderrechten durch Unternehmen" Orientierung, wie sie Kinderrechte in ihren Sorgfaltsprozessen umsetzen können.

Service für die Redaktionen

» Die Schätzungen zur weltweiten Kinderarbeit werden alle vier Jahre erstellt. Die letzten verfügbaren Schätzungen wurden im Juni 2021 von ILO und UNICEF veröffentlicht und beziehen sich auf den Zeitraum 2016 bis 2020. Mit den Nachhaltigen Entwicklungszielen (Ziel 8.7) hatte die Weltgemeinschaft vereinbart, Kinderarbeit bis zum Jahr 2025 zu beenden. Die Fortschritte stagnieren jedoch.

» In unserem Blog finden Sie weitere Informationen zum Thema Kinderarbeit.

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Für Rückfragen und Interviews stehen wir gerne zur Verfügung.

Ninja Charbonneau

Ninja CharbonneauSprecherin

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