Pressemitteilung

UNICEF: Investitionen für Kinder bringen Milliarden-Überschuss für Deutschland

Neues Gutachten des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt, dass sich Programme wie „Startchancen” auszahlen

Berlin/Köln

UNICEF Deutschland ruft Bund, Länder und Kommunen dazu auf, bei ihren Investitionen die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen zu priorisieren. Ein heute in Berlin vorgestelltes Gutachten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag von UNICEF Deutschland zeigt, dass gezielte Investitionen insbesondere für benachteiligte Kinder sowohl gesellschaftlich als auch ökonomisch sinnvoll sind und positive Effekte in Milliardenhöhe für die öffentlichen Haushalte bringen.

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© UNICEF/UNI604421/Etges

„Investitionen für Kinder zahlen sich in jeder Hinsicht aus - für die Kinder selbst, aber auch für die Zukunft unserer Gesellschaft“, sagte Georg Graf Waldersee, Vorsitzender von UNICEF Deutschland. „Den am meisten benachteiligten Kindern und Jugendlichen kommt eine Schlüsselrolle zu: Bei ihnen gibt es die größten Lücken, was die Verwirklichung ihres Rechts auf gutes Aufwachsen angeht. In ihnen schlummert außerdem das größte noch ungenutzte Potential.”

„Kinder werden in einigen Jahrzehnten als Erwachsene die Wirtschaft tragen, die Gesellschaft prägen und den Wohlstand sichern. Deutschland steht dabei vor großen demografischen Herausforderungen. Allerdings wird dies im politischen Diskurs häufig noch zu wenig gesehen und bei Haushaltsentscheidungen berücksichtigt“, sagte Prof. Dr. Axel Plünnecke, Studienleiter des IW-Gutachtens.

Das Gutachten nennt die drei Wirkungsfelder Bildung, Gesundheit und Sozialisation, in denen Deutschland jeweils im Vergleich der OECD-Länder nur im Mittelfeld liegt. Schon heute investiert Deutschland in diese Bereiche. Aber die IW-Autoren kommen zu dem Schluss, dass andere Länder wie Kanada und Dänemark deutlich erfolgreicher sind und bei einer effizienteren Investitionspolitik für Kinder als Vorbild dienen können. Der Förderung der besonders benachteiligten Kinder kommt hierbei eine große Bedeutung zu.

Modellrechnung zum Startchancenprogramm

Das IW-Gutachten beleuchtet das Startchancen-Programm als ein Beispiel für den bewussten strategischen Einsatz von Mitteln für benachteiligte Kinder. Das Programm von Bund und Ländern fördert in den kommenden zehn Jahren gezielt Schulen, die aufgrund der Zusammensetzung der Schülerschaft einen Mehreinsatz von Ressourcen benötigen, damit jedes Kind die Chance auf einen erfolgreichen Bildungsweg erhält.

Nach der Modellrechnung des IW stehen den vorgesehenen staatlichen Ausgaben von 20 Milliarden Euro langfristig positive Effekte zwischen 56 und 113 Milliarden für die öffentlichen Haushalte gegenüber – zum Beispiel durch zusätzliche Steuereinnahmen und niedrigere Transferleistungen, wenn die Jugendlichen einen höheren Schulabschluss erreichen. Das Programm würde selbst dann langfristig einen Nettoüberschuss von mehr als 36 Milliarden Euro einspielen, wenn es seine Ziele nur zur Hälfte erreichen sollte. Würde man das Startchancenprogramm ausbauen, wie es das Gutachten empfiehlt, und mit rund 80 Milliarden Euro rund 40 Prozent aller Kinder erreichen, rechnet das IW mit einem Nutzen von 150 bis 365 Milliarden Euro.

„Da ich auf eine Grundschule in einem sozialen Brennpunkt gegangen bin, weiß ich, wie schwer es manche Kinder haben und dass die Chancen für Kinder in Deutschland alles andere als fair verteilt sind“, sagte die 17-jährige Karlina Li, die sich bei UNICEF engagiert. „Eine Investition in ein Kind endet nicht mit dem Kind, sondern ist eine Investition in die Zukunft.“

Mit der UN-Kinderrechtskonvention ist Deutschland dazu verpflichtet, allen Kindern die bestmöglichen Bedingungen für ihr Aufwachsen zu bieten. Zahlen aus der UNICEF-Datenbank „Kind sein in Deutschland“ und dem UNICEF-Bericht “Zur Lage der Kinder in Deutschland” belegen, dass es in vielen Bereichen noch große Lücken gibt. So verlassen beispielsweise jedes Jahr rund 47.000 junge Menschen die Schule ohne einen Schulabschluss.

Empfehlungen von UNICEF Deutschland

  • Vor dem Hintergrund knapper Mittel muss die öffentliche Hand ihre Investitionen gezielt zur Unterstützung und Förderung benachteiligter Kinder einsetzen.
  • Bund und Länder sollten dafür sorgen, dass ausreichend Daten und Informationen erhoben werden, um das Gesamtportfolio der wichtigsten Investitionen in Kinder ermitteln und auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen zu können.
  • Bund, Länder und Kommunen müssen in zentralen Feldern der Kinderpolitik besser zusammenarbeiten. Der Nationale Aktionsplan Neue Chancen für Kinder in Deutschland bietet beispielsweise einen guten Rahmen zur Verbesserung der Teilhabe marginalisierter Gruppen von Kindern. Weitere für Kinder relevante Felder wie das Bildungswesen oder der Kinderschutz könnten in ähnlicher Form gemeinsam und an den Kinderrechten orientiert modernisiert werden.
  • Kinder ohne oder mit wenig Deutschkenntnissen benötigen frühe Förderung und unmittelbaren Zugang zu Kitas und Schulen. Dies gilt auch für geflüchtete Kinder.
  • Die in der UN-Kinderrechtskonvention verankerten Rechte sollten im Grundgesetz ausdrücklich erwähnt werden, um den Schutz, die Förderung und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland wirksam und dauerhaft abzusichern.

Service für Redaktionen

» Das IW-Gutachten können Sie auf dieser Seite abrufen.

» Eine Zusammenfassung des Gutachtens mit Handlungsempfehlungen von UNICEF Deutschland finden Sie hier.

» Aktuelle Daten zur Situation von Kindern in Deutschland finden Sie in der UNICEF-Datenbank.

» Bei Interesse vermitteln wir gerne Interviews mit hier genannten Personen.

Simone Brannahl

Simone BrannahlReferentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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