Statement

Eine Hungersnot – und keiner schaut hin?

Statement von Christian Schneider, Geschäftsführer UNICEF Deutschland, zur Lage der Kinder im Sudan 

Köln

„Stellen Sie sich vor, es gibt eine Hungersnot – und keiner schaut hin.

Das ist leider kein ausgedachtes Szenario. Es geschieht gerade jetzt, in diesen Tagen. Festgestellt wurde diese Hungersnot in Nord-Darfur, Sudan, in einem Flüchtlingslager nahe der Stadt Al-Fashir. Das Zamzam-Camp, dessen Namen die meisten von uns nie zuvor gehört haben, beherbergt inzwischen vermutlich mehr als 400.000 schutzsuchende Menschen, die der seit 15 Monaten andauernden Gewalt im Sudan so gerade entkommen sind.

Hungersnot im Sudan

Kinder und ihre Familien fiehen vor der Gewalt in Al-Fashir, Nord-Darfur.

© UNICEF/UNI602892/Jamal

In anderen Orten ist die Lage ähnlich dramatisch. Wir schätzen, dass bis Ende des Jahres 730.000 Kinder an schwerer Mangelernährung leiden werden. Sie sind damit in akuter Lebensgefahr. Hier bei uns würde ein Kind in diesem Zustand sofort intensive medizinische Betreuung erhalten. Kinder im Sudan sterben heute und morgen an Hunger und Krankheiten. Ihre Eltern können nur zusehen, viele Mütter und Schwangere sind selbst sehr geschwächt.

Das Leid der Kinder und ihrer Familien ist so groß, dass die Hungersnot im Sudan auf jeder Nachrichtenseite und in jeder Sendung einen prominenten Platz haben sollte. Zumal es eine seltene und zugleich extrem harte Nachricht ist: Das Eintreten einer Hungersnot wurde jetzt weltweit zum ersten Mal seit sieben Jahren (nach 2017 im Südsudan) und insgesamt erst das dritte Mal in zwei Jahrzehnten offiziell festgestellt.

Doch leider findet die Verzweiflung der Menschen im Schatten anderer Krisen und Themen kaum Aufmerksamkeit.

Ganz ehrlich: Auch wir haben gemeinsam mit weiteren Hilfsorganisationen im Versuch, das Schlimmste zu verhindern, über Monate vor einer drohenden Hungersnot gewarnt. Vielleicht ist die Dringlichkeit, die sich aus der nun tatsächlich herrschenden Hungersnot ergibt, nicht deutlich geworden.

Dabei ist es die höchste Stufe der Eskalation.

Laut Definition sind die Kriterien einer Hungersnot erst dann erreicht, wenn ein großer Teil der Menschen zu wenig zu essen hat, mindestens 30 Prozent der Kinder unter fünf Jahren an akuter Mangelernährung leiden und mindestens zwei von 10.000 Menschen aufgrund von Mangel an Nahrungsmitteln oder einer Kombination von Hunger und Krankheiten sterben, und zwar täglich.

Was ist jetzt besonders dringend? Zum einen müssen die Konfliktparteien endlich überall bessere und sichere Zugänge für uns Hilfsorganisationen gewährleisten, damit wir die Menschen erreichen können. Und zweitens braucht es: Geld. Nur wenn rasch und ausreichend Beiträge von Regierungen und private Spenden mobilisiert werden, können die Organisationen Lebensmittel, Zusatznahrung für ausgezehrte Kinder, Medikamente und mehr nach Darfur und in andere Regionen bringen. Wenn das nicht geschieht, könnte sich die Hungersnot auf große Landesteile ausweiten. Für viele Kinder im Camp Zamzam kann es schon morgen zu spät sein. Hungersnöte können wir nur bekämpfen, wenn wir hinschauen.“

UNICEF Deutschland ruft dringend zu Spenden für die Kinder im Sudan auf. Weitere Informationen und Spendenmöglichkeit hier.

Service für Redaktionen:

» UNICEF Bild- und Videomaterialien stehen hier zur Verfügung.

» Für Interviews stehen Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland, sowie UNICEF-Sprecher James Elder (Englisch) vor Ort im Sudan gerne zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich bei Interviewwünschen oder Fragen an die Pressestelle.

Ninja Charbonneau

Ninja CharbonneauSprecherin

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