© UNICEF/UN0391330/HaqueBangladesch: Ein Mädchen mit Mund-Nasen-Schutz
Kinder weltweit

Übersehene Folgen der Pandemie: So hart trifft die Coronakrise weltweit Kinder

Die Coronakrise bringt Kinder und ihre Familien in Gefahr. Weltweit wächst die Not, je länger die Pandemie andauert. Mädchen und Jungen müssen vor dem Virus und den Folgen der Krise geschützt werden.


von Klas Libuda 3

Jeden Morgen ab fünf Uhr ist Valentinne in La Paz unterwegs. Das neun Jahre alte Mädchen aus Bolivien verkauft dort Taschentücher an Passanten. "Früh morgens ist es hier sehr kalt und alle brauchen Taschentücher", sagt sie. Mit den Einnahmen versucht sie ihre Familie zu unterstützen. Zur Schule geht sie seit Beginn der Pandemie nicht mehr.

Das sind die Folgen der Pandemie für Kinder

Straße statt Schule, arbeiten statt zu lernen: Wie für Valentinne hat die weltweite Coronakrise für viele Kinder alles verändert. Die Pandemie stürzt gerade die ärmsten Familien in große Not, die sich mit jeder neuen, auch regionalen Corona-Welle zu verschärfen droht. Seit Beginn der Pandemie sind bislang schätzungsweise 100 Millionen Kinder zusätzlich in Armut geraten – das entspricht einem Anstieg von zehn Prozent seit 2019.

Valentinne (9) aus Bolivien verkauft jeden Morgen Taschentücher an Passanten.

Valentinne (9) aus Bolivien verkauft jeden Morgen Taschentücher an Passanten. Zur Schule geht sie seit Beginn der Pandemie nicht mehr.

© UNICEF/UN0499925/Czajkowskito

Schon Kinder müssen arbeiten

Durch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie sind viele Familien extrem verarmt. Eltern haben ihre Arbeit verloren und wissen nicht mehr, wie sie ihre Kinder versorgen sollen. Damit die Familien überleben können, müssen mehr und mehr Mädchen und Jungen arbeiten gehen – so wie Valentinne aus Bolivien. Durch die Covid-19-Pandemie drohen schätzungsweise neun Millionen weitere Mädchen und Jungen in Kinderarbeit gedrängt zu werden.

Kindheit in der Corona-Pandemie

Möchten Sie mehr über die Folgen der Pandemie für Kinder weltweit erfahren und darüber, wie UNICEF hilft? Hier finden Sie immer die aktuellsten Corona Infos im UNICEF Blog.

Corona verursacht eine Bildungskrise

Die Schulschließungen in der Pandemie haben viele Familien vor enorme Herausforderungen gestellt. Für Kinder ist die Pandemie auch eine Bildungskrise.

Blog

Corona in Afrika: Die Pandemie, die Folgen für Kinder und wie UNICEF hilft

Auf dem Höhepunkt der nationalen und lokalen Lockdowns konnten 1,6 Milliarden Kinder nicht zur Schule gehen. Vielerorts sind die Schulen bis heute nicht wieder geöffnet. Am stärksten trifft das die ärmsten Kinder. Viele haben keinen Unterricht mehr, weil sie arbeiten müssen oder keine Möglichkeit zum Homeschooling haben. Mobilgeräte oder Internetzugang können sich beispielsweise viele Familien nicht leisten. Dabei ist jede Schulstunde wichtig, um der Armut zu entkommen.

Kenia: Janet und Samuel machen Hausaufgaben

Die Geschwister Janet (10) und Samuel (11) aus Kenia lernen gemeinsam zu Hause, um nicht den Anschluss zu verlieren.

© UNICEF/UN0447449/Everett

Kinder leiden Hunger

Die weltweite Wirtschaftskrise, Lockdowns und weitere Einschränkungen haben viele Menschen um Arbeit und Einkommen gebracht. Wachsende Armut verschärft den Hunger. Wer kaum noch Geld hat, muss oft auch am Essen sparen.

Auch die Schulschließungen wiegen dabei schwer: Denn für Kinder in den ärmsten Ländern ist die Schule oft der einzige Ort, an dem sie regelmäßig eine Mahlzeit erhalten. Fällt Unterricht aus, gilt dies auch für die Schulspeisungen. Viele Familien können ihren Kindern aus eigener Kraft kaum ein Mittagessen bieten. Für Kinder wird der Hunger schnell lebensgefährlich.

Kinder werden nicht rechtzeitig behandelt

In der Pandemie sind die Gesundheitssysteme weltweit unter Druck geraten: Viele Menschen brauchen bei einer Corona-Infektion medizinische Behandlung. Das hat für Kinder schlimme Folgen: Gerade wo es ohnehin nur wenige Gesundheitsstationen und kaum medizinisches Personal gibt, bleibt die Versorgung von Mädchen und Jungen durch die zusätzliche Belastung in der Pandemie schnell auf der Strecke.

Ein Junge wird auf Mangelernährung untersucht.

In Bangladesch betreuen mobile Gesundheitshelfer*innen die Familien und halten die Grundversorgung der Kinder aufrecht. Das Foto zeigt einen Jungen, der auf Mangelernährung untersucht wird.

© UNICEF/UN0464760/Himu

Die Folge: Routine-Impfungen, etwa gegen Masern und Polio, müssen ausfallen. Allein 2020 haben 23 Millionen Kinder keine Regelimpfungen gegen gefährliche Infektionskrankheiten erhalten – ein Anstieg um vier Millionen gegenüber 2019. Infektionskrankheiten wie Lungenentzündungen werden nicht rechtzeitig behandelt. Mangelernährung wird zu spät erkannt. Allein in Südasien, dazu zählen beispielsweise Indien und Nepal, starben nach Schätzungen von UNICEF bereits 2020 228.000 Kinder unter fünf Jahren, weil sie nicht versorgt werden konnten.

Hinzu kommt die Gefahr durch das Coronavirus selbst: Vielen Familien fehlt es an medizinischen Schutzmasken, an sauberem Wasser und Seife zum Schutz vor Covid-19 – wie auch vor anderen Krankheiten.

Kinder in Not: Wie UNICEF in der Coronakrise hilft

Heftige Corona-Wellen wie im Frühjahr in Indien haben gezeigt, wie schnell sich ein neuer Virus-Ausbruch zum Flächenbrand entwickeln kann. In Deutschland sind inzwischen viele Menschen gegen Covid-19 geimpft, doch gerade in Krisenregionen sind erst wenige Menschen vor dem Virus sicher. Durch die Pandemie ist eine globale Notsituation entstanden, in der jede neue Welle dramatische Folgen haben kann.

In vielen Teilen der Welt hat die Pandemie die Not von Familien noch verschärft. Und die Krise ist längst nicht vorbei.

Andreas Wüstenberg, Nothilfe-Koordinator bei UNICEF Südasien
Coronavirus: UNICEF-Nothilfekoordinator Andreas Wüstenberg im Einsatz

UNICEF-Helfer*innen setzen jetzt alles daran, Mädchen und Jungen weiter zu versorgen und vor den Folgen der Pandemie zu schützen. Damit Kinder und ihre Familien vor dem Virus sicher sind, haben wir seit Beginn der Pandemie weltweit Millionen Schutzmasken verteilt. Wir sorgen für sauberes Wasser und Seife und informieren die Menschen in der Pandemie – auf allen Wegen: Wir verbreiten Informationen über die sozialen Medien und gehen dorthin, wo die Menschen sind, zum Beispiel auf die Marktplätze.

Versorgung von Kindern sicherstellen

Weltweit statten wir das Gesundheitspersonal mit Schutzausrüstung aus, damit die lebensrettende Arbeit für Kinder fortgesetzt wird. Unsere Logistik-Expert*innen arbeiten Tag und Nacht daran, dass Hilfsgüter wie Impfstoffe oder Spezialnahrung gegen Mangelernährung weiterhin dort ankommen, wo sie gebraucht werden.

In Nepal wird ein Mädchen gegen Masern geimpft.

In Nepal wird ein Mädchen gegen Masern geimpft. Auch in der Pandemie müssen Routineimpfungen fortgesetzt werden, um die Kinder vor Krankheiten zu schützen.

© UNICEF/UNI351556/Prasad Ngakhusi

Seit Anfang 2021 unterstützen wir zudem die größte Impfkampagne aller Zeiten und bringen Corona-Impfstoffe in jeden Winkel der Erde, auch in die ärmsten Länder. Das ist wichtig für die Kinder, auch wenn sie nicht selbst geimpft werden. Denn mit jedem geimpften Gesundheitshelfer, mit jeder geimpften Lehrerin kann die Versorgung von zahlreichen Mädchen und Jungen sichergestellt werden.

Kinder müssen weiter lernen können

Besonders wichtig ist es jetzt, dass Kinder nicht den Anschluss verlieren. Wo Schulen geschlossen sind, müssen sie zuhause lernen können. Wir statten Mädchen und Jungen mit Stiften, Heften und Büchern aus und organisieren Fernunterricht, der auch ohne Internetzugang möglich ist. Gemeinsam mit Partnern haben wir etwa in Ruanda und zahlreichen weiteren Ländern Unterrichtsprogramme für das Radio entwickelt.

Ruanda: Junge hört sich den Unterricht im Radio an.

Bild 1 von 4 | Auch bei Schulschließungen müssen Kinder weiter lernen können. Für Mädchen und Jungen, die keinen Zugang zum Internet haben, hat UNICEF Unterrichtsprogramme für das Radio entwickelt – zum Beispiel in Ruanda.

© UNICEF/UNI319836/Kanobana
Corona: Ein Mädchen in Timor-Leste lernt über eine Online-Plattform.

Bild 2 von 4 | UNICEF entwickelt mit Expert*innen auch Online-Plattformen fürs Lernen mit dem Smartphone. In Timor-Leste etwa haben Schulkinder so Zugriff auf Videos, Tonaufnahmen und E-Books.

© UNICEF/UNI320754/Soares
Wichtig ist, dass die Kinder schnell zur Schule zurückkehren können.

Bild 3 von 4 | Wichtig ist, dass Kinder schnell zur Schule zurückkehren. UNICEF hilft dabei, dass Schulen wieder öffnen können. Wir stellen zum Beispiel Masken und Hygieneartikel bereit, damit Kinder und Lehrkräfte geschützt sind.

© UNICEF/UN0527605/Sujan
Für den Unterricht verteilt UNICEF Material wie Stifte und Schulhefte.

Bild 4 von 4 | Für den Unterricht verteilt UNICEF außerdem Material wie Stifte und Schulhefte.

© UNICEF/UNI372361/Pouget

Kinder müssen so schnell wie möglich zum Präsenzunterricht zurückkehren, denn Schule ist mehr als Klassenzimmer, sie ist lebenswichtig. Unterricht gibt den Kindern die Chance auf eine bessere Zukunft und zeigt auch Eltern eine Perspektive für ihre Kinder auf. Millionen Mädchen und Jungen bekommen zudem in der Schule täglich eine warme Mahlzeit. UNICEF unterstützt Schulen und Behörden dabei, schnell wieder öffnen zu können. Für den Schulalltag stellen wir etwa Hygieneartikel und Masken bereit. Außerdem setzen wir uns dafür ein, dass möglichst viele Lehrkräfte rasch geimpft werden.

Kinder in der Pandemie schützen: Auch Sie können helfen

Die Pandemie ist eine globale Krise, die wir nur gemeinsam bewältigen können. Wir dürfen die Kinder nicht mit den Folgen dieser Krise allein lassen. Mädchen und Jungen brauchen Gesundheitsversorgung, sichere Ernährung und die Chance auf Bildung. Mit Ihrer Spende können Sie dabei helfen, die Kinder in der Pandemie zu schützen. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.

** Dieser Blogbeitrag ist erstmals im Oktober 2021 erschienen. Wir haben ihn für Sie aktualisiert. **

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Autor*in Klas Libuda

Klas Libuda ist Print- und Online-Redakteur und bloggt über die UNICEF-Arbeit weltweit.