Projektreise nach Kambodscha: Tag 4
Besuch der Sokung Provinz
Ich wache auf und sehe, dass bereits Licht durch die Vorhänge ins Zimmer fällt. Mit einem Schlag bin ich hellwach, ein Blick auf den Wecker sagt mir, dass es bereits sieben Uhr ist. Um diese Zeit werden wir abgeholt, die anderen stehen bereits fix und fertig in der Empfangshalle. Ich merkte, dass mein Handy an der Steckdose nicht geladen wurde und somit der Wecker ausfiel. Da ich bis gestern Abend spät am Blog geschrieben habe, waren die Bilder des Tagsgeschehens in der Dunkelheit so präsent, dass ich erst nach 1 Uhr eingeschlafen war. Normalerweise bin ich fast immer vor dem Wecker wach.
Unser Ziel ist heute Kampong Cham. Wir verlassen Phnom Penh und fahren über das Land zur Bunrani Hunsen Bang Traw School. Die Landschaft gleitet an mir vorbei: Reisfelder, kleine Teiche mit blühenden Lotusfeldern, Palmen und Bananenstauden. Entlang des Tonle Sap stehen die Hütten auf Stelzen, weil es in der Winterzeit häufig zu Überschwemmungen kommt. Bei einer kurzen Rast sehe ich das erste mal gebratene Taranteln und Kakerlaken. Susanne schüttelt sich, während Mariele das Angebot gar nicht so schrecklich findet.
Wasser wirkt – hoffentlich auch in der Grundschule
Das Dorf Bang Tras, welches wir besuchen werden, besteht aus 473 Haushalten, von denen nur 36 eine Latrine besitzen.
Als wir in der Schule ankommen, sind die Fahrzeuge und vor allem unsere Koffer, die auf das Dach geschnallt wurden, dick mit rotem Staub bedeckt. Ob ich das heute Abend im Hotel wieder abbekomme?
In der Schule werden wir bereits von den 270 Kindern erwartet, die von 12 Lehrern unterrichtet werden. Begeistert singen die Drittklässler, die ich besuche, mit mir zusammen die Melodie eines einfachen Liedes. Auch hier hat UNICEF den Bau von Toiletten unterstützt und den Kindern wird die Wichtigkeit des Händewaschens erklärt. Allerdings merkt man deutlich, dass in dieser ländlichen Schule alles sehr viel einfacher ist. Die Kinder werden in Klassen à 70 Schülern unterrichtet. Die Klassenräume sind schmutzig, an den Wänden sehe ich Risse und Spinnweben. Trinkwasser gibt es hier keines, dies bringen all von zuhause mit. Wie sauber das wohl ist?
Latrinenbau für die Dorfbevölkerung
Höchst interessant finde ich den Besuch einer Familie im Dorf. Die 59- jährige Hausbesitzerin, die sieben Kinder geboren hat, hat begonnen, eine Latrine zu errichten. Wir sehen im Gelände einen Betonsockel und eine eingelassene Latrine. Das Wasser zum Spülen wird in kleinen Eimern zum Spülen zur Toilette gebracht. Ihre Enkelin, die mittlerweile aus der Schule gekommen ist, freut sich schon, wenn endlich die Mauern um die Latrine fertig sind. Der Haushalt verwendet jedoch immer noch das Wasser aus dem Brunnen. Zum Trinken muss es abgekocht werden. Früher seien ihre Kinder oft krank gewesen, berichtet die Kambodschanerin. Da sie mittlerweile gelernt hat, dass Krankheiten durch schlechtes Wasser und mangelnder Hygiene entstehen, hofft sie, dass es ihre Enkel besser haben werden.
Beeindruckt bin ich auch vom anschließenden Besuch bei der Provinzchefin. Die engagierte Dame setzt in den elf Dörfern ihrer Provinz energisch den Fortschritt voran. Da Ziel besteht darin, alle Haushalte in den Dörfern mit Latrinen, sauberem Wasser und den notwendigen Kenntnissen zur Hygiene zu versorgen. Regelmäßig besucht sie die Dörfer und gibt ihre Kenntnisse an die Bewohner und vor allem Dorfchefs weiter. Für Hütten mit arsenverseuchtem Wasser konnte sie dank UNICEF Keramikfilter beschaffen. Faszinierend, wie die Ideen und Ziel auf diesem Weg an die Bevölkerung weiter gegeben werden.
Mütter-Trainingsprogramm im Prey Chhor Distrikt
Am Nachmittag besuchen wir das Mütter-Trainingsprogramm „Home Base“. Eine Gruppe 3 -5 Jähriger empfängt uns singend und tanzend. Die Mütter stehen stolz dabei und freuen sich, was ihre Kleinen beherrschen: sie zählen bis zehn und rechnen einfache Aufgaben mit den Fingern.
Einmal im Monat kommen die Mütter mit den Kindern zu diesen Treffen und lernen von der „Coremother“ was wichtig für die Entwicklung ihrer Kinder ist.
Ich unterhalte mich mit Sorn Yeourn, die mit ihrer 5-jährigen Tochter am Training teilnimmt. Es ist ihr wichtig, dass das Mädchen früh gefördert wird, denn ihre vier älteren Kinder hatten Probleme in der Schule und mussten die Klassen wiederholen. Sie wünscht sich, dass sie eine gute Schulausbildung haben wird und später vielleicht einmal Lehrerin werden kann.
Die Regierung hat in 13 von 17 Provinzen dieses Frühförderprogramm installiert. Fünf Provinzen wurden dabei von UNICEF gefördert. Ehrenamtliche Frauen, wie unsere „Coremother“, kümmern sich um das Training der Mütter. Diese üben zuhause regelmäßig mit den Kleinen bis zum nächsten Treffen. Ein großer Kalender, in dem die Entwicklungsfortschritte in den jeweiligen Lebensabschnitten durch Schrift und Bild dargestellt sind, unterstützt sie dabei. Leider sind nicht genügend Kalender für alle Familien vorhanden.
Ich finde es bewunderwert, dass die „Coremother“, die selbst sieben Kinder groß gezogen hat, nun anderen Müttern hilft. Der Grund für ihr Engagement ist ihre Liebe zu Kindern, wie sie erklärt.
Voneinander lernen: Fachgespräche über Schulbildung
Mit der Vertreterin des Ministeriums unterhalte ich mich über die Förderung behinderter Kinder, was mir natürlich als Schulleiterin einer Förderschule besonders am Herzen liegt. Man würde diese Kinder integrativ unterrichten in dem sie vorne am Lehrerpult sitzen. Interessiert notiert sie meine Ansicht, dass dies keine ausreichende Förderung in einer Klasse mit 60-70 Kindern ist und fragt mich nach meinen Vorschlägen, die aus mir geradezu heraus sprudeln. Zum Abschied schenkt mir die fünfjährige Gukl Kosal ein selbstgemaltes Bild. Ich freue mich riesig und bedanke mich.
Auch wenn dieser Tag wieder sehr anstrengend war, bin ich einfach begeistert von den Projektbesuchen. Es wird so deutlich, dass die Multiplikation von Wissen über die Menschen in den Regionen selbst die Lebensumstände und Entwicklungschancen verbessern. Und was kann es Sinnvolleres geben, als die frühe Förderung von Kindern?
Im Auto erfahren wir, dass es Probleme mit unseren reservierten Zimmern gibt. Nun sind wir gespannt, was uns in Kampon Cham erwarten wird.
Reisetagebuch
Lesen Sie hier alle Berichte der UNICEF-Ehrenamtlichen von ihrer Reise nach Kambodscha:
Reisevorbereitung: “Auf, auf nach Kambodscha”
Tag 1: Gedanken zur Reise am Frankfurter Flughafen
Tag 4: Besuch der Sokung Provinz
Tag 5: Arsenverseuchtes Wasser und gute Tipps für Mütter
Tag 6: Besuch im Provinzkrankenhaus in Kampong Thom
Tag 7: Schulprojekte und „Wasser wirkt“ in Keo Por
Haben Sie auch Interesse, ehrenamtlich bei UNICEF mitzuwirken?
Machen Sie es den anderen Reisenden und mir nach und informieren Sie sich in unserer Rubrik Engagement für UNICEF über die zahlreichen Möglichkeiten.