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Dürre in Kenia: Warum Regen für Medina alles schlimmer machte

Tag für Tag, Woche für Woche und Monat für Monat hat die Familie von Medina (5) wie alle anderen in dieser heißen und trockenen Region im Norden von Kenia verzweifelt auf Regen gehofft.


von Ninja Charbonneau

Überall um sie herum in diesem dünn besiedelten Gebiet trockneten die Erde und die Wasserstellen langsam aus, die Vegetation starb ab und danach die Ziegen, die Kühe, die Kamele, eins nach dem anderen.

Kenia: Medina in der Region North Horr

Die fünf Jahre alte Medina in der Region North Horr im Norden von Kenia.

© UNICEF/DT2017-54647/Ninja Charbonneau

Medinas Familie gelang es, ihre 20 Ziegen am Leben zu erhalten, obwohl es immer schwieriger wurde, etwas Essbares für sie zu finden. Tiere zu besitzen – für 80 Prozent der Menschen in den so genannten ariden und semi-ariden Gebieten im Norden Kenias, die als Nomaden und Viehhalter leben, bedeutet das Milch, Fleisch, Einkommen. Von den Tieren hängt ihr eigenes Überleben ab.

Zwei Jahre lang hat es kaum geregnet, und die Verzweiflung der Menschen wurde immer größer. Die fünfjährige Medina, ein hübsches Mädchen mit kurzen Löckchen, begann Gewicht zu verlieren.

Doch als es Ende April endlich regnete, viel später als üblich in der Regenzeit und dafür sehr heftig, wurde alles noch viel schlimmer. Das war der Zeitpunkt, als alle 20 Ziegen von Medinas Familie auf einen Schlag starben, so wie Tausende andere Tiere in der Gegend.

Geschwächt von der monatelangen Dürre haben sie den plötzlichen Wetterumschwung nicht verkraftet. Sie wurden krank und sind einfach gestorben. Als wir eine Woche später durch den Landkreis Marsabit fahren, sehen wir immer wieder Tierkadaver am Rand der staubigen Wege.

„So schlimm wie jetzt war es noch nie”

„Die Ziegen waren alles, was wir hatten“, sagt Gumatu Roba (22), die Mutter von Medina und ihrer zwei Jahre alten Schwester Kabale. „Wir haben nichts, das wir verkaufen könnten. Mein Mann ist gerade in der nächsten Stadt und versucht, kleine Jobs zu finden. Manchmal, wenn er Arbeit findet, kann er etwas zu essen kaufen. Manchmal bekommt er in den Läden ein paar Lebensmittel auf Kredit.“ An anderen Tagen hat die Familie gar nichts zu essen.

„Wir haben schon vorher schwierige Zeiten erlebt, aber so schlimm wie jetzt war es noch nie“, sagt die junge Mutter. Sie sind fast vollständig auf Hilfe angewiesen. Die kenianische Regierung verteilt Lebensmittel in den am härtesten von der Dürre getroffenen Orten, aber angesichts des Ausmaßes der Krise und der großen Zahl der hilfsbedürftigen Menschen ist es einfach nicht genug.

Kenia: Medinas Mutter zeigt ihre letzten Reste Mais

Medinas Mutter Gumatu Roba zeigt in ihrer Hütte etwas Mais, der ihr von der letzten Hilfslieferung noch übrig ist.

© UNICEF/DT2017-54653/Ninja Charbonneau

Auch Medinas Familie hat je ein Kilogramm Reis, Mais und Bohnen sowie etwas Speiseöl bekommen. Aber das reicht höchstens für eine Woche, und sie wissen nicht, wann sie die nächste Hilfslieferung bekommen.

Verhindern, dass Kinder verhungern

Jetzt ist es wieder 38 Grad heiß, ein trockener Wind wirbelt den Staub über die Wüstenlandschaft, als Gumatu Roba mit ihren beiden Kindern und ihrer Schwiegermutter zur „mobilen Klinik“ eilt, die heute in ihrem Dorf Durte Halt macht. Die mobile Klinik, das sind im Grunde genommen Geländewagen mit kleinen Teams aus Krankenschwestern, Gesundheitshelfern und Ernährungsmitarbeitern. Sie untersuchen die Frauen und Kinder, verteilen Medikamente und therapeutische Nahrung.

Die Teams fahren über holprige Wege in dieser kargen Landschaft von Manyatta zu Manyatta, so nennt sich eine kleine Einheit aus ein paar Nomadenhütten, damit auch in den weit entlegenen Dörfern möglichst alle Kinder erreicht werden, die dringend Hilfe brauchen. Es geht um viel: In einigen „Hot Spots“ wie in der Region North Horr, zu der auch Medinas Dorf gehört, leidet jedes dritte Kind unter fünf Jahren an akuter Mangelernährung.

Seit die kenianische Regierung im Februar die Dürre zur nationalen Notsituation erklärt hat, haben die Regierung auf Bundes- und Landesebene, UN-Organisationen und andere Hilfsorganisationen ihre Hilfe ausgeweitet, um den schlimmsten Fall zu verhindern: dass Kinder verhungern und sterben. Die von UNICEF unterstützten mobilen Kliniken erreichen jetzt 115 Orte im Rhythmus von zwei Wochen, um nach den jüngsten Kindern und schwangeren Frauen zu sehen und sie bei Bedarf zu behandeln.

Die gute Nachricht ist: Die meisten Kinder sind dank der rechtzeitigen Hilfe nicht in einem lebensbedrohlichen Zustand. Aber die Situation ist kritisch, und es bleibt noch viel zu tun.

Situation für viele Kinder in Kenia bleibt kritisch

Medina versteckt sich halb hinter ihrer Mutter und klammert sich an ihren Rock, bevor sie zögernd auf die Waage steigt. Ihre Mutter lächelt ihr ermutigend zu, als die Gesundheitshelfer Medinas Größe und den Umfang von ihrem Oberarm messen. Es ist offensichtlich, dass Medina diese Prozedur gar nicht gefällt, aber es muss sein. Durch die regelmäßigen Kontrollen lässt sich schnell feststellen, ob sich Medinas Zustand bessert oder wenigstens stabil bleibt.

Kenia: Medina wird der Oberarm gemessen

Medina runzelt die Stirn, als eine Ernährungshelferin den Umfang ihres Oberarms misst.

© UNICEF Kenya/Charbonneau

Obwohl das fünfjährige Mädchen schon seit mehreren Monaten therapeutische Zusatznahrung erhalten hat – ungewöhnlich lang – ist sie immer noch moderat mangelernährt. „Am Anfang hat sie schnell zugenommen“, erzählt ihre Gumatu Roba. „Aber jetzt geht ihr Gewicht immer rauf und runter.“

Medinas Mutter sagt es zwar nicht, aber wir haben von anderen Familien gehört, dass sie die für die mangelernährten Kinder gedachte Erdnusspaste mit den anderen, gesunden Kindern teilen – ganz einfach, weil sie ihnen nichts anderes zu essen geben können. Das könnte der Grund sein, warum auch Medina sich noch nicht erholt hat. Doch das wird sich hoffentlich bald ändern, wenn die Regierung und WFP den Familien wie geplant mehr Hilfe in Form von Lebensmitteln oder Bargeld zur Verfügung stellen.

Kenia: Medina isst ein Päckchen Ernusspaste

Das erste Päckchen mit Erdnusspaste öffnet Medina sofort nach der Verteilung bei der mobilen Klinik.

© UNICEF/DT2017-54643/Ninja Charbonneau

Bis jetzt war der Regen im Norden von Kenia weder lang noch ausreichend genug. Den Vorhersagen zufolge wird auch diese Regenzeit sehr schwach ausfallen. Es wird Zeit brauchen, bis die Bauern wieder etwas anpflanzen und ernten können und die restlichen Tiere der Viehhalter wieder zu Kräften kommen. Familien wie die von Medina, die alles verloren haben, werden weiterhin Hilfe brauchen.

Die Dürre mag für den Moment vorüber sein, aber die Auswirkungen werden die Kinder in Kenia noch lange zu spüren haben.

InfoHungerkrise in Afrika: Sie können helfen

In Kenia und weiteren Ländern Afrikas sind aktuell Kinder und ihre Familien von extremer Dürre, Hunger und Krankheiten lebensgefährlich bedroht. UNICEF ist in allen betroffenen Regionen vor Ort und liefert Trinkwasser, Nahrung und medizinische Hilfe.

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Autor*in Ninja Charbonneau