UNICEF-Bericht zur Umsetzung der Millenniumsziele
UNICEF fordert mehr Hilfe für die ärmsten Kinder
Trotz Entwicklungsfortschritten wächst die soziale Kluft
Millionen Kinder könnten nach Einschätzung von UNICEF gerettet werden, wenn die internationale Entwicklungshilfe sich gezielt auf die am stärksten benachteiligten Familien konzentrieren würde. Dies ist Ergebnis des aktuellen Berichts „Fortschritt für Kinder“. Zehn Jahre nach Verabschiedung der Millenniums-Entwicklungsziele zieht UNICEF damit eine gemischte Bilanz.
Danach haben weltweit seit 1990 zwar deutlich mehr Kinder Zugang zu sauberem Wasser, Schulbildung oder Impfschutz bekommen und die Kindersterblichkeit ist gesunken. Doch diese Fortschritte sind sehr ungleich verteilt und erreichen viele Kinder nicht, die sie am dringendsten benötigen.
- So haben Kinder aus den ärmsten Bevölkerungsgruppen ein doppelt so hohes Risiko, vor ihrem fünften Geburtstag zu sterben, als ihre wohlhabenden Altersgenossen. Jeden Tag sterben weiterhin rund 24.000 Kinder – vor allem an vermeidbaren oder behandelbaren Krankheiten.
- Heute gehen zwar mehr Kinder zur Schule als jemals zuvor. Doch immer noch haben über 100 Millionen Kinder keine Schulbildung – auch hier sind Kinder aus benachteiligten Familien und Mädchen besonders häufig ausgeschlossen. Im südlichen Afrika besuchen nur 65 Prozent der Kinder im Grundschulalter überhaupt eine Schule.
Der UNICEF-Bericht zeigt eine große Kluft beim Zugang zu einer sozialen und medizinischen Grundversorgung für Kinder: zwischen den Industrieländern und den Entwicklungsländern, zwischen den ärmsten und den wohlhabendsten Bevölkerungsgruppen innerhalb der Länder, zwischen städtischen und ländlichen Gebieten sowie zwischen Jungen und Mädchen.
Untergewicht und chronische Unterernährung sind zum Beispiel vor allem bei den ärmsten Kindern im südlichen Afrika und in Südasien verbreitet. Kinder auf dem Land sind fast doppelt so gefährdet, hierdurch in ihrer gesamten Entwicklung geschädigt zu werden, als Kinder aus der Stadt.
Obwohl die Geschlechterkluft bei der Bildung sich langsam schließt, sind Mädchen in den Entwicklungsländern beim Schulbesuch weiter stark benachteiligt – insbesondere beim Zugang zu weiterführenden Schulen. Und trotz Fortschritten bei der Aids-Aufklärung ist das Infektionsrisiko bei Mädchen vor allem im südlichen Afrika deutlich höher als bei Jungen. Von den weltweit 884 Millionen Menschen, die kein sauberes Trinkwasser zur Verfügung haben, leben 84 Prozent auf dem Land.
UNICEF ruft deshalb zu verstärkten Anstrengungen auf, die Millenniums-Entwicklungsziele gerade für die bisher ausgeschlossenen Bevölkerungsgruppen zu verwirklichen.
„Bislang dachte man, eine Konzentration auf die am stärksten benachteiligten Kinder sei im Verhältnis zur Reichweite zu teuer“, erklärte UNICEF-Direktor Anthony Lake anlässlich der Vorstellung des Berichts. „Aber eine Strategie, die auf Gerechtigkeit zielt, bedeutet nicht nur einen moralischen, sondern auch ganz praktischen Gewinn.“
Gleichzeitig warnt UNICEF davor, dass die Umsetzung der Millenniumsziele durch verschiedene globale Entwicklungen gefährdet ist:
- Die globale Finanzkrise sowie anhaltend hohe Nahrungsmittelpreise treffen gerade die ärmsten Familien am härtesten.
- Die fortschreitende Verstädterung entwurzelt viele Menschen und schafft enorme Versorgungsprobleme in den Armenvierteln der Metropolen.
- Die Folgen des Klimawandels bedrohen vor allem Menschen in den ärmsten Ländern, die sich am wenigsten davor schützen können.
- Die wachsende Zahl von Naturkatastrophen sowie bewaffnete Konflikte bedeuten Obdachlosigkeit, Flucht und Armut für Millionen Kinder.
Vom 20. bis 22. September 2010 hat UN-Generalsekretär Ban Ki-moon ein Gipfeltreffen der Vereinten Nationen in New York einberufen. Dort soll zehn Jahre nach der Verabschiedung der Millenniumsziele Bilanz gezogen werden. Im Jahr 2000 hatten alle Regierungen versprochen, bis zum Jahr 2015 einen Katalog von acht messbaren Zielen zur Überwindung von Armut und Unterentwicklung umzusetzen. Die Ziele wurden zur Richtschnur der internationalen Entwicklungspolitik und der Arbeit von UNICEF. Denn nachhaltige Entwicklung beginnt mit Kindern.
Eine deutschsprachige Zusammenfassung des UNICEF-Berichts „Fortschritt für Kinder“ sowie die Möglichkeit zum Download des kompletten englischsprachigen Reports finden hier: