Pressemitteilung

„Kein Kind darf zurückbleiben“

Berlin

UNICEF zum Neujahrsgespräch in Schloss Bellevue

Zum Auftakt des 25. Geburtstags der UN-Kinderrechtskonvention im Jahr 2014 ruft UNICEF dazu auf, in den kommenden vier Jahren den Anteil von Kindern in Deutschland in verfestigten Armutssituationen zu halbieren. Viele Kinder alleinerziehender und arbeitsloser Eltern sowie Kinder mit Migrationshintergrund drohen sonst dauerhaft von der sozialen Entwicklung abgehängt zu werden.

UNICEF-Schirmherrin Daniela Schadt

UNICEF-Schirmherrin Daniela Schadt mit den Teilnehmern des Neujahrsgesprächs in Schloss Bellevue:
Lisa-Marie Staks, Schülerin in Berlin-Moabit; Prof. Hans Bertram, Humboldt-Universtität Berlin; Sebastian Krumbiegel, Sänger der „Prinzen“; Dr. Jürgen Heraeus, Vorstandsvorsitzender UNICEF Deutschland; Daniela Schadt, UNICEF-Schirmherrin; Anne Gesthuysen, Moderation; Claudia Lukat, Initiative „Kinder beflügeln“, Dr. Petra Roth, ehemalige Präsidentin des Deutschen Städtetags (Uwe Hück, Porsche AG, kam zur Diskussion dazu).

© Bundesregierung / Matthias Ferdinand Döring

Anlässlich des traditionellen Neujahrsgesprächs in Schloss Bellevue appellierte UNICEF-Schirmherrin Daniela Schadt: „Wir müssen Institutionen wie Kindergärten, Schulen und Angebote in den Gemeinden so gestalten, dass sie die besonderen Erschwernisse und Belastungen vieler Kinder besser auffangen und sie ermutigen können. Jedes Kind hat ein Recht auf eine zweite Chance.“

Seit Jahrzehnten sind in Deutschland Kinder von Alleinerziehenden am stärksten von relativer Armut betroffen. Sie sind auch besonders lange in dieser schwierigen Situation. Dabei steigt der Anteil der Kinder, die nur bei einem Elternteil – meist den Müttern – aufwachsen, beständig an. Bundesweit ist dies heute etwa jedes fünfte Kind, in Berlin ist es sogar jedes dritte Kind. Ihre häufig schwierige materielle und soziale Situation wirkt sich auf die gesamte Entwicklung aus. So weist zum Beispiel ein großer Teil von Kindern Alleinerziehender bereits zum Ende der Grundschulzeit erkennbare Defizite in Mathematik und Naturwissenschaften auf.

„Dem Wandel der Familienformen ist in den vergangenen Jahrzehnten kaum etwas entgegengesetzt worden“, erklärte Prof. Dr. Hans Bertram von der Humboldt-Universität Berlin. „Besonders in Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet, Hamburg, Bremen und Berlin weisen viele Indikatoren darauf hin, dass das Wohlbefinden und die Zukunftsfähigkeit vieler Kinder in Gefahr sind. Der Anteil der Kinder in relativer Armut ist dort oft sogar höher als in anderen europäischen Metropolregionen wie Paris, Madrid oder Athen.“

„Deutschland wird immer älter. Aber das darf nicht dazu führen, dass sich alles nur noch um die Rente dreht“, erklärte Dr. Jürgen Heraeus, Vorsitzender von UNICEF Deutschland. „Wir brauchen mehr Mut und Entschlossenheit, um die Chancen der am stärksten benachteiligten Kinder zu verbessern. Jedes Kind hat ein Recht auf Teilhabe.“

25 Jahre UN-Kinderrechtskonvention

Auf Einladung der UNICEF-Schirmherrin Daniela Schadt diskutierten beim traditionellen Neujahrgespräch im Schloss Bellevue in Berlin Fachleute, Praktiker und Heranwachsende darüber, wie benachteiligte Kinder in Deutschland besser unterstützt werden können. Die Veranstaltung bildete den Auftakt zu zahlreichen Initiativen und Aktionen anlässlich des 25. Geburtstags der UN-Konvention über die Rechte des Kindes am 20. November 2014. Die Konvention garantiert allen Kindern auf der Welt grundlegende Rechte auf Überleben, Entwicklung, Schutz und Beteiligung. Deutschland hat sie 1992 ratifiziert.

Kinderarmut beeinträchtigt Chancen und Entwicklung

UNICEF Deutschland warnt vor einer wachsenden Kluft unter Heranwachsenden und den Folgen verfestigter Armut und Deprivation bei Kindern in Deutschland:

  • Der aktuelle UNICEF-Bericht zur Lage von Kindern in Deutschland Untersuchungen zeigt, dass im vergangenen Jahrzehnt rund 8,6 Prozent der deutschen Kinder und Jugendlichen langfristige Armutserfahrungen machten. Die meisten von ihnen (6,9 Prozent) lebten zwischen sieben und elf Jahre lang in einem Haushalt, der mit weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens auskommen musste. 1,7 Prozent waren sogar 12 bis 17 Jahre lang in dieser Situation. Auf die heutige Situation bezogen wären dies rund 1,1 Millionen Heranwachsende, die einen Großteil ihrer Kindheit und Jugend in relativer Armut verbringen.
  • Kinder aus benachteiligten Familien treiben weniger Sport, schauen mehr fern und rauchen häufiger. Insbesondere die Arbeitslosigkeit von Eltern kann sich negativ auf gesundheitliche Wohlbefinden, die Ernährung, sowie das Bewegungs- und Risikoverhalten auswirken. Problembelastete Kinder haben oft ein geringes Selbstwertgefühl und verbringen viel Zeit vor dem Fernseher oder Computer. Ihre Chancen in Schule und Ausbildung sind vielfach beeinträchtigt.

Service für Redaktionen

Der aktuelle UNICEF-Bericht zur Lage von Kindern in Deutschland „Reiche, kluge, glückliche Kinder?“ (Hrsg. Hans Bertram) ist im Herbst 2013 im Verlag Beltz Juventa erschienen. Eine Zusammenfassung finden Sie hier zum Download. Video-Statements von der Veranstaltung finden Sie im UNICEF-Blog.