Junge Menschen sehen die Welt positiver als Ältere – aber sie erwarten Lösungen für Krisen und mehr Mitsprache
Internationaler Tag der Kinderrechte am 20. November
UNICEF und Gallup haben erstmals über 21.000 junge und ältere Menschen in 21 Ländern nach ihrer Sicht auf die Welt gefragt / Junge Menschen in Deutschland sind besonders digital, global und finden Vielfalt wichtig
Jugendliche und Heranwachsende sehen trotz Klimawandel und Belastungen, zum Beispiel durch die Covid-19-Pandemie, mehr Verbesserungen auf der Welt als die ältere Generation: So sind rund 57 Prozent der jungen Menschen davon überzeugt, dass die Welt mit jeder Generation ein besserer Ort zum Leben wird. Bei den Erwachsenen über 40 Jahren sagen dies nur 39 Prozent. In Deutschland sehen sogar fast zwei Drittel der jungen Menschen (61 Prozent) eine positive Entwicklung der Welt, gegenüber rund 40 Prozent bei den über 40-Jährigen.
Das ist ein Ergebnis der heute zum Internationalen Tag der Kinderrechte (20.11.) veröffentlichten repräsentativen Befragung von UNICEF und dem renommierten Meinungsforschungsinstitut Gallup. Für das „Changing Childhood Project“ („Projekt Kindheit im Wandel“) wurden mehr als 21.000 Personen aus zwei Generationen (15 bis 24 Jahre und über 40 Jahre) in 21 Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländern interviewt – darunter Deutschland.
„Es gibt genug Gründe für Pessimismus: Klimawandel, die Corona-Pandemie, Armut und Chancenungleichheit, die Spaltung der Gesellschaft und wachsender Nationalismus. Aber es gibt auch Anlass zur Zuversicht: Kinder und junge Menschen weigern sich, die Welt durch die düstere Brille der Erwachsenen zu sehen“, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore. „Im Vergleich zu älteren Generationen bleiben die jungen Menschen optimistisch, denken viel globaler und sind entschlossen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Sie machen sich zwar Sorgen über die Zukunft, aber sie sehen sich als Teil der Lösung.“
Die internationale Befragung zeigt, dass die jungen Menschen in allen Ländern heute deutlich digitaler sind und globaler denken als Ältere. So sehen sie sich viel häufiger als Weltbürger*innen und befürworten eher die internationale Zusammenarbeit, um Krisen wie der Covid-19-Pandemie zu begegnen. Zudem glauben sie eher, dass sich die Kindheit verbessert hat. So sieht die Mehrheit der befragten Jugendlichen Fortschritte im Bereich der Gesundheitsversorgung, Bildung und persönlichen Sicherheit im Vergleich zu früheren Generationen.
Aber viele empfinden großen Erfolgs- und Leistungsdruck und psychische Belastungen. Die digitale Welt ist für sie selbstverständlich. Trotzdem sind sie kritisch gegenüber den für sie sehr wichtigen sozialen Medien. Junge wie ältere Menschen sind gleichermaßen der Überzeugung, dass die junge Generation mehr gehört werden muss und fordern von der Politik entschlossenes Handeln gegen den Klimawandel.
„Die Studie zeigt differenziert die Unterschiede und die Gemeinsamkeiten zwischen den Generationen – über alle Grenzen hinweg. Junge Menschen sind in reichen wie in armen Ländern trotz vielfältiger Belastungen und Sorgen grundsätzlich zuversichtlicher als Ältere. Sie sehen mit großer Klarheit die Probleme unserer Zeit und möchten die Zukunft mitgestalten. Diesen Gestaltungswillen sollten Regierungen – auch die künftige Bundesregierung – nutzen und nicht nur für Kinder, sondern mit ihnen gemeinsam nachhaltige Lösungen für die gegenwärtigen Herausforderungen finden“, erklärt Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland.
Ergebnisse der Befragung in Deutschland im internationalen Vergleich:
Aufwachsen in einer digitalen Welt
- 91 Prozent der 15- bis 24-Jährigen in Deutschland sind täglich online; bei den Menschen ab 40 sind es 74 Prozent.
- Im Durchschnitt der 21 befragten Länder informieren sich 45 Prozent der Unter-25-Jährigen hauptsächlich über soziale Medien (Deutschland: 38 Prozent). Aber nur durchschnittlich 17 Prozent und weniger als zehn Prozent der jungen Menschen in Deutschland sagen, dass sie den Informationen in den sozialen Medien sehr vertrauen. Für die Älteren ist das Fernsehen die wichtigste Informationsquelle (Durchschnitt: 39 Prozent, Deutschland: 30 Prozent).
Junge Menschen stärker global orientiert
- Junge Menschen sehen sich im Durchschnitt eher als Weltbürger*innen (rund 39 Prozent) als die ältere Generation (22 Prozent). Diese identifiziert sich eher mit dem Wohnort oder Land.
- In keinem anderen der befragten Länder ist die junge Generation so global orientiert wie in Deutschland. Gleichzeitig ist aber auch der Generationenunterschied bei dieser Frage besonders groß: 67 Prozent der Jüngeren empfinden sich in erster Linie als Teil der Weltgemeinschaft im Vergleich zu 41 Prozent der älteren Generation.
Alle Menschen gleich behandeln
- Junge Menschen legen in allen befragten Ländern großen Wert auf die Gleichbehandlung der Menschen unabhängig von Geschlecht, Religion, ethnischer Herkunft oder sexueller Identität.
- So finden es in Deutschland rund 88 Prozent der befragten jüngeren im Vergleich zu rund 74 Prozent der älteren Menschen sehr wichtig, dass Mitglieder der LGBTQ+-Gemeinschaft gleich behandelt werden. Auch der Gleichbehandlung von Frauen (97 zu 91 Prozent), ethnischen (95 zu 84 Prozent) und religiösen Minderheiten (91 zu 76 Prozent) misst die Generation der Unter-25-Jährigen in Deutschland einen jeweils höheren Stellenwert bei als die Generation der Über-40-Jährigen.
Kampf gegen Klimawandel für beide Generationen zentrale Zukunftsaufgabe
- Beim Thema Klimawandel sind sich beide Generationen einig: Die Regierungen sollten entschieden dagegen vorgehen, meinen zum Beispiel 73 Prozent der 15- bis 24-Jährigen sowie 72 Prozent der Über-40-Jährigen in Deutschland.
- Die meisten Auswirkungen des Klimawandels können verringert werden, sagen durchschnittlich je 86 Prozent der Menschen aus beiden Generationen.
Kinder und Jugendliche beteiligen
- Eine Mehrheit in beiden Generationen findet, dass junge Menschen stärker beteiligt werden sollen. Durchschnittlich 58 Prozent der jüngeren und 52 Prozent der Menschen über 40 finden es sehr wichtig, dass Politiker*innen bei ihren Entscheidungen die Stimmen der Kinder und Jugendlichen hören. In Deutschland sind 59 Prozent der jüngeren und 52 Prozent der älteren Generation dieser Meinung.
Eine Politik mit Zukunft – für Kinder und mit Kindern
Zum Internationalen Tag der Kinderrechte am 20.11. appelliert UNICEF Deutschland an die künftige Bundesregierung, die Verwirklichung der Kinderrechte zum Kompass ihres politischen Handelns zu machen. Soziale Gerechtigkeit für jedes Kind, eine an den Kinderrechten orientierte Umwelt- und Klimapolitik sowie die Partizipation von Kindern und Jugendlichen sollten zu den Kernelementen des neuen Regierungsprogramms gehören.
Das „Changing Childhood Project“
Das „Changing Childhood Project“ von UNICEF und dem Meinungsforschungsinstitut Gallup ist die erste Untersuchung, bei der verschiedene Generationen in allen Weltregionen zu ihrer Sicht auf Kindheit heute befragt wurden. Für das Projekt wurden zwischen Februar und Juni 2021 über 21.000 Jugendliche und Erwachsene Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländern telefonisch befragt: Äthiopien, Argentinien, Bangladesch, Brasilien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Indonesien, Japan, Kamerun, Kenia, Libanon, Mali, Marokko, Nigeria, Peru, Simbabwe, Spanien, Ukraine, USA. Alle Proben sind wahrscheinlichkeitsbasiert und für das jeweilige Land für zwei Altersgruppen repräsentativ: Menschen zwischen 15 und 24 Jahren sowie Menschen ab 40 Jahren. Befragt wurden jeweils etwa 1.000 Menschen pro Land (Indien: 1.500).
Service für Redaktionen
» Alle Ergebnisse der Befragung stehen auf einer neuen interaktiven Webseite zur Verfügung.
» Eine deutsche Zusammenfassung des Berichts finden Sie hier.
» Eine Übersicht ausgewählter Ergebnisse der Befragung in Deutschland im Vergleich mit dem internationalen Durchschnitt finden Sie hier.
Ninja CharbonneauSprecherin