Za’atari: Heimat und Hilfe in Zeiten des Krieges
Momentan sind zehn unserer UNICEF-Ehrenamtlichen auf Projektreise in Jordanien. Sie alle sind in ihrer Stadt schon länger ehrenamtlich für UNICEF aktiv und haben sich auf die Projektreise beworben. Sie wurden ausgewählt, weil sie wissen, wie sie UNICEF-Anliegen und -Themen den Menschen nahe bringen können und das nach ihrer Reise gerne noch intensiver tun wollen.
Hier im Blog berichten sie von ihren Erlebnissen und der UNICEF-Arbeit vor Ort.
Projektreise nach Jordanien Teil 3: Flüchtlingscamp Za’atari
Za’atari ist das zweitgrößte Flüchtlingslager der Welt mit derzeit schätzungsweise 80.000 Bewohnern. Es liegt 6 Kilometer südlich der syrischen Grenze und bietet seit Juli 2012 syrischen Flüchtlingen Zuflucht vor dem Krieg in ihrer Heimat. Über 54% der Flüchtlinge sind Kinder. Was habe ich schon alles gehört über dieses Flüchtlingscamp und wie oft habe ich Bilder und Berichte in den Nachrichtensendungen zuhause gesehen.
Tatsächlich ist es mehr als beklemmend, als wir uns dem Camp nähern. Eine Fläche mitten in der Wüste, offensichtlich dicht besiedelt und staubig. Im Camp reihen sich unvorstellbar viele kleine Container aneinander. Sie erstrecken sich bis zum Horizont. Alles ist eingezäunt. Es ist nicht schön in Za’atari. Wie wächst ein Kind hier wohl auf? Wie funktioniert hier Hilfe?
Kontrastprogramm: Schulbesuch im District 4
Die Schulleiterin Ietedal Abodarwish empfängt uns. Sie ist 60 Jahre alt und eigentlich in Rente. Für die vielen jungen Mädchen und Kinder legt sie aber gerne eine Pause ein: sie unterrichtet nach jordanischem Lehrplan und bietet gemeinsam mit 35 jordanischen Lehrern und 19 zusätzlichen syrischen Hilfslehrern Kunst, Lyrik, Talentförderung und aufgrund der extremen Gewalterfahrungen der Kinder psychologische Unterstützung an. Ihre Erfahrung und Tatkraft sind unschlagbar.
Wir treffen ihre Schülerinnen aus der 10. Klasse. Alle sind 16 Jahre alt und aus Syrien geflüchtet:
Zwei weitere Schülerinnen sprechen mit uns, möchten aber nicht fotografiert werden. Mariam lebt seit 5 Jahren in Za’atari. Sie sagt sehr bestimmt: „Ich liebe die Schule und das Lernen. Frauen stellen die Hälfte der Gesellschaft dar und müssen ganz selbstverständlich sehr gut ausgebildet sein.“ Haya lebt seit 4 Jahren in Za’atari. „Ich möchte meine Ambitionen weiterentwickeln und meine Ziele erreichen.“ Haya engagiert sich für den Schutz und die Ausbildung von Mädchen in Za’atari und gibt ihre Erfahrung und Haltung weiter.
Ich hatte gerade für einen Moment vergessen, wo ich bin. Dass diese Schule dem Krieg so nah ist und sich hinter der Anonymität von Za’atari bewegende Schicksale verbergen. Die Schule bietet dabei einen Raum für Entwicklung und Austausch, der diese jungen Mädchen fordert und ihnen ein Stück Normalität und Struktur im Flüchtlingsalltag zurückgibt, sie ihre Erlebnisse vergessen lässt oder sie lehrt, sie besser zu verarbeiten.
So hilft UNICEF
UNICEF in Jordanien nutzt seine Kooperation mit dem Bildungsministerium, NGO‘s und Gemeinden, um gezielt Bildungsmöglichkeiten für syrische Flüchtlingskinder einzurichten. Ausgebildete Lehrer wie Ietedal kümmern sich um die entwurzelten Kinder und sorgen dafür, dass die im Camp aufwachsenden Mädchen trotz ihrer Gewalt- und Kriegserfahrungen und ansonsten eintönigem Alltag ihre Fähigkeiten erkennen und Kompetenzen entwickeln können.
UNICEF stellt die dafür notwendigen Lern- und Lehrmaterialien sowie Schulinventar zur Verfügung. Zudem unterstützt UNICEF die Integration von Kindern mit Behinderungen und hilft bei der Suche nach zusätzlichem, dringend benötigtem Lehrpersonal. Ich habe Malak, Waed, Angheen, Mariam und Haya als selbstbewusste, fröhliche und interessierte Mädchen kennengelernt, die ihre Ideen und Wünsche für die Zukunft klar vor Augen haben und hoffnungsvoll sind, eines Tages ihr Land wieder mit aufbauen zu können.
Dafür sorgen die UNICEF-Kollegen vor Ort mit ihrem bemerkenswerten Einsatz. Sie zeigen damit Kindern und Heranwachsenden behutsam auf, welche Möglichkeiten ihnen das Leben zu bieten hat und wie sie diese durch ihre Ausbildung ergreifen können. Ich hatte ja keine Ahnung, wie notwendig und bedeutsam diese Arbeit und diese Hilfe in Zeiten des Krieges tatsächlich sind. Sie bedeuten ein Stück Heimat und Kindsein in Za’atari.
Erinnerung an Za’atari
Wir fragen die Mädchen, welche Erinnerung an Za’atari sie mitnehmen, wenn sie eines Tages nach Syrien, in ihre Heimat, zurückkehren?
Sie werden Za’atari vermissen. Sie haben hier ihre Kindheit und einen prägenden Teil ihres Lebens verbracht.
Haya : "Thank to God I became a strong woman."
Reisetagebuch
Lesen Sie hier alle Berichte der UNICEF-Ehrenamtlichen von ihrer Reise nach Jordanien:
Teil 1: Agents of Change: Die Gesichter UNICEF Jordaniens
Teil 2: Makani – das ist „mein Ort“
Teil 3: Za’atari: Heimat und Hilfe in Zeiten des Krieges
Teil 4: Wir sind die Kinder Syriens, bitte vergesst uns nicht!
Haben Sie auch Interesse, ehrenamtlich bei UNICEF mitzuwirken? Machen Sie es den anderen Reisenden nach und informieren Sie sich in unserer Rubrik Engagement für UNICEF über die zahlreichen Möglichkeiten.