Unterwegs in Gambia: Bildung macht stark für's Leben
Mit einer Bildungsoffensive verbessert UNICEF den Zugang und besonders die Qualität der Bildung in ganz Gambia.
Während meiner Reise erlebe ich, welchen Wert Bildung für die Menschen in einem armen Land wie Gambia hat. Wer rechnen, lesen und schreiben kann, der kann auch seine Stimme erheben und sich im Alltag behaupten. Die Schüler, die ich an den von UNICEF unterstützten Schulen kennenlerne, zeigen ihre Begeisterung für Schule offen und sie haben Träume für ihre Zukunft.
Gambia – Kleines Land mit großen Herausforderungen
Gemeinsam mit meiner Kollegin Karina Hövener mache ich mich Anfang Februar auf die Reise nach Gambia, das kleinste Land auf dem afrikanischen Festland. Mit uns reisen UNICEF-Unterstützer aus Deutschland, die mit ihren Spenden unter anderem UNCIEF-Bildungsprojekte in Gambia ermöglicht haben. Drei Schulen besuchen wir während unserer Reise. Wir erleben dort Schulleiter, Lehrer sowie Mütter, die sich gemeinsam für die Kinder an ihren Schulen engagieren – und eine Bildungsoffensive von UNICEF, die Früchte trägt.
Gambia liegt in Westafrika und gehört zu den zwanzig ärmsten Ländern der Welt. Viele junge Menschen verlassen das Land, in der Hoffnung woanders eine bessere Perspektive zu finden. Frauen und Mädchen haben es besonders schwer. Sie werden traditionell früh aus der Schule genommen und verheiratet, ziehen die Kinder groß und müssen sehr hart für den Lebensunterhalt ihrer Familien arbeiten. Bildung ist ein wichtiger Schlüssel für mehr Selbstbestimmung und Selbstbewusstsein in ihrem Leben.
„PIQSS“ – Die UNICEF Offensive für bessere Bildung
Generell ist das Bildungsniveau in Gambia sehr niedrig. Nur rund die Hälfte der Erwachsenen können Lesen und Schreiben, viele Mädchen dürfen die Schule nicht beenden. Im Bildungsbereich muss sich in Gambia also noch viel bewegen.
Die Grundschulen die wir besuchen sind Teil einer landesweiten Bildungsoffensive von UNICEF, die den Zugang und besonders die Qualität der Schulbildung langfristig verbessern möchte. Das Programm heißt „PIQSS“ und steht für „Programme for Improved Quality Standards in Schools“. Mit der Initiative für bessere Bildung in Gambia will UNICEF drei wichtige Ziele erreichen:
- Verbesserung der Schulumgebung (Klassenräume, Möbel, Toiletten, Trinkwasser) und des Schulmanagements
- Verbesserung der Lehr- und Lernqualität, durch Lehrerfortbildungen und anschaulichere Lernunterlagen
- Verbesserung des Wohlbefindens der Schüler in Bezug auf Ernährungs- und medizinische Versorgungssituationen als auch durch Gewaltprävention.
Ein wesentlicher Aspekt, um eine gute Lernumgebung für Kinder zu schaffen, ist die Beteiligung der Dorfgemeinschaften. Außerdem werden Mütterclubs und School Management Comittees gegründet, die sich aus Lehrern, Eltern, Schülern und Dorfältesten zusammensetzen.
Ein wichtiger Schwerpunkt des Programms ist zudem die frühkindliche Bildung. Diese Vorschulangebote richten sich an Kleinkinder im Alter von drei bis sechs Jahren. Kleinkindern mit frühkindlicher Bildungsunterstützung fällt der Einstieg in die Grundschule nachweislich leichter. Gemeinsam mit der Regierung gliedert UNICEF Vorschulklassen an die Grundschulen an. Die Einschulungsraten für die Grundschulen, gerade in ländlichen Gebieten, entwickeln sich dementsprechend positiv.
Neue Klassenräume und Sanitäranlagen für die Grundschule in Kurawo
In der ländlich gelegenen Upper River Region besuchen wir die Dorfgrundschule in Kurawo. Dank Spenden aus Deutschland ist hier ein neues Schulgebäude und Sanitäranlagen entstanden. Der Schulleiter – Herr Danbale – erzählt uns, dass an seiner Schule 190 Kinder bis zur sechsten Klasse unterrichtet werden. Neben den drei neuen Klassenräumen wird noch in fünf weiteren Räumen unterrichtet.
An dieser Schule gibt es auch Vorschulklasse, die extrem gut besucht ist. 79 Kinder, davon 35 Jungen und 44 Mädchen, werden hier spielerisch an den Schulalltag herangeführt. Wie werden die Kinder hier unterrichtet? Wir dürfen an einer kleinen Unterrichtsstunde teilnehmen. Naturwissenschaften stehen auf dem Plan. Sehr anschaulich erklärt der Lehrer seinen Schülern welche Materialien magnetisch sind. Die Schüler dürfen selbst ausprobieren und halten verschiedene Materialen aneinander. Ein schönes Beispiel für interaktiven Unterricht, bei dem die Schülerinnen und Schüler mit einbezogen werden.
Mütter engagieren sich für ein besseres Leben ihrer Kinder
Wir interessieren uns besonders für den Mütterclub an der Kurawo Grundschule, der bereits seit sieben Jahren besteht. Durch den Mütterclub wird gewährleistet, dass die Interessen und Sorgen der Kinder an der Schule gehört werden. Die Mütter erzählen uns, dass sie einen kleinen Schulgarten angelegt haben, in dem sie Gemüse anpflanzen und anschließend auf dem Markt verkaufen. Damit unterstützen sie die Schulkantine oder kaufen Materialien für den Unterricht. Die Mütter erzählen uns, dass sie sich so sehr engagieren, weil sie damit in die Bildung ihrer Kinder investieren. Sie wünschen sich, dass ihre Kinder einmal ein besseres Leben führen können, als es ihnen möglich ist.
Kleine Hygiene-Botschafter
Elf Schüler spielen ein Theaterstück für uns. Die Szene spielt im Hygieneunterricht ihrer Schule. Hier lernen sie wie wichtig es ist, sich vor dem Essen die Hände zu waschen, das sie traditionell mit den Händen zu sich nehmen. Zuhause möchten die Kinder dem störrischen Familienvater diese guten Verhaltensweisen beibringen. Doch auch nach der Standpauke durch Kinder und seine Ehefrau bleibt der Herr des Hauses unbelehrbar. Eine scheinbar gut bekannte Alltagssituation, über die viele Kinder und Mütter herzlich lachen können. Der unbelehrbare Vater wird schließlich krank und besucht einen Heiler.
Es ist schön zu sehen, dass Kinder einfache und wichtige Botschaften für ihre Gesundheit in ihre Familien tragen und so Veränderung herbeiführen können. Hygienethemen werden auch im Unterricht behandelt und die Kinder werden darin bestärkt als kleine Hygiene-Botschafter in ihre Familien zu gehen.
Bildung verändert den Alltag der Menschen in Gambia
Wie stark Bildung das Leben der Menschen beeinflussen kann, erleben wir in dem kleinen Dorf Sotuma Sambokai. Es liegt in der Upper River Region, oberhalb des Gambia Flusses. Hier lernen wir die Arbeit von Tostan kennen, einer langjährige Partnerorganisation von UNICEF. Tostan ist schwerpunktmäßig in Westafrika tätig, bietet Bildungskurse für Erwachsene an und setzt sich in Dorfgemeinschaften für Verhaltensänderungen hinsichtlich schädlicher Traditionen, wie zum Beispiel der Verheiratung minderjähriger Mädchen, ein.
Besonders in ländlichen Regionen, in denen das Bildungsniveau und die soziale Entwicklung unterdurchschnittlich niedrig sind, sind gefährliche Tradition für Kinder sehr stark verbreitet. Die Upper River Region gehört zu so einer Region. Deshalb konzentrieren sich UNICEF und Tostan in Gambia auf diese Region. Hier lassen die die größten Veränderungen bewirken.
Veränderung beginnt in den Köpfen der Menschen
In 145 Dorfgemeinden sind UNICEF und Tostan bereits mit dem sogenannten „Community Empowerment Programme“ (CEP) aktiv. Das Programm besteht im Wesentlichen aus einem Bildungskurs für Erwachsene. Hier lernen viele Frauen zum ersten Mal in ihrem Leben, ihren eigenen Namen zu schreiben.
In den regelmäßigen Zusammenkünften wird auch über die Verheiratung von Minderjährigen, Gesundheit und Hygiene sowie die Grundrechte gesprochen. Welchen Unterschied die Treffen im Leben der jungen und älteren Frauen machen, erzählen uns einige der heute rund 50 anwesenden Frauen und (wenige) Männer.
Wir lernen Ummu Jawo kennen. Sie ist ungefähr Ende dreißig und berichtet uns, wie kleine Lernerfolge ihr tägliches Leben verändert haben. Stolz geht sie zur Tafel und löst konzentriert eine Rechenaufgabe: 3 Äpfel in einem Korb und 2 Äpfel in einem anderen Korb, ergeben insgesamt 5 Äpfel.Von den anderen Frauen erntet sie dafür großen Applaus.
Anschließend erzählt sie uns folgendes: „Seit ich im Unterricht Schreiben und Rechnen gelernt habe, hat sich mein Leben verändert. Ich kann nicht nur auf dem Markt die Preise besser vergleichen, sondern ich bin auch in der Lage ein Handy zu bedienen. Das war mir vorher nicht möglich. Nun kann ich im Notfall im Krankenhaus anrufen oder einen Verwandten benachrichtigen. Ich kann meine Handy-Nummer und meinen Namen aufschreiben und lesen und darauf achten, dass beim Arzt auch wirklich meine Krankenakte auf dem Tisch liegt.“
Ummu steht stellvertretend für viele Frauen in Gambia
Ummus Worte berühren mich sehr, denn sie stehen stellvertretend für viele Frauen in Gambia und weltweit. Seit Tostan regelmäßig vor Ort ist und die Frauen ermutigt, aufklärt und fortbildet, hat sich in Ummus Dorf schon vieles verändert. Zum Beispiel besuchen mehr Kinder die Schule oder Müll wird nicht mehr in die Landschaft geworfen.
Bildung ist eine Investition in das Leben.
Ich danke unseren Spendern ganz herzlich dafür, dass Sie gemeinsam mit UNICEF jeden Tag neue Bildungschancen für die Menschen in Gambia und anderen Ländern möglich machen.