UNICEF-Aktionen

Josaphat und der Traum vom Wasser


von Laura Sandgathe 3

Im Leben von Josaphat Kambale hat Wasser von Anfang an eine entscheidende Rolle gespielt. „Wasser war die große Herausforderung meiner Kindheit“, sagt er.

Südsudan: UNICEF-Helfer Josaphat an einem Bohrloch

UNICEF-Helfer Josaphat Kambale.

© UNICEF Südsudan/2018/Helene Sandbu Ryeng

Seit er sechs Jahre alt war, war es Josaphats Aufgabe, Wasser für die Familie zu holen. Doch es gab keinen Brunnen in der Nähe. So bestimmte das Wasser – oder vielmehr das Fehlen des Wassers – seinen Tagesablauf. „Ich verließ das Haus gegen 2 oder 3 Uhr in der Nacht. Ging zum Brunnen, holte Wasser. Beeilte mich, damit ich um 6.30 Uhr oder 7 Uhr wieder zuhause war und zur Schule gehen konnte“, erzählt Josaphat. Wenn der Unterricht mittags zu Ende war, ging er ein zweites Mal los, um die Wasservorräte der Familie für die Nacht aufzufüllen. Meist kam er erst am späten Abend zurück.

In der Demokratischen Republik Kongo, wo Josaphat aufwuchs, haben nach UNICEF-Schätzungen 13,6 Millionen Menschen keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser und sanitären Anlagen. Zur nächsten Wasserquelle müssen sie oft stundenlang laufen. Es ist üblich, dass die Frauen und Kinder das Wasserholen übernehmen.

Keine Zeit für die Schule, keine Zeit zum Spielen

Für Josaphat war die Aufgabe eine enorme Belastung, die sich auch auf seine schulischen Leistungen auswirkte. „Ich verpasste viel Unterricht. Wenn ich zu spät kam, weil das Wasserholen länger gedauert hatte, wurde ich bestraft. Ich hatte schlechte Noten und wurde zuhause geschlagen“, sagt er.

Wasser im Südsudan: Ein Kind trägt Wasserkanister zu einem Bohrloch

Dieses Kind aus dem Südsudan trägt zwei Wasserkanister zu einem Bohrloch. Josaphat Kambale musste als Kind stundenlang laufen, bis er die nächste Wasserquelle erreichte.

© UNICEF/DT2017-59175/Silke Fock-Kutsch

Das Wasserholen raubte Josaphat die Kindheit. Zeit zum Spielen hatte er kaum. Doch Josaphat fand sich mit seiner Situation nicht ab, er resignierte nicht – er suchte eine Lösung. „Immer, wenn ich Wasserholen ging, dachte ich: welcher Zauber könnte diesen Brunnen zu mir nach Hause bringen? Ich hörte nicht auf zu träumen, dass das möglich wäre.“

Der Wendepunkt: ein Bohrloch

Der Traum wurde wahr, als Josaphat 16 Jahre alt war. Die Hilfsorganisation OXFAM legte mit Unterstützung von UNICEF ein Bohrloch in der Nähe des Hauses seiner Familie an. „Das war für mich eine riesige Freude! Jetzt brauchte ich weniger Zeit, um Wasser zu holen. Ich konnte regelmäßig zur Schule gehen und meine Leistungen verbesserten sich“, sagt Josaphat.

Wasser im Südsudan: Kinder an einem Brunnen

Bild 1 von 2 | Wenn das Wasser nah ist, haben die Kinder Zeit, zur Schule zu gehen und zu Spielen.

© UNICEF/DT2017-59190/Silke Fock-Kutsch
Wasser im Südsudan: In großen Tanks werden Vorräte angelegt

Bild 2 von 2 | Die Wassertanks (wie hier in einem Zeltlager im Südsudan) werden regelmäßig aufgefüllt.

© UNICEF/DT2017-59191/Silke Fock-Kutsch

Diese Erfahrung veränderte Josaphats Leben. Sie motivierte ihn so sehr, dass er selbst etwas tun wollte, um die Wasserversorgung in seinem Land zu verbessern und dadurch vielen Kindern eine Chance auf eine Kindheit zu geben – eine Kindheit, wie er sie nie hatte. Josaphat machte eine Ausbildung zum Ingenieur und lernte, wie Wasser von einem Ort zum anderen gebracht werden kann, „näher zu den Kindern“, wie er sagt. Heute ist er es, der als WASH- (Wasser, Sanitär und Hygiene) Spezialist im Auftrag von UNICEF Kindern im Südsudan Zugang zu sauberem Wasser verschafft. Es ist auch der Schlüssel, um den Ausbruch gefährlicher Krankheiten wie Cholera zu verhindern.

„Für mich ist das eine unendlich wertvolle Aufgabe“, sagt Josaphat. Man glaubt es ihm. Wenn er mit den Menschen spricht, ihnen zeigt, wie sie die Qualität des Wassers prüfen können oder eine Gruppe Kinder mit einem Scherz zum Lachen bringt, dann strahlen seine Augen. Seine Arbeit ist für ihn nicht einfach nur ein Job. Sie ist seine Berufung.

Josaphat weiß, was er tut und für wen er es tut. Er kann die Not der Menschen, vor allem die der Kinder, aus eigener Erfahrung nachvollziehen. „Wenn ich Kinder sehe, die ganz in der Nähe ihres Zuhauses Wasser holen, denke ich nur an eines: dass diese Kinder Zeit haben, zu spielen und zur Schule zu gehen. Ich weiß, was sie fühlen. Sie können ihr Leben genießen.“

Südsudan: WASH-Spezialist Josaphat prüft Wasser-Qualität

Josaphat Kambale prüft regelmäßig die Qualität des Wassers aus den Brunnen. Die Kinder und ihre Familien sollen sicheres Trinkwasser bekommen.

© UNICEF Südsudan/2018/Helene Sandbu Ryeng

Ein Träumer mit Tatendrang

Josaphat Kambale ist ein Träumer – im positiven Sinn. Als sich sein Kindheitstraum von einer Wasserquelle in der Nähe seines Zuhauses erfüllte, hörte er nicht etwa auf zu träumen – sein Traum wurde nur größer. „Ich hoffe, dass alle armen Menschen Zugang zu Wasser bekommen. Wenn UNICEF und seine Partner diesem Ziel weiter Priorität einräumen, kann es Wirklichkeit werden.“

Mit Menschen wie Josaphat an unserer Seite schaffen wir das bestimmt.

Keep it zero! Keine Chance für Cholera im Südsudan

Sauberes Wasser ist der Schlüssel, um gefährliche Krankheiten wie die Cholera zu verhindern. Die Menschen im Südsudan haben Angst vor einem erneuten Ausbruch.

UNICEF will das verhindern: kein Kind soll erkranken. Unter dem Motto „Keep it zero“ arbeiten Josaphat und viele weitere UNICEF-Helfer vor Ort unermüdlich daran, alle Kinder zu schützen. Sie können sie dabei unterstützen.

UNICEF-Redakteurin Laura Sandgathe
Autor*in Laura Sandgathe

Laura Sandgathe ist Online-Redakteurin und Chefin vom Dienst. Sie bloggt über die UNICEF-Arbeit weltweit – über Kinder, Helfer*innen und die Projekte, in denen sie einander treffen.