Kambodscha - Kampf gegen Arsen
Es schüttet aus Kübeln. Die Menschen auf den Mopeds sind in Plastikfolien eingewickelt, auf der Ausfallstraße aus Phnom Penh. Die Holzhütten rechts und links der Straße sind zwar auf wackligen Stelzen gebaut, dennoch sind sie zum Teil unter Wasser. Kinder, Männer und Frauen sehen wir in diesem Wasser – wir wissen, wie dreckig es ist, dass Bilharziose-Würmer dort auf ihre Opfer warten und viele andere Parasiten und Krankheiten auch.
Wir sind umflutet von Wasser – und für die Menschen ist das Wasser trotzdem ein Problem. Denn sie haben nicht genug trinkbares davon. UND: Diese Region hier um Phnom Penh gehört zu denen, die noch nicht mal Wasser aus tiefen Quellen nutzen können, denn hier ist das Wasser arsenverseucht. Natürlicherweise, aber hoch gefährlich vergiftet kommt das Wasser hier aus der Erde.
Wir kommen in einer Schule an, die nur noch über Sandsäcke erreichbar ist. Sie führen durch die Lagune unter der Stelzenkonstruktion, auf der das Gebäude errichtet ist. Es erscheint absurd, aber umgeben von den Wassermassen ist allein der große Tank aus Beton direkt neben dem Schulgebäude die Garantie für eine gute Trinkwasserversorgung. Denn dorthin rinnt das Regenwasser, das keimfrei und ohne Würmer ist.
In den regenarmen Zeiten sind in den drei Klassenräumen blaue Plastikwasserflaschen aufgestellt. Je 20 Liter gutes, reines Trinkwasser für jeden, der Durst hat. 20 Liter für 30 Dollar-Cent. Doch diese 30 Cent kann sich die Schule nicht leisten. Diese Flaschen werden gratis geliefert. Woher?
Wir fahren durch überschwemmte Felder, viele Kilometer weiter, in ein kleines Dorf. Die gesamte Dorfgemeinschaft wartet auf uns, um uns ihre Trinkwasserproduktion zu zeigen. Von hier kommen die 20-Liter-Flaschen für jedermann. Die Organisation „1001 Fountaines“ und UNICEF haben sie mit den Dorfbewohnern gemeinsam aufgebaut. Hier wird Wasser aus nicht arsenbelasteten Quellen über mehrere Filterstufen erst gesäubert und dann abgefüllt. Das System ist einfach und zugleich ausgeklügelt. Man sieht sofort: Trotz seiner Robustheit ist es von Profis gemacht. Und es ist großartig, zu sehen, wie die beiden Mitarbeiter des Dorfes die Anlage perfekt selbst managen können.
Die Menschen der Region zahlen zunächst 5 Dollar als Pfand für die 20-Liter-Flaschen, und für 20 Liter Wasser werden dann zusätzlich 30 Cent fällig. Mit arsenverseuchtem Wasser wird selbstbewusst die Wäsche gewaschen, aus den blauen Kanistern wird getrunken. Und wohin geht das Geld, das die Kommune einnimmt für die Wasserproduktion? fragen wir. Zunächst muss die Produktion bezahlt werden, hören wir. Und der Rest geht in kommunale Projekte. Auch in solche, die jene unterstützen, die das reine Wasser nicht bezahlen können.
Toll!, denken wir. Und wie stark ist UNICEF in diesem Projekt heute noch dabei? Gar nicht mehr, sagt der Verantwortliche von „1001 Fountaines“. UNICEF hat das Projekt aufgebaut, bis es perfekt lief – und sich danach zurückgezogen … um andere Projekte aufzuziehen! Genau das ist unser Job.
Reisetagebuch Nina Ruge
» Tag 1: Nina Ruge in Kambodscha
» Tag 2: Gesundheitsversorgung im Armenviertel
» Tag 3: Sanitär und Hygiene in der Schule
» Tag 4: Kampf gegen Arsen