Pressemitteilung

UNICEF trauert um seinen langjährigen Vorsitzenden Reinhard Schlagintweit

Köln

Er stand für Offenheit, Sensibilität und Verantwortung über alle Grenzen und Kulturen hinweg. Reinhard Schlagintweit, von 1993 bis 2005 ehrenamtlicher Vorsitzender des Deutschen Komitees für UNICEF, ist am 13. Oktober 2018 im Alter von 90 Jahren in Starnberg gestorben. „Wir verlieren eine einzigartige Persönlichkeit, die das ehrenamtliche Engagement für Kinder in den Entwicklungs- und Krisengebieten der Erde entscheidend gefördert hat. Damit hat Reinhard Schlagintweit einen unschätzbaren Beitrag für die weltweite UNICEF-Hilfe geleistet“, sagte Georg Graf Waldersee, Vorsitzender von UNICEF Deutschland.

Schlagintweit in Burundi in den 1990er Jahren

Reinhard Schlagintweit: von 1992 bis 2005 ehrenamtlicher Vorsitzender des Deutschen Komitees für UNICEF.

© UNICEF/Giacomo Pirozzi

1928 als Sohn eines Arztes in München geboren, wurde Reinhard Schlagintweit mit 15 Jahren als Flakhelfer eingezogen. Nach einem Jurastudium arbeitete er mehrere Monate auf einer Farm im Süden Englands und anschließend bei einer Bank. Eine Zeitungsannonce machte ihn darauf aufmerksam, dass das Auswärtige Amt Bewerber suchte und er ergriff die Chance, in die Welt hinaus zu ziehen.

Im Auswärtigen Dienst begann er an der Deutschen Botschaft in der Türkei und ging dann mit seiner jungen Familie nach Afghanistan. Das Land, aber auch die Begegnung mit den Folgen extremer Armut und Unterentwicklung ließen ihn nie wieder los, genauso wenig wie die Erfahrung der Spannungen zwischen vormodernen Traditionen und der rasanten Globalisierung.

Nach einem intensiven Berufsleben als Diplomat in Thailand, Saudi-Arabien, New York und Bonn prägte er von 1993 bis 2005 als ehrenamtlicher Vorsitzender die Arbeit von UNICEF Deutschland. Dabei sah er sich vor allem als Stellvertreter und Förderer der über 8.000 freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In zahllosen Gesprächen, Begegnungen und Vorträgen, in Pressekonferenzen und Interviews begleitete und förderte er ihr Engagement. Als Ehrenmitglied, Vorbild und Freund blieb er bis zu seinem Tode mit UNICEF eng verbunden.

Reinhard Schlagintweit winkt Kindern und Jugendlichen in einem Projekt in Burundi.

Reinhard Schlagintweit bei einem Projektbesuch in Burundi in den 1990er Jahren.

© UNICEF/Giacomo Pirozzi

Reinhard Schlagintweit ging es nicht um das Verteilen von Wohltaten. Konkrete Hilfe und langfristige Entwicklungsarbeit mussten seiner Ansicht nach Hand in Hand gehen. „Die Hauptverantwortung dafür, dass Kinder hungern und ausgebeutet werden, liegt natürlich bei den jeweiligen Regierungen. Aber UNICEF hilft den Kindern unabhängig davon, wer Schuld für die schlechte Politik trägt. Wir treten für Veränderungen ein, die der gesamten Gesellschaft zugutekommen“, erklärte er seinen Einsatz.

Der Respekt im Umgang mit anderen Menschen und Kulturen gehörte für Schlagintweit zur Familientradition. Sein Vater hatte im Ersten Weltkrieg als Arzt in der Türkei und in Palästina gearbeitet; zwei Brüder des Großvaters brachen im 19. Jahrhundert als Forschungsreisende nach Asien auf. Reinhard Schlagintweit war gleichermaßen skeptisch gegenüber hoch klingenden Utopien wie pessimistischer Gleichgültigkeit. Kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sagte er der Wochenzeitung „Die Zeit“: „Nur wo Kinder und Jugendliche Hoffnung und Perspektiven haben, bleiben die Prediger der Gewalt ohne Chancen.“

Reinhard Schlagintweit neben zwei Jungs in einem psychosoyzialen Hilfsprogramm im Westjordanland.

2004: Reinhard Schlagintweit in einem psychosoyzialen Hilfsprogramm für Kinder und Jugendliche in Jenin/Westjordanland.

© UNICEF/Rudi Tarneden