Pressemitteilung

Immer mehr Kinder leiden unter Hitzephänomenen

UNICEF-Report zur internationalen Klimakonferenz COP im November

London/ New York/ Köln

Laut UNICEF sind derzeit 559 Millionen Kinder häufig Hitzewellen ausgesetzt. Selbst bei einem Anstieg der Erderwärmung um 1,7 Grad werden in 30 Jahren vermehrte Hitzewellen überall unvermeidbar zum Aufwachsen von Kindern gehören. UNICEF schätzt, dass dies bis 2050 auf alle rund zwei Milliarden Kinder auf der Welt zutreffen wird. 624 Millionen Kinder erleben bereits heute eines von drei weiteren Hitzephänomenen wie langandauernde Hitzewellen, starke Hitzewellen oder extrem hohe Temperaturen.

Äthiopien: Ein Junge schöpft Wasser aus einer Pfütze in einen Kanister.

Ein Junge aus Somalia sammelt das wenige Wasser, das er aus einem wegen der großen Dürre ausgetrockneten Fluss holen kann.

© UNICEF/UN0607653/Rich

Dies ist Ergebnis des UNICEF-Berichts „Das kälteste Jahr ihres restlichen Lebens: Kinder vor den zunehmenden Auswirkungen von Hitzewellen schützen“ (The Coldest Year Of The Rest Of Their Lives: Protecting Children From The Escalating Impacts Of Heatwaves). Mit dem Bericht liegt erstmals eine umfassende Analyse dazu vor, in welchen Ländern, wie viele Kinder und Jugendliche im Jahr 2020 häufigen, langandauernden und schweren Hitzewellen sowie extrem hohen Temperaturen ausgesetzt waren.

Zudem prognostiziert der Report, wie viele Kinder bei einer Erderwärmung um 1,7 Grad Celsius sowie um 2,4 Grad Celsius im Jahr 2050 von diesen Hitzephänomenen betroffen sein werden. Für den Report wurden neueste Daten aus 163 Ländern ausgewertet – unter anderem auch zu Deutschland.

Mehr Mittel zur Anpassung an Klimawandel erforderlich

„Das Thermometer steigt und damit nimmt auch die Belastung für Kinder zu“, erklärte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. „Schon jetzt lebt jedes dritte Kind in einem Land mit extrem hohen Temperaturen und fast jedes vierte Kind ist häufig Hitzewellen ausgesetzt. Und es wird noch schlimmer kommen. In den nächsten 30 Jahren werden mehr Kinder von Hitzewellen betroffen sein, die länger und heißer sind sowie häufiger vorkommen und die Gesundheit und das Wohlbefinden von Kindern bedrohen.“

„Wie verheerend diese Veränderungen sein werden, hängt von unserem heutigen Handeln ab. Regierungen müssen dringend zumindest die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzen und die Mittel für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel bis 2025 verdoppeln. Nur so können wir das Leben und die Zukunft von Kindern retten – und die Zukunft unseres Planeten“, so Russell weiter.

Hitzewellen sind für Kinder besonders schädlich, da sie im Vergleich zu Erwachsenen weniger in der Lage sind, ihre Körpertemperatur zu regulieren. Je mehr Hitzewellen Kinder ausgesetzt sind, desto größer ist die Gefahr von Gesundheitsproblemen wie chronischen Atemwegserkrankungen, Asthma und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Säuglinge und Kleinkinder sind am stärksten von hitzebedingter Sterblichkeit bedroht. Hitzewellen können sich auch negativ auf das Umfeld der Kinder, ihre Sicherheit, ihre Ernährung und ihren Zugang zu Wasser sowie auf ihre Bildung und ihren künftigen Lebensunterhalt auswirken.

Starker Anstieg von Hitzewellen in Europa erwartet

Dem Bericht zufolge sind derzeit 538 Millionen oder 23 Prozent der Kinder weltweit von langandauernden Hitzewellen betroffen. Bei einer Erderwärmung um 1,7 Grad wird diese Zahl im Jahr 2050 auf 1,6 Milliarden Kinder und bei einer Erwärmung um 2,4 Grad auf 1,9 Milliarden Kinder ansteigen.

Je nach dem erreichten Grad der globalen Erwärmung werden weitere Millionen Kinder schweren Hitzewellen und extrem hohen Temperaturen ausgesetzt sein. Kinder in den nördlichen Regionen, insbesondere in Europa, werden mit dem höchsten Anstieg schwerer Hitzewellen konfrontiert sein. Fast die Hälfte aller Kinder in Afrika und Asien wird voraussichtlich 2050 dauerhaft extrem hohen Temperaturen ausgesetzt sein.

Derzeit fallen 23 Länder in die höchste Kategorie für die Exposition von Kindern gegenüber extrem hohen Temperaturen. Diese Zahl wird bis 2050 bei einem niedrigen Anstieg der Emissionen um 1,7 Grad auf 33 Länder steigen. Bei weiter sehr hohen Emissionen werden es 36 Länder sein. Burkina Faso, Tschad, Mali, Niger, Sudan, Irak, Saudi-Arabien, Indien und Pakistan gehören zu den Ländern, die in beiden Szenarien in der höchsten Kategorie bleiben werden.

In Deutschland waren im Jahr 2020 3,3 Millionen Kinder häufig Hitzewellen ausgesetzt. 2,6 Millionen Kinder erlebten langandauernde Hitzewellen und 4,1 Millionen unter 18-Jährige schwere Hitzewellen. Bei einer Erderwärmung um 2,4 Grad werden im Jahr 2050 nahezu alle Kinder in Deutschland hiervon betroffen sein.

Aufruf an Regierungen vor der Weltklimakonferenz

Mit dem Bericht ruft UNICEF im Vorfeld der internationalen Klimakonferenz (COP27) im November dazu auf, die Mittel für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu erhöhen. Kinder und gefährdete Gemeinschaften müssen dringend vor schlimmer werdenden Hitzewellen und anderen klimabedingten Schocks geschützt werden.

„So heiß wie es dieses Jahr in fast allen Teilen der Welt war, wird es trotzdem wohl das kälteste Jahr unseres Lebens sein“, sagte Vanessa Nakate, Klimaaktivistin und UNICEF-Botschafterin. „Die Temperaturen auf unserem Planeten steigen, aber unsere führenden Politiker*innen kommen nicht ins Schwitzen. Die einzige Möglichkeit besteht darin, dass wir den Druck auf sie weiter erhöhen, um den Kurs zu korrigieren, auf dem wir uns befinden. Die Staats- und Regierungschefs müssen dies auf der COP27 für alle Kinder weltweit tun, vor allem aber für die am meisten gefährdeten Kinder in den am stärksten betroffenen Gebieten.“

UNICEF fordert die Regierungen weltweit dazu auf:

1. jedes Kind vor der Klimakatastrophe zu schützen und soziale Dienstleistungen anzupassen.

2. Kinder auf ein Leben in einer durch den Klimawandel veränderten Welt vorzubereiten.

3. Kindern und Jugendlichen bei der Klimafinanzierung Vorrang einzuräumen.

4. eine Klimakatastrophe zu verhindern und Treibhausgasemissionen drastisch zu reduzieren sowie das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten.

Service für die Redaktionen

» Der englischsprachige Bericht steht Ihnen auf dieser Seite zur Verfügung.

» Foto- und Videomaterial finden Sie auf dieser Seite.

Definitionen:

  • Hitzewelle (Heatwave): jeder Zeitraum von mindestens drei Tagen, in dem die Höchsttemperatur an jedem Tag in den oberen 10 Prozent des örtlichen 15-Tage-Durchschnitts liegt.
  • häufige Hitzewellen (High heatwave frequency): wenn es im Durchschnitt 4,5 oder mehr Hitzewellen pro Jahr gibt.
  • langandauernde Hitzewellen (High heatwave duration): wenn das durchschnittliche Hitzewellenereignis 4,7 Tage oder länger dauert.
  • schwere Hitzewellen (High heatwave severity): wenn das durchschnittliche Hitzewellenereignis 2°C oder mehr über dem lokalen 15-Tage-Durchschnitt liegt.
  • extrem hohe Temperaturen (Extreme high temperatures): wenn die Temperaturen im Durchschnitt 83,54 oder mehr Tage im Jahr über 35°C liegen.
  • Szenario 2050 eins: ein „Szenario mit niedrigen Treibhausgasemissionen“ mit einer geschätzten Erwärmung von 1,7 Grad bis 2050. Dies ist ein gängiges Szenario, das in der Klimamodellierung verwendet und vom IPCC als „SSP1“ bezeichnet wird.
  • Szenario 2050 zwei: ein „Szenario mit sehr hohen Treibhausgasemissionen“ mit einer geschätzten Erwärmung von 2,4 Grad bis 2050. Dies ist ein etabliertes Szenario, das in der Klimamodellierung verwendet und vom IPCC als „SSP5“ definiert wird.
Referentin Politik/Advocacy (UNICEF/UNI286732/Chiolo)

Referentin Politik/AdvocacyReferentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

030-2758079-18presse@unicef.de