2050: Wie Demografie, Klima und Technologie die Kindheit verändern
Neuer UNICEF-Bericht „Zur Lage der Kinder in der Welt“ / Aufruf zum Handeln und bundesweite Aktionen zum Internationalen Tag der Kinderrechte
Die Zukunft der Kindheit hängt in der Schwebe, wenn die Kinderrechte in einer sich rapide verändernden Welt nicht dringend besser geschützt und umgesetzt werden. Davor warnt UNICEF in einem am heutigen Internationalen Tag der Kinderrechte veröffentlichten neuen Bericht.
In der diesjährigen Ausgabe des Reports „Zur Lage der Kinder in der Welt“ mit dem Titel „The Future of Childhood in a Changing World“ richtet das UN-Kinderhilfswerk UNICEF den Blick in das Jahr 2050. Anhand von Projektionen untersucht der Report, wie sich die drei Megatrends demografischer Wandel, Klima- und Umweltkrise sowie technologische Entwicklungen auf Kinder auswirken werden.
„Kinder erleben unzählige Krisen, von Klimawandel bis hin zu Online-Gefahren, und diese werden sich in den kommenden Jahren noch verschärfen“, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. „Die Projektionen in diesem Bericht zeigen, dass die Entscheidungen, die die Staats- und Regierungschefs heute treffen – oder nicht treffen –, die Welt prägen, die die Kinder erben werden. Um für 2050 eine bessere Zukunft zu erschaffen braucht es mehr als nur Vorstellungskraft, es braucht Taten. Jahrzehnte des Fortschritts, besonders für Mädchen, sind in Gefahr.“
Die Klimakrise hat bereits heute gravierende Auswirkungen; 2023 war das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Dem Bericht zufolge werden Klima- und Umweltkrisen im Jahrzehnt 2050 bis 2059 voraussichtlich noch weiter zunehmen. Im Vergleich zu den 2000er Jahren werden, wenn sich aktuelle Trends fortsetzen, achtmal so viele Kinder extremen Hitzewellen, dreimal so viele Kinder extremen Flussüberschwemmungen und fast doppelt so viele Kinder extremen Waldbränden ausgesetzt sein.
Wie sich diese Klimagefahren auf Kinder auswirken, hängt von ihrem Alter, ihrer Gesundheit, ihrer sozioökonomischen Lage und ihrem Zugang zu Ressourcen ab. So hat beispielsweise ein Kind mit Zugang zu klimaresilienten Unterkünften, Klimaanlagen, Gesundheitsversorgung, Bildung und sauberem Wasser eine größere Chance, Klimaschocks zu überleben, als ein Kind ohne Zugang. Der Bericht unterstreicht die dringende Notwendigkeit gezielter Umweltmaßnahmen, um alle Kinder zu schützen und die Risiken, denen sie ausgesetzt sind, zu mindern.
Die demografische Entwicklung bringt ebenfalls große Herausforderungen mit sich. In den 2050er Jahren werden Subsahara-Afrika und Südasien voraussichtlich die zahlenmäßig größten Kinderpopulationen haben. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen wird in allen Regionen der Welt voraussichtlich sinken, in Afrika mit 40 Prozent (rund 50 Prozent in den 2000er Jahren) aber weiterhin hoch bleiben. In Ostasien und Westeuropa wird der Anteil der Kinder der Projektion zufolge von zuvor 29 beziehungsweise 20 Prozent der Bevölkerung in den 2000er Jahren auf unter 17 Prozent sinken. Diese Veränderungen bedeuten für manche Länder die Herausforderungen, sehr viele Kinder mit Grunddiensten versorgen zu müssen, während andere die Bedürfnisse von Kindern und einer wachsenden älteren Bevölkerung ausbalancieren müssen.
Bahnbrechende neue Technologien wie künstliche Intelligenz (KI) bieten Kindern sowohl Chancen als auch Gefahren. Bereits jetzt interagieren viele Kinder mit KI, die in Apps, Spielzeugen, virtuellen Assistenten, Spielen und Lernsoftware eingebettet ist. Aber die digitale Kluft bleibt groß. Im Jahr 2024 waren über 95 Prozent der Menschen in Ländern mit hohem Einkommen mit dem Internet verbunden, verglichen mit nur knapp 26 Prozent in Ländern mit niedrigem Einkommen. Vielen jungen Menschen fehlen die nötigen digitalen Kompetenzen, die sie für bessere Bildung und Berufsaussichten brauchen.
Positive Trends/ Drei Zukunftsszenarien
Der Bericht enthält jedoch auch gute Nachrichten. Wie Kindheit im Jahr 2050 wirklich aussehen wird, hängt von vielen Faktoren ab. Im UNICEF-Bericht werden drei mögliche Zukunftsszenarien vorgestellt. Im schlechtesten Fall, dass sich die Entwicklung verlangsamt, steigt zum Beispiel die Gefahr von regionalen Rivalitäten und Konflikten. Im besten Szenario einer beschleunigten Entwicklung könnten nahezu alle Kinder eine Grundschul- und weiterführende Bildung erhalten.
Im mittleren Szenario, wenn aktuelle Trends sich fortsetzen, steigt die Lebenserwartung, während die Kindersterblichkeit weiter sinkt. In den 2050er Jahren erhalten dann fast 96 Prozent der Kinder weltweit mindestens eine Grundschulbildung, verglichen mit 80 Prozent in den 2000er Jahren. Aber die Klimarisiken steigen stark, und ein größerer Teil der Kinder und Jugendlichen (23 Prozent statt elf Prozent) wird dann in Ländern mit niedrigem Einkommen aufwachsen.
Der UNICEF-Bericht unterstreicht, wie wichtig es ist, die in der UN-Kinderrechtskonvention dargelegten Kinderrechte in allen Strategien, Richtlinien und Maßnahmen in den Mittelpunkt zu stellen, um eine gute Zukunft zu sichern. Insbesondere fordert UNICEF Investitionen in Bildung und Gesundheit von Kindern, Klimaschutz und –anpassung sowie Internetzugang und digitale Kompetenzen für alle Kinder.
Bundesweiter Aktionstag in Deutschland: Kinderrechte und Demokratie
Rund um den heutigen Internationalen Tag der Kinderrechte – dem Tag, an dem vor 35 Jahren die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet wurde – finden weltweit zahlreiche Aktionen für Kinderrechte statt. Als Zeichen für Kinder und ihre Rechte werden beispielsweise bekannte Gebäude blau angestrahlt.
Bei den vielfältigen Aktionen in Deutschland steht das Motto „Kinderrechte leben. Demokratie stärken.“ im Fokus. Denn die konsequente Verwirklichung der Kinderrechte ist nicht nur entscheidend für das Wohlergehen der Kinder und Jugendlichen, sondern auch ein unverzichtbarer Beitrag zur Stärkung unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft.
Im Rahmen einer bundesweiten Mitmachaktion machen sich über eine Viertelmillion Schülerinnen und Schüler in ganz Deutschland mit UNICEF für ihre Rechte stark. Gemeinsam füllen sie die Aktionsbotschaft „Du gehörst dazu" an ihrer Schule mit Leben und setzen in ihrer Stadt ein Zeichen für Vielfalt und Zusammenhalt. Ehrenamtlich für UNICEF engagierte Menschen machen in allen Teilen des Landes auf die Kinderrechte aufmerksam und führen vor Ort Gespräche mit Entscheider*innen aus Politik und Wirtschaft
Weitere Informationen zum Aktionstag in Deutschland finden Sie hier.
Redaktionelle Hinweise
Auf Grundlage der Megatrends und vieler weiterer sozioökonomischer Indikatoren hat UNICEF das Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital mit der Erstellung von Szenarien beauftragt. Sie analysieren, wie die Welt für Kinder im Jahr 2050 aussehen könnte. Die Szenarien sind mögliche Ergebnisse, keine Vorhersagen.
Beim Thema Klimaextreme legt die Analyse einen Schwellenwert fest, ab dem ein Klimaereignis – wie eine Hitzewelle oder ein Flusshochwasser – als „extrem“ eingestuft wird. Ein Flusshochwasser gilt beispielsweise als extrem, wenn sein Wasserstand den Stand überschreitet, der in der vorindustriellen Zeit alle 100 Jahre einmal erreicht wurde. Die Schwellenwerte stammen aus der wissenschaftlichen Literatur.
Service für Redaktionen
» Den vollständigen Bericht (Englisch) „The State of the World’s Children 2024: The Future of Childhood in a Changing World“ finden hier.
» Das Datenkompendium zum Bericht finden Sie hier.
» Foto- und Videomaterial zur kostenfreien Nutzung im Rahmen der Berichterstattung können Sie hier herunterladen.
Der Geschäftsführer von UNICEF Deutschland, Christian Schneider, hält sich zur Zeit im Sudan auf. Nach seiner Rückkehr steht er ab 21. November für Interviews zu den schweren Kinderrechtsverletzungen und der UNICEF-Hilfe im Sudan zur Verfügung.
Gerne vermitteln wir auch Interviews mit jugendlichen Mitgliedern des UNICEF-JuniorBeirats – sie sind beim Thema Kinderrechte Expert*innen in eigener Sache.
Ninja CharbonneauSprecherin