
Die Auswirkungen der globalen Kürzungen der humanitären Hilfe und Entwicklungsgelder auf Kinder in Äthiopien und Nigeria
Statement der stellvertretenden UNICEF-Exekutivdirektorin Kitty van der Heijden
„In den vergangenen 25 Jahren haben wir wichtige Fortschritte im Kampf gegen die weltweite Mangelernährung bei Kindern erzielt. Seit 2000 ist die Zahl der Kinder, die unter Wachstumsverzögerung („Stunting“) leiden, um 55 Millionen gesunken – also um ein Drittel. 2024 haben wir gemeinsam mit Partnern 441 Millionen Kinder unter fünf Jahren mit Programmen zur Vorbeugung von Mangelernährung erreicht. Rund 9,3 Millionen schwer mangelernährte Kinder wurden behandelt.
Dies war nur dank der großzügigen Unterstützung von Regierungen, Partnern aus dem Privatsektor und der Philanthropie sowie privaten Spenden möglich, die entscheidend zur Prävention und Behandlung von Mangelernährung bei Kindern auf globaler Ebene beigetragen haben.
Heute sind diese hart erarbeiteten Erfolge jedoch in Gefahr. Humanitäre Organisationen sehen sich einer weiteren, sich verschärfenden Krise gegenüber: einem drastischen Rückgang der finanziellen Unterstützung für unsere lebensrettende Arbeit. Dabei geht es nicht nur um die Höhe der Kürzungen – das Problem liegt auch in der Art und Weise, wie sie vorgenommen wurden: teils abrupt und ohne Vorwarnung, was uns keine Zeit ließ, um die Auswirkungen auf unsere Programme für Kinder abzufedern.
Anfang dieser Woche habe ich die Auswirkungen dieser Finanzierungskrise persönlich erlebt – während meines Besuchs in der Afar-Region im Norden Äthiopiens und in Maiduguri im Nordosten Nigerias. Aufgrund der Finanzierungslücken in beiden Ländern könnten im Laufe dieses Jahres rund 1,3 Millionen schwer mangelernährte Kinder unter fünf Jahren den Zugang zu lebenswichtiger Behandlung verlieren – die Folgen könnten für Kinder tödlich sein.
In Afar, einer Region, die regelmäßig von Dürren und Überschwemmungen heimgesucht wird, habe ich ein mobiles Gesundheits- und Ernährungsteam begleitet, das lebensrettende Hilfe für Gemeinden in entlegenen Gebieten leistet, in denen es keine Gesundheitszentren gibt. Die mobilen Teams behandeln schwer mangelernährte Kinder, impfen sie und versorgen sie mit wichtigen Medikamenten.
Ohne diese Maßnahmen ist das Leben der Kinder in Gefahr. Momentan sind lediglich sieben der 30 mobilen Gesundheits- und Ernährungsteams, die UNICEF in Afar unterstützt, einsatzbereit – dies ist eine direkte Folge der globalen Finanzierungskrise.
Wir befürchten, dass UNICEF ohne neue finanzielle Mittel ab Mai keine therapeutische Spezialnahrung mehr bereitstellen kann, um schwer mangelernährte Kinder zu behandeln. Dies könnte potenziell katastrophale Folgen für die rund 74.500 Kinder in Äthiopien haben, die jeden Monat auf eine Behandlung angewiesen sind.
In Nigeria – wo etwa 80.000 Kinder pro Monat auf eine Behandlung angewiesen sind – könnten die Vorräte bis Ende Mai ebenfalls erschöpft sein.
Der Fokus sollte sich jedoch nicht nur auf therapeutische Spezialnahrung konzentrieren oder darauf, Kinder erst zu behandeln, wenn sie bereits schwer mangelernährt sind. Programme sollten Mangelernährung von Anfang an verhindern. Dazu gehören Unterstützung beim Stillen, der Zugang zu Mikronährstoffen wie Vitamin A sowie die Sicherstellung grundlegender Gesundheitsdienste zur Behandlung anderer Krankheiten.
Die Finanzierungskrise betrifft jedoch nicht nur Äthiopien und Nigeria. Sie trifft viele Länder weltweit. Kinder, die besonders benachteiligt und schutzbedürftig sind, leiden am stärksten darunter.
Unsere größte Sorge ist derzeit, dass bereits ein kurzfristiger Stopp der lebenswichtigen UNICEF-Hilfe das Leben von Millionen Kindern in Gefahr bringen könnte – und das zu einem Zeitpunkt, an dem die Bedarfe steigen. UNICEF schätzt, dass in diesem Jahr mehr als 213 Millionen Kinder weltweit auf humanitäre Hilfe angewiesen sein werden.
Wir stehen weiter fest an der Seite der Kinder– insbesondere in Zeiten beispielloser Not. UNICEF bleibt dem Anspruch treu, gemeinsam mit unseren Partnern sicherzustellen, dass humanitäre und entwicklungspolitische Anstrengungen weltweit effizient, wirkungsvoll und transparent umgesetzt werden.
Während in den Hauptstädten weltweit die Auslandshilfen weiter überprüft werden, möchte ich die Verantwortlichen auf Regierungsebene daran erinnern, dass Zögern nicht nur Kindern schadet, sondern auch langfristig die Kosten für uns alle erhöht. In das Überleben und Wohlergehen von Kindern zu investieren, ist nicht nur moralisch richtig, sondern auch die wirtschaftlich klügste Entscheidung, die eine Regierung treffen kann.“