Oliver Weiken, Deutschland
Afghanistan: In den Löchern von Chinarak
Helme, Handschuhe, Schutzbrillen haben sie nicht, wenn sie hundert Meter und mehr in die Berge von Chinarak hineinkriechen. Messgeräte für giftige Gase gibt es nicht. Die Stützbalken in den Stollen sind provisorisch, die Luft ist stickig, der Boden tückisch. Und manche der Jungen, die für umgerechnet ein paar Euro am Tag Kohle aus dem Gebirge nördlich von Kabul fördern, sind gerade einmal zehn Jahre alt.
Kinderarbeit hat es in Afghanistan immer gegeben, doch seit dem Sieg der Taliban, seit dem Rückgang internationaler Hilfe, seit auch noch Missernten und Dürren über die Menschen gekommen sind, sehen sich immer mehr Familien gezwungen, schon ihre minderjährigen Söhne für das tägliche Brot schuften zu lassen. Und so sind unter den Erwachsenen auch viele Kinder, die Kohle in Säcke schaufeln, sie auf den Rücken von Eseln wuchten und die Tiere auf schmalen Pfaden durch eine entwaldete Landschaft ins Tal hinabtreiben.
Wie die Bilder des deutschen Fotografen Oliver Weiken nahelegen, ist es eine Anstrengung, die kaum Kraft lässt, auch noch zur Schule zu gehen. Als Straßenverkäufer, Wasserträger, Schuhputzer, Müllsammler, Gehilfen auf Märkten oder eben in Minen wie jenen von Chinarak arbeiten schätzungsweise 20 Prozent aller afghanischen Jungen und Mädchen. Die von den Vereinten Nationen definierten Kinderrechte sind in kaum einem anderen Land der Welt so fern von ihrer Verwirklichung.
Der Fotograf: Oliver Weiken, Deutschland (dpa)
Oliver Weiken, Jahrgang 1983, hat noch während seines Studiums die Fotografie für sich entdeckt und zunächst für eine Lokalzeitung und eine Agentur für Sportfotografie gearbeitet. 2003 wechselte er zur dpa, später zur European Pressphoto Agency, für die er elf Jahre in Europa, Asien und dem Mittleren Osten unterwegs war.
2017 kehrte er als Leiter des Internationalen Bilderdienstes und Cheffotograf für den Mittleren Osten zur dpa zurück. Weikens Foto-Reportagen sind in vielen führenden Zeitungen Europas und der USA erschienen.