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Krieg im Jemen: Tod, Krankheit und Kugeln entkommen
Wie lebt man als Kind dort, wo jeden Tag geschossen wird - egal, wohin man auch geht? Wie sollen Mädchen und Jungen gesund bleiben, wenn es keine Nahrung gibt?
Unser UNICEF-Kollege Lachlan aus Neuseeland bloggt über die aktuelle Lage und das unendliche Leid der Kinder im Jemen:
Aufgrund der anhaltenden Konflikte im Jemen und den benachbarten Ländern ist fast jedes einzelne Kind im Land dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. Der Jemen ist momentan einer der schlimmsten Orte auf der Welt, um ein Kind zu sein.
Mörser und automatische Waffen anstelle von Büchern und Bleistiften – so sieht die bittere Realität in Jemens Klassenzimmern aus. Dutzende Schulen werden derzeit von bewaffneten Gruppen besetzt gehalten. Mehr als 1.500 wurden in diesem Krieg teilweise zerstört, 265 komplett. Und trotzdem ist die kaum vorhandene Bildung für 4,5 Millionen Kinder derzeit noch ihr geringstes Problem. Fünf Kinder werden im Jemen jeden Tag getötet oder verletzt. Insgesamt waren es mehr als 5.000 Kinder seit dem Ausbruch der Gewalt im März 2015. Und es werden täglich mehr.
Etwa 1.800 Kinder wurden bereits als Kindersoldaten missbraucht – die meisten von ihnen sind tot.

Dieser Junge spielt in einer Straße, in der einst der älteste Markt Saadas lag – mit Tausenden flanierenden und stöbernden Besuchern an jedem Tag.
© UNICEF/UN073958/Clarke for UNOCHAWo Kinder in Lebensgefahr geboren werden
Dass die frühgeborenen Zwillinge, die wir in der Geburtsklinik Al Sabeen finden, noch leben, grenzt an ein Wunder. Die winzigen Frühchen mussten nach ihrer Geburt drei Tage lang auf einen Platz im Brutkasten warten, da der Klinik die Inkubatoren ausgehen. Nur eines von vielen Beispielen, wie sich die Kämpfe auf die verletzlichsten Bürger Jemens auswirken.
Wer noch lebt, muss Nahrung suchen
Diejenigen, die die Kämpfe bisher überlebt haben, müssen täglich um ihr Überleben kämpfen. Um nicht zu verhungern, sind viele gezwungen, zu betteln oder auf der Straße nach Essbarem zu suchen. Für Kinder wie Ashaq und seine acht Geschwister gehört der Überlebenskamp zum schrecklichen Alltag.
"Wir müssen betteln, um Essen zu bekommen. Ich würde gerne eines Tages nach Saada zurückkehren, wo alles einfacher war.", erzählt der 14-Jährige. Die Geschwister mussten aus ihrer Heimat in Sadaa fliehen und leben jetzt mit vielen anderen Geflohenen in der Khamir-Siedlung. "Unser Leben hier ist schwer und demütigend.", sagt Sadaa.
Jemen: Helfen Sie mit, Kinderleben zu retten!
UNICEF ist im Einsatz vor Ort und kümmert sich um lebenswichtige Hilfslieferungen wie Nahrung und sauberes Wasser. Unterstützen Sie uns, möglichst viele Kinder schnell mit Hilfe zu erreichen und Leben zu retten!
Elf Millionen Kinder brauchen dringend Hilfe
Schätzungen zufolge sind im Jemen 21 Millionen Menschen auf Hilfe und Schutz angewiesen, elf Millionen davon sind Kinder. 50.000 Vertriebene leben mit ihren Familien in Zelten oder Schutzunterkünften. So wie Ayoub Ali, seine Frau Juma'a und ihre vier Kinder.
Gemeinsam haben sie es geschafft, vor den Kämpfen in ihrem Dorf zu fliehen. Jetzt leben sie in einer provisorischen Zeltstadt in einem Meer von Flüchtlingen. Die paar Quadratmeter steiniger Boden, auf dem sie schlafen, ist alles, was die Familie hat. Ohne Geld und Einkommen kämpft Ayoub täglich darum, seine Familie ernähren zu können.

Ayoub Ali und seine Frau und Kinder mussten durch den Krieg alles zurücklassen und haben fast nichts mehr an Besitz. Diese steinige Unterkunft ist jetzt ihr Zuhause.
© UNICEF/UN073960/Clarke for UNOCHALehrer werden nicht mehr bezahlt
In Trümmern zu spielen ist für Jemens Kinder Alltag – der Besuch einer Schule gehört für viele schon nicht mehr dazu. Jemens Bildungssystem steht kurz vor dem Zusammenbruch: 200.000 Lehrer wurden in den letzten neun Monaten nicht bezahlt. Die provisorischen Schulzelte von UNICEF bieten einigen Kinder zumindest vorübergehend einen sicheren Platz.

Nur wenige Orte sind noch sicher für Schüler, so wie hier: In einem UNICEF-Zelt werden diese Kinder übergangsweise unterrichtet und betreut.
© UNICEF/UN073956/Clarke for UNOCHAKein Zugang zu Strom und Wasser
Während die Kinder im UNICEF-Zelt gut aufgehoben sind, versuchen ihre Eltern die Unterkünfte so gut es geht abzusichern und die marode Wasser- und Sanitärversorgung am Laufen zu halten. In weiten Teilen des Landes haben die Menschen seit mehr als zwei Jahren keinen direkten Zugang zu sauberem Wasser. Strom gibt es in den meisten Häusern schon lange nicht mehr.
Tausende sterben an Cholera
Eine halbe Million Menschen sind im Jemen an Cholera erkrankt. 4.000 starben allein in den letzten vier Monaten an Cholera und Durchfall. Trotz Hitze, Feuchtigkeit und starkem Wind versuchen tausende Freiwillige verzweifelt, weitere Ausbrüche der Krankheit einzudämmen. Die hygienischen Zustände machen es ihnen nicht leicht. Zwischen Müllbergen und stehendem Wasser breiten sich die Krankheitserreger von Tag zu Tag schneller aus.

Diese Mutter mit ihrem Kind wartet auf einen Arzt. Ihr Baby hat vermutlich Cholera. Hunderttausende Kinder sind aktuell in Gefahr, zu erkranken.
© UNICEF/UN078074/FuadKinder sollen leben
Muhtab Alburaik Salem ist einer der Freiwilligen, die von Haus zu Haus ziehen, um Familien über die todbringenden Krankheitsursachen aufzuklären. Gemeinsam mit seinen zwei Kollegen gibt er Eltern wichtige Tipps, wie sie Infektionskrankheiten verhindern können und stellt Verhaltensregeln für den Fall auf, wenn ein Familienmitglied bereits infiziert ist. "Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie schnell ein Kind erkranken und an einer Infektionskrankheit sterben kann, die vermeidbar gewesen wäre.“, sagt Muhtab.

Diese Helfer gehen von Haus zu Haus, um über die gefährliche Cholera aufzuklären. Hauptinfektionsquellen sind schmutziges Wasser und zu wenig Hygiene.
© UNICEF/UN078072/AlzekriTausende Menschen, die im Jemen in unhygienischen Verhältnissen leben müssen, berichten von Übelkeit. Besonders schwer sind die Kinder betroffen. Viele werden daran sterben.

Dieses Kind ist an Cholera erkrankt, erhält aber jetzt eine Therapie in einer Klinik in Alsadaqha, die von UNICEF finanziert wird.
© UNICEF/UN078078/FuadWir dürfen die Menschen im Jemen nicht vergessen! Gemeinsam können wir den Mädchen und Jungen in der größten Not beistehen.

Lachlan Forsyth ist Leiter des Bereichs Kommunikation bei UNICEF Neuseeland.