Libanon: Bilder der Verwüstung
Vor einem Jahr erschütterte eine Explosion die Hafenstadt Beirut im Libanon. Mindestens 190 Menschen starben, Hunderttausende wurden obdachlos. Viele Kinder verfolgt das Ereignis bis heute. Mit der Hilfe von UNICEF versuchen sie, es zu verarbeiten.
Es hatte Warnungen gegeben: 2750 Tonnen der Chemikalie Ammoniumnitrat, ein Stoff, aus dem Sprengstoff und Düngemittel hergestellt werden, stapelten sich jahrelang ungeschützt in Lagerhaus 12 im Hafen von Beirut. Ein dort gestrandetes Schiff hatte sie an Bord gehabt. Die Zollbehörde warnte vor der Gefahr – sechsmal! Doch es geschah: nichts. Und so nahm die Katastrophe ihren Lauf.
Vermutlich setzte der Funkenflug von Schweißarbeiten am frühen Abend des 4. August 2020 Feuerwerkskörper in Brand, die ebenfalls im Lagerhaus 12 abgeladen waren. Eine Viertelstunde später gab es eine erste kleine Explosion. Eine Rauchwolke stieg in den Himmel, in der Blitze explodierender Feuerwerkskörper zuckten. Dann, kaum eine halbe Minute später, knallte es richtig: Das Feuer war auf das Ammoniumnitrat übergesprungen – und das flog in die Luft.
Die Explosion riss einen 43 Meter tiefen und 124 Meter breiten Krater in den Hafen. Häuser stürzten ein, und noch in 20 Kilometer Entfernung zerbarsten Fensterscheiben. Mindestens 190 Menschen starben, bis zu 300 000 verloren ihr Zuhause. Und unzählige Menschen überkam eine Angst, die sie nicht loslässt – darunter viele Kinder.
Diesen Mädchen und Jungen hilft UNICEF – etwa bei regelmäßigen Treffen in einem Park. Hier sprechen sie mit Psychologinnen und Betreuern, erzählen, was sie bedrückt oder malen, was sie nicht aussprechen können. Viele der Kinder haben schreck-liche Bilder im Kopf, Erin-nerungen, die wie ein Film immer wieder ablaufen.
Die achtjährige Fatme kann nicht vergessen, wie ihre Mutter in Panik mit ihnen aus dem Haus rannte – voller Angst um ihren Vater, der gerade auf dem Heimweg von der Arbeit sein musste. Der zehnjährige Abdel Karim musste mitansehen, wie seine Eltern von umherfliegenden Splittern verletzt wurden.
Doch bei den Gesprächen lernen die Mädchen und Jungen, die Bilder zu verarbeiten und mit der Zeit verschwinden zu lassen – wie die Risse der Stadt.