Kinderrechte-Umfrage 2019
Über 12.000 Teilnehmende!
Kinder und Jugendliche wollen mehr mitreden!
Mit unserer bundesweiten Umfrage "My place, my rights – Jetzt rede ich!" haben wir fünf Monate lang Kinder und Jugendliche in Deutschland bis 18 Jahre dazu aufgerufen, uns ihre Meinung zu sagen. In der nicht-repräsentativen Umfrage wurden sie gefragt, wie es ihnen in ihrem direktem Lebensumfeld geht: Was ist ihnen in ihrer Stadt, ihrem Dorf oder ihrer Schule wichtig – und was sollte verbessert werden?
Die Ergebnisse der großen UNICEF-Umfrage zeigen: Kinder und Jugendliche in Deutschland wollen mehr mitreden – werden aber nicht gefragt.
Die Ergebnisse werden mit Hilfe von unserem großen Netzwerk der ehrenamtlichen UNICEF-Gruppen in 150 Städten und Gemeinden an Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Schulleitungen überreicht.
Die Umfrage umfasst fünf Themenblöcke:
Beteiligungsmöglichkeiten und -wünsche in der Schule, der Stadt oder dem Dorf,
Bewertung von Spiel- Sport- und Freizeitangeboten vor Ort,
Sicherheit, Respekt und Mobbing in der Schule,
Erwartungen an das Engagement von Firmen sowie
offene Fragen zu dem, was Kinder und Jugendliche vor Ort und in ihrer Schule mögen und was sie verändern würden, wenn sie Schulleiterin / Schulleiter oder Bürgermeisterin / Bürgermeister wären.
Gesamtbericht zu den Umfrageergebnissen
Den vollständigen Ergebnisbericht der Kinderrechte-Umfrage sowie eine Zusammenfassung können Sie hier runterladen:
Zusammenfassung der Umfrageergebnisse:
Recht auf Mitbestimmung in Kommune und Schule: Die junge Generation will mehr mitreden
Nur 22 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen geben an, ihre Meinung in ihrer Stadt oder ihrem Dorf in politische Entscheidungsprozesse einbringen zu können. Die Hälfte der befragten Kinder und Jugendlichen wünscht sich jedoch, dass sie mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten haben. Insbesondere die 16- und 17-Jährigen fordern, mehr mitbestimmen zu können.
Die Auswertung der Umfrage zeigt auch, dass die Mitbestimmungsmöglichkeiten in der Schule insgesamt schwach ausgeprägt sind. Nur 13 Prozent sagen zum Beispiel, dass sie Einfluss darauf haben, was sie im Unterricht lernen wollen. Fast zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen möchten mehr mitbestimmen.
Bewertung der Freizeitangebote: Befriedigend
Bei der Benotung des Angebots an Spiel- und Sportplätzen sowie der Freizeitangebote zeigt sich ein einheitliches Bild: Die befragten Mädchen und Jungen benoten das Angebot in ihren Städten und Gemeinden mit einer guten drei (befriedigend). Dabei ist den Kindern und Jugendlichen die Mitgestaltung von Freizeitmöglichkeiten am wichtigsten. Vor allem Jugendliche ab 14 hätten gerne mehr Einfluss auf die Fahrpläne von Bus und Bahn.
Recht auf Schutz vor Gewalt: Sicherheit, Respekt und Mobbing in der Schule
15 Prozent aller befragten Kinder und Jugendlichen beantworten die Frage, ob sie sich in der Schule respektiert und geachtet fühlen mit „nein“. Gleichzeitig beantworten 19 Prozent die Frage mit „weiß nicht“. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass sich nur zwei Drittel – nämlich 66 Prozent – der Befragten respektiert und geachtet fühlen und diese Frage eindeutig bejahen.
Auf die Frage, ob sie sich an ihrer Schule sicher vor Gewalt fühlen, antworten 17 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit „nein“ und 15 Prozent mit „weiß nicht“. 68 Prozent bejahen diese Frage.
Die Präsenz einer Vertrauensperson an der Schule führt dazu, dass sich mehr Kinder und Jugendliche geachtet und respektiert fühlen. Ähnliches gilt auch für das Sicherheitsgefühl der Kinder und Jugendlichen.
30 Prozent der Kinder und Jugendlichen antworten mit "Ja" auf die Frage "Wurdest du schon in der Schule oder auf dem Weg dorthin gemobbt?" (d.h. wurdest du schon gemein belästigt, beleidigt oder von anderen ausgeschlossen). Mit einem Anteil von 16 Prozent bzw. 14 Prozent wird halb so oft in der Freizeit (unterwegs, im Verein, von Freunden) oder im Internet und / oder auf Social Media gemobbt. Insbesondere Jugendliche im Alter zwischen 16 und 17 Jahren machen Erfahrungen mit Mobbing. In dieser Altersklasse geben 41 Prozent der Jugendlichen an, auf dem Schulweg oder in der Schule bereits gemobbt worden zu sein.
Verantwortung von Unternehmen: Mehr Umweltschutz und familienfreundlichere Arbeitszeiten
Kinder und Jugendliche wurden in einer geschlossenen Abfrage gefragt, was sie von Firmen erwarten. Ganz vorne liegt in den Antworten der sorgsame Umgang mit der Umwelt, den 91 Prozent der Kinder und Jugendlichen fordern. Gefolgt wird dies von den Erwartungen, dass Firmen soziale und sichere Arbeitsbedingungen schaffen und Kinderarbeit ausschließen (77 Prozent) und die Arbeitszeiten so organisieren, dass Eltern genügend Zeit für ihre Kinder haben (76 Prozent). Die Forderung, Firmen sollten sich sozial engagieren, unterstützen 57 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Wenn Kinder und Jugendliche Schulleitung oder Bürgermeisterin / Bürgermeister wären:
Als Schulleitung würden sie als Erstes die Schulzeiten verändern – die Tendenz der Befragten spricht sich für einen späteren Unterrichtsbeginn aus und gleichzeitig wird der Wunsch deutlich, dass Zeit und Raum für Freizeitaktivitäten bleiben muss. Außerdem würden sie das Angebot an Speisen und Getränken verbessern.
Auch auf die Gestaltung von Unterrichtsinhalten und Lehrplänen hätten Kinder und Jugendliche gerne mehr Einfluss.
Veränderungswünsche von Kindern und Jugendlichen:
„Das Schulsystem auf jeden Fall. Viele Jugendliche sind ständig traurig und gestresst wegen der Schule und das muss man ändern. Das Schulsystem funktioniert quasi gleich seit Jahrzehnten und es entwickelt sich nicht.“
„Autofreie Stadt und mehr Radwege. Außerdem würde ich gerne Baseball spielen, doch das gibt es leider nicht in meiner Gegend.“
„Da aktuell viele Grünflächen in der Stadt bebaut werden, möchte ich dafür sorgen, dass dies in Zukunft nicht geschieht und die noch freien Grünflächen als Park-, Spiel- oder Sportanlagen genutzt werden können.“
Handlungsempfehlungen:
Städte und Gemeinden sollten die Bedürfnisse, Interessen und Meinungen von Kindern und jungen Menschen in Entscheidungen, die sie betreffen, hören und berücksichtigen. Dazu sollten Städte und Gemeinden mehr Beteiligungsmöglichkeiten schaffen, die allen Kindern und Jugendlichen offenstehen - beispielsweise durch die Einrichtung eines Kinder- und Jugendparlaments und durch Anlaufstellen auf kommunaler Ebene (z.B. Kinder- und Jugendbüros) Kinderrechte fördern.
Kinderrechte sollten ein fester Bezugspunkt im Bildungswesen werden und hier auch aktiv gelebt werden. Ganz gleich welche Schulform, es sollten für alle Kinder und Jugendlichen geeignete Beteiligungsstrukturen geschaffen werden, um ihnen Gelegenheit zu geben, das Schulleben verantwortlich mitzugestalten.
Es ist notwendig, geeignete Maßnahmen zu treffen, damit sich alle Schülerinnen und Schüler in ihrer Schule respektiert, geachtet und sicher fühlen. Mädchen und Jungen, die nicht wissen, an wen sie sich wenden können, wenn sie Hilfe brauchen, müssen flächendeckend erreicht und informiert werden. Dazu ist es notwendig, an allen Schulen Vertrauenspersonen zu installieren sowie weitere Aufklärungs- und Präventionsangebote zu schaffen.
Unternehmen müssen ihre Möglichkeiten nutzen, sich aktiv für die Rechte von Kindern einzusetzen und sie in ihrem gesamten unternehmerischen Handeln zu verwirklichen. Hierzu gehört der aktive Einsatz für die Umwelt und die Vermeidung von negativen Umwelteinflüssen ebenso wie die Einhaltung umfassender kinderrechtlicher Standards in der gesamten Lieferkette – von fairen Arbeitsbedingungen für die Eltern bis zur Abschaffung von Kinderarbeit.
Danke!
UNICEF Deutschland dankt allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Umfrage sowie allen ehrenamtlichen Engagierten und Schulen, die sie unterstützt haben, herzlich für ihr Engagement.