Kinderfreundlichkeit stärkt Kommunen
Deutschlandweite UNICEF-Umfrage
Die Verwirklichung der Kinderrechte ist eine wichtige kommunale Aufgabe, denn Kindheit findet dort statt, wo Kinder zu Hause sind – in ihrer Nachbarschaft, in ihrer Schule, in ihrem Stadtviertel.
Mit der Umfrage „Kinderrechte in Kommunen“ wollte UNICEF wissen, welche Maßnahmen Kommunen in Deutschland ergreifen, um kinderfreundlicher zu werden und welche Chancen und Herausforderungen sie bei der Verwirklichung der Kinderrechte sehen?
Gesamtbericht zu den Umfrageergebnissen
Den vollständigen Ergebnisbericht der Umfrage sowie eine Zusammenfassung können Sie hier runterladen:
» Kinderrechte in Kommunen – Zusammenfassung der Umfrageergebnisse
» Kinderrechte in Kommunen – Ergebnisbericht der IW Consult GmbH
Umsetzung der Kinderrechte vor Ort
Die Kommunen, die sich an der Umfrage beteiligt haben, sind bei der Umsetzung der Kinderrechte auf einem guten Weg: Fast 45 Prozent der Kommunen setzen bereits verhältnismäßig viele Maßnahmen zur Verwirklichung der Kinderrechte um, etwas mehr als 20 Prozent der Kommunen ergreifen weniger Maßnahmen als der Durchschnitt.
Mehr als die Hälfte der befragten Kommunen (51 Prozent) haben einen Aktionsplan oder ein konkretes Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Situation von Kindern und Jugendlichen entwickelt. 33 Prozent davon haben Kinder und Jugendliche bei der Erarbeitung einbezogen.
Um die Verwirklichung der Kinderrechte stärker voranzutreiben, gibt es bereits in 50 Prozent der Kommunen einen Kinder- und Jugendbeauftragten, der die Interessen der Kinder und Jugendlichen gegenüber der Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung vertritt.
Fokus: Partizipation
Für alle Kommunen, die an der Umfrage teilgenommen haben, nehmen zentrale Aspekte der UN-Kinderrechtskonvention wie das Recht auf Spiel und Freizeit oder das Recht auf Bildung einen sehr hohen Stellenwert ein. Dazu gehört auch das Recht auf Partizipation.
93 Prozent der befragten Kommunen stufen die Partizipation von Kindern und Jugendlichen als eher wichtig oder sehr wichtig ein. Doch das Ziel, Kinder und Jugendliche systematisch und wertschätzend in politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Prozesse einzubeziehen und ihre Meinung zu berücksichtigen, ist noch längst nicht in allen Kommunen verwirklicht.
Die Umfrage zeigt, dass Kinder und Jugendliche in der Praxis am häufigsten einbezogen werden, wenn es um die Bereiche Spiel und Freizeit, Schulen und Jugendeinrichtungen sowie Parks und Grünflächen geht. In diesen Bereichen lassen zwischen 57 und 61 Prozent der Kommunen Kinder und Jugendliche zumindest punktuell oder projektbezogen an Planungsprozessen teilhaben.
Chancen und Herausforderungen
Im Durchschnitt geben drei von vier Kommunen an, bereits in mindestens einem Bereich von kinderfreundlichen Maßnahmen profitiert zu haben. Klar führend ist hierbei der Zuzug von jüngeren Personen bzw. Familien (86 Prozent).
Steigende Besucherzahlen, eine positive Entwicklung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen sowie eine Verbesserung im Stadtmarketing sehen jeweils 71 Prozent der Kommunen als positive Effekte durch die Umsetzung von kinderfreundlichen Maßnahmen.
Gleichwohl identifizieren die befragten Kommunen eine Vielzahl an Herausforderungen bei der Umsetzung der Kinderrechte. Am häufigsten werden bei einer offenen Frage hierzu die Aspekte Finanzierung, die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen und die Verankerung der Kinderrechte in der Verwaltung genannt.
In ihren Bemühungen Kinder und ihre Rechte zu stärken, erhalten die Kommunen insbesondere durch die Zivilgesellschaft, die Verwaltung und den Stadtrat Unterstützung. Die Zufriedenheit der Kommunen mit der Unterstützung durch das Land, den Bund und die Wirtschaft fällt weitaus geringer aus.
Schlussfolgerungen
- Für mehr Kinderfreundlichkeit müssen Kommunen die systematische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen stärken.
- Um die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen zu verbessern, sollten alle Kommunen einen konkreten Aktionsplan entwickeln. Kinder und Jugendliche selbst sowie Akteure aus der Zivilgesellschaft, lokalen Wirtschaft und den Einrichtungen der Wohlfahrtspflege sollten an der Erarbeitung, der Umsetzung und dem Monitoring beteiligt werden.
- Alle Kommunen sollten ausgewiesene und qualifizierte Ansprechpartnerinnen bzw. Ansprechpartner für die Kinder und Jugendlichen haben, um eine direkte Verbindung zwischen der jungen Bevölkerung und der Verwaltung aufzubauen.
- Kinder und Familien sollten im Zentrum einer nachhaltigen kommunalen Entwicklung stehen. Die Verwirklichung der Kinderrechte ist eine Chance und zugleich die Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit von Städten und Gemeinden.
- Die Erfüllung der Rechte von Kindern und Jugendlichen ist eine Pflichtaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen. Um dieser Aufgabe gerecht werden zu können, brauchen Kommunen in Deutschland Unterstützung und einen verbindlichen Rahmen.
- UNICEF Deutschland fordert deshalb die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz sowie eine verlässliche Finanzierung der Maßnahmen, die zur Umsetzung der Kinderrechte in Kommunen beitragen und Kinder und Jugendliche in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld stärken.
Zur Umfrage
Die Studie „Kinderrechte in Kommunen“ beleuchtet, welche Maßnahmen 123 große, mittelgroße und kleine Kommunen in Deutschland treffen, um kinderfreundlicher zu werden und welche Herausforderungen und Chancen sie bei der Verwirklichung der Kinderrechte sehen. In den untersuchten Städten und Gemeinden leben insgesamt 11,7 Millionen Menschen, darunter über 1,8 Millionen Kinder.
Die Umfrage wurde im Auftrag von UNICEF Deutschland von der IW Consult GmbH, einem Tochterunternehmen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), durchgeführt. Unterstützende Kooperationspartner des Projektes waren der Deutsche Städtetag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund, der Deutsche Landkreistag, der Verein Kinderfreundliche Kommunen sowie das Deutsche Kinderhilfswerk.
Die Umfrageergebnisse werden auf einer Pressekonferenz am 17.09.2020 in Berlin gemeinsam mit dem Institut der deutschen Wirtschaft und dem Deutschen Städtetag präsentiert.
Kontakt
Dr. Sebastian Sedlmayr
Leiter Abteilung Advocacy- und Programmarbeit
Tel: 030/2758029-14
Dr. Kerstin Rosenow-Williams
Projektleiterin und Referentin für Kinderrechte-Forschung und -Monitoring
Telefon: 0221/93650-651