Jemen: Mehr als 2 Millionen Kinder können keine Schule besuchen
Neuer UNICEF-Bericht warnt, dass die Zahl der betroffenen Schulkinder auf 6 Millionen ansteigen könnte
Sechs Jahre nach dem Beginn des verheerenden und noch immer andauernden Konflikts im Jemen ist die Bildung der Kinder im Land zu einem seiner größten Opfer geworden, so ein neuer, heute veröffentlichter UNICEF-Bericht.
Mehr als zwei Millionen Mädchen und Jungen im schulpflichtigen Alter sind derzeit nicht in der Schule – doppelt so viele Kinder wie 2015, als der Konflikt begann. Armut, andauernde Konflikte und fehlende Lernmöglichkeiten im Jemen beeinträchtigen die Bildung der Kinder.
Der Bericht „Education Disrupted: Auswirkungen des Konflikts auf die Bildung von Kindern im Jemen" („Education Disrupted: Impact of the conflict on children’s education in Yemen“) zeigt die Herausforderungen und Risiken, denen Kinder ausgesetzt sind, wenn sie nicht zur Schule gehen, und welche Maßnahmen dringend notwendig sind, um die Jungen und Mädchen zu schützen.
„Der Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung ist das Recht eines jeden Kindes. Es gilt auch für Mädchen, vertriebene Kinder und solche mit Behinderungen", sagte Philippe Duamelle, UNICEF-Repräsentant im Jemen. „Der Konflikt hat einen erschütternden Einfluss auf jeden Aspekt des Lebens von Kindern, doch der Zugang zu Bildung gibt Kindern selbst in den verzweifeltsten Situationen ein Gefühl von Normalität und schützt sie vor vielfältigen Formen der Ausbeutung. Dass Kinder zur Schule gehen können, ist entscheidend für ihre eigene Zukunft und die Zukunft des Jemen."
Dramatische Folgen für Kinder und ihre Zukunft
Der Bericht macht deutlich, welche schwerwiegenden Folgen es hat, wenn Kinder nicht zur Schule gehen können: Für Mädchen kann dies bedeuten, früh verheiratet zu werden und in einem Teufelskreis aus Armut und ungenutztem Potenzial gefangen zu sein. Zudem steigt die Gefahr für Jungen und Mädchen, zu Kinderarbeit gezwungen oder als Kindersoldat*innen rekrutiert zu werden. In den letzten sechs Jahren wurden mehr als 3.600 Kinder im Jemen als Kindersoldat*innen rekrutiert.
Erschwerend kommt hinzu, dass zwei Drittel der Lehrkräfte des Landes - insgesamt über 170.000 Lehrer*innen - wegen des Konflikts und der geopolitischen Auseinandersetzungen seit mehr als vier Jahren kein regelmäßiges Gehalt mehr erhalten haben. Damit erhöht sich für etwa vier Millionen Kinder zusätzlich die Gefahr, dass ihre Bildung unterbrochen wird oder sie die Schule gänzlich abbrechen müssen, weil unbezahlte Lehrer*innen den Unterricht aufgeben, um andere Möglichkeiten zu finden, ihre Familien zu versorgen.
Kinder, die ihre Ausbildung nicht abschließen, sind in einem sich selbst erhaltenden Kreislauf der Armut gefangen. Wenn Kinder, die nicht zur Schule gehen oder die Schule vor kurzem abgebrochen haben, nicht angemessen unterstützt werden, kehren sie möglicherweise nie wieder in die Schule zurück.
Die Auswirkungen des anhaltenden Konflikts und der Covid-19-Pandemie, die die Bildung zusätzlich bedroht, werden verheerende und langanhaltende Folgen für das Lernen sowie das geistige und körperliche Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen im Jemen haben.
In seinem Bericht ruft UNICEF alle Beteiligten im Jemen dazu auf, das Recht der Kinder auf Bildung zu wahren und zusammen an einem dauerhaften und inklusiven Frieden zu arbeiten. Dazu gehört, dass die Angriffe auf Schulen gestoppt werden - seit März 2015 gab es 231 - und dass Lehrer*innen ein regelmäßiges Einkommen erhalten, damit die Kinder weiter lernen und sich entwickeln können. Zudem ist es notwendig, dass internationale Geber Bildungsprogramme mit langfristigen Mitteln unterstützen.