UNICEF-Foto des Jahres 2005
Mit der Auszeichnung "UNICEF-Foto des Jahres" prämiert UNICEF Deutschland einmal im Jahr Fotos und Fotoreportagen, die die Persönlichkeit und Lebensumstände von Kindern weltweit auf herausragende Weise dokumentieren. Hier die Preisträger 2005.
David Gillanders
Straßenkinder in Odessa
Die 13 Jahre alte Jana kommt aus einer ländlichen Gegend Moldaviens in die Ukraine. Ihr Vater, ein Alkoholiker, starb früh; ihre Mutter starb im Gefängnis als Jana acht Jahre alt war. Seitdem lebt sie auf der Straße, zuletzt in Odessa. Über Drogen infiziert sie sich mit dem Aids-Virus. Weihnachten 2004 wird sie schwer krank, verkriecht sich in einem Mauerloch und erfriert.
Der schottische Fotograf David John Gillanders arbeitet seit drei Jahren an einem Projekt über die Straßenkinder von Odessa. Sein Mitgefühl gilt einer verlorenen Generation: Kindern, die ohne elterlichen Schutz in den Staaten der früheren Sowjetunion aufwachsen. Hunderttausende von ihnen sind obdachlos. Sie waschen Autos, sammeln Flaschen oder verkaufen gestohlene Waren. Etliche prostituieren sich oder suchen Zuflucht in Drogen. Und immer mehr von ihnen stecken sich mit dem Aids-Erreger an.
Janas Schicksal ist keine Ausnahme. Es ist sogar typisch für das, was immer mehr Kindern und Jugendlichen in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion widerfährt. In keiner anderen Region der Welt breitet sich das Virus so schnell aus wie hier: Seit 1995 stieg die Zahl der HIV-Infizierten von 160.000 auf 1,4 Millionen Menschen an. In der Ukraine hat sich die Zahl der Infektionen in den vergangenen fünf Jahren verzwanzigfacht. 360.000 Menschen sind inzwischen HIV-positiv.
Aids ist eine schleichende Katastrophe, die auch in Osteuropa viel zu lange verdrängt wurde. Fast unbemerkt hat sich das Virus ausgebreitet, vor allem durch den Missbrauch harter Drogen. Fixer teilen sich verseuchte Spritzen und stecken sich an. Mittlerweile ist das Virus auf die restliche Bevölkerung übergesprungen. Vor allem trifft es junge Menschen: 80 Prozent aller Infizierten in Osteuropa sind unter 30 Jahre alt - jeder zehnte davon ist ein Kind. Am häufigsten bedroht sind Frauen. In der Ukraine sind bereits 40 Prozent der Menschen, die sich mit dem Virus angesteckt haben, weiblich.
2. Preis für Maurício Lima, "Nach dem Irak Krieg"
Ayad Ali Brissam Karim wird 1991 in Bagdad geboren. Im Golf-Krieg 2003 gerät der Bauernhof seiner Eltern in der Nähe der Stadt Babylon in die Frontlinie und wurde von US-amerikanischen Helikoptern angegriffen. Sein Onkel Mohammad verliert ein Bein. Auch seine Großmutter Telba wird verletzt, als sie versucht Ayad zu Hilfe zu kommen. Ayad erleidet schwere Verbrennungen im Gesicht. Er wird auf dem rechten Auge blind.
"Er musste die Schule verlassen, weil die anderen Jungen sich über ihn lustig machen", sagt sein Vater Ali Brissam Karim, 42. "Er kann reden, aber er kann nicht lesen. Er kann uns auch nicht mehr bei der Feldarbeit helfen." Schlimmer als die äußeren Verletzungen sind die psychischen Folgen. „Viele Male am Tag stellt er mir dieselbe Frage und ist ohne erkennbaren Grund agressiv“, berichtet seine Mutter. Ayad wurde inzwischen in den USA medizinisch behandelt, doch sein Augenlicht konnte bislang nicht wiederhergestellt werden.
3. Preis für Frida Hedberg, "Boys and Girls"
Voller Verständnis scheint der Blick der jungen schwedischen Fotografin Frida Hedberg, die in diesem September für das UNICEF-Foto des Jahres nominiert wurde. Bestärkt durch ihren Erfolg, erarbeitete sie spontan eine neue Bilderstrecke. Sie fotografierte im eigenen Land, bei einem Schulfest in dem kleinen Dorf Äspered in der Nähe von Göteborg.
Auf amüsante Weise zeigt sie uns, wie schon 7- und 8-Jährige zielstrebig ihren Weg aufs Parkett vorbereiten. Das prämierte Bild trägt den Titel „Jungen und Mädchen“. Es fängt das Erstaunen eines kleinen Jungen ein, der eine erste Ahnung davon bekommt, was auf einer Schuldisco passiert.